That‘s My Gun: Ford Mustang Bullitt im Test

Viele Autos erhielten erst aufgrund ihres Einsatzes in erfolgreichen Filmen ihren Klassikerstatus. Herbie, der Magnum-Ferrari 308 oder der Audi S8 aus „Ronin“. Doch die Wenigsten wurden im Nachhinein aus Anlass dieser Filmrolle mit einem Sondermodell gekürt. Eines dieser wenigen Modelle ist der Ford Mustang Bullitt.

Frank Bullitt alias Steve McQueen in seiner besten Zeit bewegte im gleichnamigen 68er-Streifen einen dunkelgrünen Mustang zumeist lädiert und noch häufiger quer durch die USA, lieferte sich legendäre Verfolgungsjagden und spielte den Kinos Millionen in die Kassen. Und nun? Nun ruft Ford weltweit und unlimitiert allen Begeisterten zu: „Das könnt Ihr auch!“

2001 besann sich Ford zum ersten Mal auf den Kult eines dunkelgrünen Mustang und legte eine Bullitt-Edition auf. Auch die fünfte Generation erhielt 2008 eine solche Variante. Nun stehen wir vor dem dritten Bullitt-Modell und müssen neidlos anerkennen: Der erste auch offiziell bei deutschen Ford-Händlern erhältliche Mustang Bullitt ist gleichzeitig der schönste. Punkt. Der ohnehin schon fantastisch ausmodellierten Karosserie steht die Lackierung in Dark Highland Green (bei Ford ist man sich nicht sicher, ob man es nicht doch Montanagrün nennen möchte) perfekt. Und trotz der ansich zurückhaltenden Farbe, sie changiert häufig ins Schwarz, erhält das Pony von allen Seiten gebührende Aufmerksamkeit. Menschen bleiben stehen, posieren, unterhalten sich über Steve McQueen und werden in alte Zeiten zurückversetzt. So geht Heritage im Jahr 2019.

Doch abgesehen von ein paar optischen Änderungen – man findet am ganzen Auto kein Pony und nur einen Ford-Schriftzug – wie den Bullitt-exklusiven 19-Zoll-Felgen, der leichten Tieferlegung und der Brembo-Bremsanlage mit roten Bremszangen, hat sich auch technisch ein wenig im Vergleich zum Mustang GT getan. Der Fünfliter-Achtzylinder atmet durch einen offenen Luftfilterkasten ein und über eine vollmundige Sportabgasanlage mit herrlichem Klang wieder aus. Angeblich versammeln sich bei Nenndrehzahl sogar zehn Ponys mehr, diesen Unterschied wird wohl kaum jemand erfahren. Es ist auch – mit Verlaub – völlig egal.

Denn wer einmal in einem dunkelgrünen Mustang durch sein persönliches Revier cruiste, von Fahrern alter Mustang gegrüßt wurde und dem knisternden V8 im Sonnenuntergang lauschte, wird kaum behaupten, dass es für derlei Momente ein besseres Auto geben könnte. Diese automobilgewordene Levi’s 501 fährt sich dermaßen lässig, dass es eine wahre Freude ist. Gut, die Übersetzung des perfekt schaltbaren Getriebes ist seit dem Facelifting etwas lang geraten, dafür gereicht der dritte Gang auch bei Bedarf bis 201 km/h und auf der Landstraße genügt stets der zweite. Auch die Bedienung des hervorragend animierten Cockpits gestaltet sich bisweilen etwas kompliziert und die Lautstärke der Abgasanlage muss man nach jedem Start erneut auf laut alias „Rennstrecke“ stellen. Doch juckt das den Fahrer eines Bullitt wirklich?

Wir glauben das nicht, verzichteten wir in den meisten Fällen auf die zahlreichen Verstellmöglichkeiten von Fahrwerk, Lenkung und Motorcharakteristik, halten sie sogar für überflüssig. Veränderungen am 2.000 Euro teuren magnetisch-rheologischen Fahrwerk bemerkten wir außer in der Härte nicht. Die Lenkung verfügt in „Normal“ und „Sport“ über eine bemerkenswerte Schwammigkeit um die Mittellage, was sich interessanterweise in „Komfort“ zum Positiven ändert. Wir vergaßen dies auch bei sportlicher Fahrt und hatten dennoch Spaß. Und genau so muss es sein, sind doch die besten Autos die, die man nicht erst vorkonditionieren muss, um mit ihnen Freude zu haben.

