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Schweizer Taschenmesser im Test: Der Land Rover Discovery Si4

Der Defender ist tot, es lebe der Discovery! Bis im Jahr 2020 die Neuauflage des kernigen Engländers auf den Markt kommen soll, ist es der Disco, der die Offroad-Fahne bei Land Rover ganz weit oben hält. Freilich: Einen Range Rover kann man ebenfalls über Stock und Stein jagen – nur, wer macht das schon? Er ist erstens vielen zu teuer und überhaupt: viel zu schade! Aus dieser Bredouille hilft der Discovery – und das mittlerweile in der fünften Generation. Er kostet mit dem 56.600 Euro teuren Einstiegs-Benziner nur rund die Hälfte eines ausgewachsenen Range Rovers, ist aber mittlerweile höher und breiter als sein nobler Bruder.

Bis zu sieben Sitze bieten Platz für reichlich Nachwuchs, das Kofferabteil ist bei umgelegter Rückbank stolze 2.500 Liter groß und stattliche Hänger mit 3,5 Tonnen zieht er ebenfalls. Wer das angehängte Gewicht allerdings ausreizt, der sollte sich bewusst sein, dass sein Gespann schnell an die sechs Tonnen wiegen kann! So ist der Land Rover Discovery auch in seiner Neuauflage kein Leichtgewicht geworden. 2.200 – 2.300 Kilogramm schleppt er eigentlich immer mit sich herum – trotz vermehrtem Vierzylinder-Einsatz! Das Thema Downsizing ist also bisweilen auch beim Disco angelangt und so muss man sich preislich kräftig strecken, wünscht man sich den hierzulande einzigen Sechszylinder in Form des SD6. Der von uns getestete 300 PS starke Si4 geht zwar leistungstechnisch durchwegs in Ordnung, in Sachen Verbrauch waren wir hingegen weniger begeistert.

Doch was will man erwarten, wenn zwei Liter Hubraum die Arbeit erledigen müssen, die früher drei, vier oder gar fünf Liter erledigt haben? Turbolader hin, Turbolader her: Ein errechneter Durschnitt von 12-14 Liter ist nicht zeitgemäß und vor allem in greifbarer Nähe zum 5,0-Liter Kompressor-V8 aus dem Range Rover Vogue. Überdies stehen beim Discovery Si4 nicht alle Offroad-Features zur Verfügung. So gibt es zwar weiterhin serienmäßig einen Allradantrieb mit Torsen-Differenzial – ein zweistufiges Verteilergetriebe und das elektronische Hinterachssperrdifferenzial fehlen hingegen. Aber Hand aufs Herz: Wer wirklich im unwegsamen Gelände unterwegs ist, der wählt einen der Selbstzünder. Diese gibt es dann gegen Aufgeld und je nach Ausstattungsvariante mit allen Offroad-Spielereien.

Als Option auch beim Si4 verfügbar: Das Luftfahrwerk, welches wir nicht nur Wald- und Wiesenfahrern ans Herz legen. Es macht aus dem Land Rover Discovery ein erstklassiges Reise-SUV mit bereits spürbar verbesserten Offroad-Qualitäten. Denn trotz, dass die Basismotorisierung nicht mit allen Gimmicks ausgerüstet werden kann: weiter als Q7 und X5 kommt er allemal. Dafür sorgen auch die elektronischen Fahrprogramme des Terrain Response Systems. Ansonsten lenkt, bremst und fährt er sich gut, wirkt härter sowie gradliniger abgestimmt als sein direkter Vorgänger und kann sogar Kurven. In Relation zu seinen stattlichen Abmessungen und dem hohen Eigengewicht erwischen wir uns gar, den Land Rover Discovery ansatzweise als dynamisch zu bezeichnen.

Das Kapitel „Schöner Wohnen“ fällt im Falle unseres Testwagens hingegen etwas karg aus. Trotz SE-Ausstattungslinie: Schwarz bleibt schwarz, auch wenn man es mit schwarz mischt. Kontraste sind Mangelware, die Ledersitze sind hingegen angenehm straff gepolstert und damit auch für die Langstrecke geeignet. Über die Sessel-Armlehne eines Range Rovers verfügt der SE-Disco ebenfalls und die generell erhabene Sitzposition ist so oder so eine Klasse für sich. Nicht ideal: Die Anordnung der Lenkstockhebel und das zutiefst verschachtelte Menü des Kombiinstruments. Das InControl Touch Infotainmentsystem arbeitet dagegen unauffällig, schnell und ist ordentlich zu bedienen.

In Sachen Assistenten war unser Land Rover Discovery Si4 umfangreich ausgerüstet und auch die Systeme an sich konnten uns weitestgehend überzeugen. Der Spurhalteassistent arbeitete, gerade auf der Autobahn, ziemlich fehlerfrei – gleiches gilt für den Abstandsregeltempomaten, der feinfühlig die Geschwindigkeit anpasste. Weniger erfreut waren wir hingegen über das Eigenleben des Fernlichtassistenten und der Scheibenwischer. Auch die Schildererkennung ließ öfters ein Verkehrszeichen aus und übersah so manche Tempobegrenzung. Dass uns das Land Rover Navigationssystem in Österreich jedoch akustisch auf feste Blitzanlagen hingewiesen hat, fanden wir durchaus interessant.

Fazit

Der Discovery bleibt auch 30 Jahre nach seinem Debüt das Schweizer Taschenmesser im Land Rover Portfolio. Er ist luxuriöser als ein Defender, kerniger als ein Range Rover aber gleichzeitig stilsicher wie ein Velar oder Evoque. Sprich: Er taugt abseits befestigter Wege genau so wie vor der Oper. Allerdings sind die Offroadqualitäten sehr stark ausstattungsabhängig und der durstige Vierzylinder-Benziner erhält von uns einen klaren Daumen nach unten. Wer einen großen SUV mit Platz für bis zu sieben Personen sucht, der sollte den Gang zum Land Rover Händler dennoch nicht scheuen. Der Sechszylinder-Diesel SD6 samt ordentlicher Offroad-Ausstattung ist auf jeden Fall eine nähere Betrachtung wert.

Technische Daten*

Modell: Land Rover Discovery SE Si4
Motor: Vierzylinder-Reihe, Turbolader, 1.997 ccm
Leistung: 300 PS (221 kW) bei 5.500 U/min
Drehmoment: 400 Nm zwischen 1.500 und 4.000 U/min
Antrieb: Allradantrieb, Achtgang-Automatikgetriebe
Verbrauch: 9,4 – 9,5 l S /100 Km
Beschleunigung (0 – 100 Km/h): 7,7 s
Höchstgeschwindigkeit: 201 Km/h
Abmessungen (L/B/H): 4,97 m/2,07 m/1,89 m
Gewicht: ca. 2.300 Kg
Abgasnorm: Euro 6 d-TEMP
Grundpreis: 56.600 Euro

*Herstellerangaben

Bilder: Thomas Vogelhuber