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Wir sind die Guten: Letzter Test des Subaru WRX STI Sport

Als der freundliche Herr von Subaru mir den Schlüssel des knallblauen (WR Blue Pearl, 590 Euro) Flügeltiers überreicht, läuft ein wohliger Schauer über meinen Rücken. Es ist überraschend kühl für Ende September, Nieselregen im Rhein-Main-Gebiet, die Nacht liegt vor mir und dem Subaru WRX STI. Ein letztes Mal werde ich ihn, seinen ungestümen Zwoeinhalbliter-Boxer, seine knackige Handschaltung, seinen kompromisslosen Allradantrieb bändigen dürfen. Und er wird mich nicht enttäuschen, so viel weiß ich jetzt schon.

Nicht nur etwas enttäuscht, vielmehr traurig hingegen war ich von der Ankündigung, Subaru werde nach Ablauf des aktuellen Modelljahres die Produktion des WRX STI auf unbestimmte Zeit einstellen. Zwar nicht auf der ganzen Welt, nein, aber wohl in Europa. Man munkelt, es habe – wie Subaru offiziell verlauten lässt – mit den Abgaswerten des Turboboxers zu tun, so mancher vermutet (generell) ein Problem in dem riesigen Heckflügel, doch ganz egal was der Grund für den Abschied nach mehr als zwanzig Jahren (Impreza) WRX STI sein mag: Es ist schade drum. Schade um dieses Relikt aus einer Zeit, zu der Autos noch Autos waren. Sie noch Bedienkräfte erforderten und deren Fahrern es vollkommen schnuppe war, wie gut sich jetzt das Handy mit dem Navigationssystem koppeln lässt oder in wie vielen Härten man nun das Fahrwerk verstellen kann, bis es auch dem letzten Sesselfurzer genehm ist. Der Subaru WRX STI ist kein fahrender Computer, er möchte noch von jemandem bewegt werden, der weiß, was Autofahren bedeutet.

Was das heißt, erfahre ich schon auf den ersten Metern nach der Ausfahrt vom örtlichen Bahnhof. Wer zu lange keinen WRX STI mehr zwischen den Fingern hatte oder gar eine Handschaltung und Allradantrieb nur aus seinem Audi S3 kennt, der wird zunächst ein wenig verdattert aus der Wäsche schauen. Die Kupplung erfordert einen zumindest einigermaßen trainierten linken Fuß, der Schalthebel rastet satt, knackig und ohne weiten Weg ein, die (elektrohydraulische) Lenkung vermittelt beim Rangieren aus der Parklücke schon die ersten Verspannungen des Allradantriebs. Kenner früher WRX STI werden jetzt vielleicht nur müde lächeln. Doch auch der WRX STI des neuesten Modelljahres ist immer noch ein wenig gezähmtes Allradschwein. Seinen Schlüssel möchte man nicht gleich der nächstbesten Schwiegermutter in die Hand drücken, um damit zum Rewe zu fahren. Selbst geübte Piloten schaffen den Start von der Ampel nur selten vollkommen ruckfrei, ist die Dosierung von unmittelbarer Gasannahme und knappem Schleifpunkt der Kupplung nicht immer einfach. Aber wollen wir das nicht insgeheim alle? Ein Auto, das einem seine Fehler nicht verzeiht, sondern dem Fahrer unmissverständlich einen mitgibt, wenn er mal wieder nachlässig war?

Doch der WRX STI straft nicht nur, er belohnt auch. Mit einem der besten Fahrwerke, die je in einem Serienauto verbaut wurden, noch mehr allerdings mit diesem über jeden Zweifel erhabenen Allradantrieb. Bei Subaru nennen sie das schlicht „Symmetrical AWD“, was der Arbeitsweise dieses Systems nur unzureichend entspricht. Sperrdifferentiale an Vorder- und Hinterachse sorgen für permanent perfekten Grip, das Mittendifferential lässt sich mittels Knöpfchen in der Mittelkonsole so einstellen, dass die Antriebskraft bevorzugt an die Hinter- oder Vorderachse geleitet wird. Auf lockerem oder vereistem Untergrund kann sie permanent im Verhältnis 50 zu 50 nach vorne und hinten verteilt werden. Es braucht ein wenig Eingewöhnungszeit, um für sich die ideale Kraftverteilung zu finden, was auch daran liegt, dass man den Einfluss des Systems tatsächlich spürt. Und nicht, wie bei so manch anderem modernen Auto, einfach nur anhand eines Displays ablesen kann, wie viele der 300 PS und 406 Newtonmeter nun nach hinten und wie viele nach vorne verteilt werden.