Denn so ein Mustang Bullitt fährt klasse. Die Straßenlage ist in Verbindung mit den Michelin-Sportreifen und der serienmäßigen Tieferlegung sehr souverän. Überraschend neutral meistert das dunkelgrüne Pony auch verwinkelte Landstraßen, mit viel Gaseinsatz bei kalten Pneus lässt sich die Hinterachse zum Quereinstieg überreden, doch mit Gefühl gefahren begeistert der Bullitt mit viel Traktion und beeindruckenden Kurvengeschwindigkeiten. Wer sich daran gewöhnen kann, nur in der Eins und Zwei auf der Landstraße unterwegs zu sein, wird auch mit Power am Kurvenausgang belohnt. Für gewisse Irritation vermag die Bremse zu sorgen, die bei erster Betätigung bei den Passagieren das gefürchtete Kopfnicksyndrom auslöst und sich erst nach Überwinden dieses Punktes ordentlich dosieren lässt.

Auch die Lenkung ist für ein amerikanisches Auto gelungen, allerdings nicht von der Qualität – um im Lande zu bleiben – eines aktuellen Cadillac-Sportmodells. Sie dürfte mehr Rückmeldung geben, fühlt sich um die Mittellage etwas teigig an und setzt im weiteren Drehverlauf den Befehl etwas zu spitz um, sodass der Fahrer häufig seinen Lenkwinkel in einer Kurve korrigieren muss. Details, auf die es in der Regel nur dem ankommt, der häufig sehr sportlich unterwegs ist. Und derjenige interessiert sich normalerweise nicht oder tatsächlich erst seit dieser Generation für einen Mustang.

Der verfügt nämlich vor allem über Cruiserqualitäten. Trotz erwähnter Tieferlegung gelingt dem Fahrwerk der Spagat zwischen ordentlicher Rückmeldung und Federungskomfort. Die groß dimensionierten Seriensitze empfanden die meisten unserer Tester als angenehm konturiert und bequem gepolstert, wer Wert auf viel Seitenhalt und überragende Optik legt sollte jedoch zu den Recaro-Sitzen greifen (1.800 Euro). Auch deren Nähte sind, wie alle anderen im Innenraum des Mustang Bullitt, im herrlichen Dunkelgrün gehalten.

Genau diese Detailversessenheit ist es auch, die uns letztendlich eine Kaufempfehlung aussprechen lässt. Trotz des durchaus happigen Aufpreises von 6.000 Euro im Vergleich zum Standard-Mustang GT. Zwar rückt der Mustang Bullitt mit seinen 53.000 Euro Grundpreis in die Nähe des abermals stärkeren, hier dafür nicht offiziell verfügbaren Shelby GT 350. Doch wer einen Mustang in Dark Highland Green samt dem unvergleichlichen Bullitt-Feeling und den dazugehörigen Extras fahren will, kommt an ihm schlichtweg nicht vorbei.

Technische Daten*

Modell: Ford Mustang „Bullitt“
Motor: Achtzylinder-V, 5.038 ccm
Leistung: 460 PS (338 kW) bei 7.000 U/min
Drehmoment: 529 Nm bei 4.600 U/min
Antrieb: Hinterradantrieb, Sechsgang-Schaltgetriebe
Verbrauch (WLTP): 12,4 l S /100 Km
Beschleunigung (0 – 100 Km/h): 4,6 s
Höchstgeschwindigkeit: 263 Km/h
Abmessungen (L/B/H): 4,78 m/1,92 m/1,38 m
Gewicht: 1.826 Kg
Grundpreis: 53.000 Euro
Typklassen (HP/VK/TK): 21/30/26

*Herstellerangaben

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