Wir bewegten den stärksten Subaru aus der Produktpalette auf der Landstraße und im Stadtverkehr gerne im Auto-Modus mit Bevorzugung der Hinterachse (Auto (-)). Einfacher kann man eine leichte allradbedingte Untersteuerneigung und ungewollte Antriebseinflüsse in engen Kurven nicht minimieren. Auf geradem, schnell gefahrenen Kurs (in der Regel die Autobahn) hingegen durfte gerne die Vorderachse ein wenig mehr mitspielen (Auto (+)) und für einen zusätzlichen Stabilitäts- und Vertrauenszuwachs sorgen. Die Allrounderfähigkeiten des WRX STI sind überragend, sofern man sich in einigen Bereichen etwas kompromissbereit gibt. So ist der Innenraum vergleichsweise schlecht gedämmt, Fahr- und Antriebsgeräusche dringen gerne und ziemlich ungefiltert an die Ohren der Passagiere. Was auf der schnellen Hatz auf der Landstraße zur Lust wird, kann auf der Autobahn und Langstreckenetappe zur Last werden. Auch das etwas ruppige Ansprechverhalten von Kupplung und Antriebsstrang sorgt bisweilen dafür, dass der WRX STI selbst im abendlichen Feierabendverkehr nicht zum lässigen Cruiser wird, sondern den Fahrer ständig fordert. Eine Eigenart, die auch das (beim Modell Sport serienmäßige) Schiebedach nicht ändern kann.

Und so nimmt man dann eben doch die Autobahnabfahrt etwas schneller, wählt vor dem Abendessen nochmal die Bergetappe. Denn das ist es, wofür der Subaru gebaut wird oder mittlerweile: wurde. Er beißt sich in den Asphalt, die Yokohama Advan sind bei warmen Temperaturen in ihrem Element, der Boxer schnauft, zieht und brüllt, dass es eine wahre Freude ist. Das Fahrwerk selbst arbeitet – wir erwähnten es bereits – grandios. Nicht unkomfortabel, durchaus Bodenwellen und kurze Schläge sehr angenehm wegfilternd, ist es trotzdem nicht zu weich, sondern einfach genau richtig. Die Lenkung arbeitet höchst präzis, könnte um die Mittellage sogar noch etwas direkter ansprechen, vermittelt aber dieses analoge Gefühl des Autofahrens, das so vielen anderen Geräten mittlerweile abhanden gekommen ist. Viel mehr muss man am Volant arbeiten, um die Fuhre in der Spur zu halten, einen deutlich größeren Lenkwinkel wählen, Bremse, Kupplung und Gas exakt passend dosieren. Schafft man das, ist man bereits nach 20 Kilometern nass geschwitzt, aber glücklich. Und kann dann mit knisterndem Boxer in die Garage rollen. Ja gibt’s denn etwas schöneres im Jahr 2018?

Dass man dem auf irgendeine Weise Tribut zollen muss, ist ja hinlänglich bekannt, da macht auch der WRX STI keinen Hehl draus. In seinem Fall sind es enorme Versicherungskosten und die Tatsache, dass das Sprichwort „Turbo läuft, Turbo säuft“ erneut seine Berechtigung erhält. Bei scharfer Fahrweise waren es gerne 16 Liter Super Plus, bewusst bewegt schafften wir allerdings tatsächlich auch einmal 8,8 Liter auf 100 Kilometer, da waren wir aber auch sehr enthaltsam unterwegs. Im Mittel genehmigte sich dieses etwas aus der Zeit gefallene Automobil 12,6 Liter, was auch vollkommen in Ordnung geht. Rallyefahrer achten schließlich auch nicht auf den Verbrauch, sondern nur darauf, wie viel Sprit noch im Tank ist.

Fazit

Am Ende ist es ein Abschied, der nicht nur ein bisschen traurig stimmt. Der Subaru WRX STI ist ein Charaktertyp. Einer, der sich nie verbogen hat, sondern stets das verkörperte, für das er ursprünglich erdacht worden war: Eine Rallye-Fahrmaschine für die öffentliche Straße. Mit Allradantrieb, Handschaltung, 2,5-Liter-Boxermotor und fettem Heckflügel. Vielleicht ist es besser, er wird jetzt eingestellt, als dass er zu einem weichgekochten Vehikel mit Hang-On-Hinterachse, Zweiliter-Turbomotor und DSG mutiert wäre. Denn das wäre in der Tat noch viel trauriger. Vermissen werden wir ihn trotzdem. Und haben die Suchmaschinen nach gebrauchten Exemplaren schon angeworfen.

Bilder: Thomas Vogelhuber

Technische Daten*

Modell: Subaru WRX STI 2.5 Sport
Motor: Vierzylinder-Boxer, Turbolader, 2.457 ccm
Leistung: 300 PS (221 kW) bei 6.000 U/min
Drehmoment: 407 Nm bei 4.000 U/min
Antrieb: Allradantrieb, Sechsgang-Schaltgetriebe
Verbrauch (ECE): 10,4 l SP /100 Km
Beschleunigung (0 – 100 Km/h): 5,2 s
Höchstgeschwindigkeit: 255 Km/h
Abmessungen (L/B/H): 4,60 m/1,80 m/1,48 m
Gewicht: 1.641 Kg
Grundpreis: 50.900 Euro
Typklassen (KH/VK/TK): 18/29/27

*Herstellerangaben