Porträt: VW Golf GTI Cup Edition mit 373 PS

„Das ist ja nur ein Golf.“ Man sollte meinen, dass Fahrer eines der meistverkauften Autos der Welt wissen, worauf sie sich beim Kauf des Alleskönners aus Wolfsburg einlassen. Und schon beim Begriff „Alleskönner“ schrillen erneut die Alarmglocken aller zu kurz Denkenden. Denn „alles“ könne der Golf schon gar nicht. Besonders wenig könne er eines: Emotionen bieten.

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Früher gab es gegen die so wenig erforschte Golf-Antipathie ein Rezept von VW mit dem Kürzel „GTI“. Heute, in Zeiten von Golf R und R400 Concept, GTI Performance und GTI Cabriolet, braucht es mehr als das. Häufig hilft eine Portion Eigeninitiative. So geschehen beim Golf VI GTI von Olli, der in unschuldigem Weiß im Jahr 2009 das Licht der Welt erblickte. Dem Kenner fällt beim ersten Betrachten schnell auf: So unschuldig wie am Tag der Abholung in Wolfsburg ist dieser GTI nicht mehr. Angefangen bei der Frontschürze des Golf VI R mit zusätzlicher Echtcarbonlippe, die mit dem serienmäßigen GTI-Kühlergrill gepaart dem ursprünglich freundlichen Antlitz einen deutlich aggressiveren Look verleiht.

 

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Und spätestens der silbrig blitzende Ladeluftkühler winkt nicht mit dem Pfahl, sondern gleich mit dem ganzen Zaun: Hier ist mehr Leistung unterwegs. Doch dazu später mehr. Denn auch die Schriftzüge „Cup Edition“ sowie der individuell angefertigte Diffusoransatz und die glanzschwarz lackierten VW Motorsportfelgen in 19 Zoll irritieren. Könnte hier möglicherweise doch ein Serienprodukt aus Wolfsburg unterwegs sein? „Das ist natürlich so gewollt“, meint Olli. „Ich wollte ein Auto, das keiner hat und trotzdem so aussieht als käme es frisch aus dem Werk.“

Das Vorhaben ist gelungen. Auch im Innenraum wurden keine Kompromisse eingegangen: Die Recaro-Schalensitze sowie die Türpappen wurden mit dem originalen Schottenkarostoff „Jacky“ bezogen. Außerdem wurden die Plastikverkleidungen der Mittelkonsole und am Dach in Klavierlack glanzschwarz lackiert. Sogar ein Clubsportbügel von Wiechers war bereits verbaut. „Dieser musste aber aus Rücksicht auf den OEM-Anspruch wieder weichen.“ Wie gesagt – keine Kompromisse, oder doch?

Das Problem: Der schöne OEM-Schein verfliegt so schnell, wie der Fahrer den Zündschlüssel gedreht und das Zweiliter-Aggregat gestartet hat. Denn das, was der angefertigten Edelstahlabgasanlage dabei entfleucht, hätte in dieser Form die VW-Hallen sicherlich nicht verlassen. Der Vierzylinder grollt, brüllt, knallt und faucht wie ein ganz großer. Und das schönste daran: Er darf das. Denn unter der Haube schlummern nicht weniger als 373 PS und 530 Newtonmeter Drehmoment. Die Änderungen: K04-Plus-Lader, größerer Ladeluftkühler (siehe oben), Abgasanlage ab Turbo in 76 mm, geänderte Softwareabstimmung. Damit nicht alles sofort in Rauch aufgeht, wurde eine verstärkte Sportkupplung von Sachs verbaut. Und damit die 1,4-Tonnen Golf – sorry: Cup Edition – auch wieder zum Stehen kommen, beißt die Bremse aus dem Audi TT RS vorn und aus dem Golf R hinten erbarmungslos zu.

 

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Wie dieses einzigartige Gesamtkonzept funktioniert, ist mit „beeindruckend“ unzureichend beschrieben. Zwar verfügt der GTI nur über die serienmäßige elektronische Differenzialsperre, doch diese macht selbst bei heftigem Leistungseinsatz ihre Sache überraschend gut. Naturgemäß verteilen die 530 Newtonmeter gerade auf feuchter Fahrbahn Boxhiebe über das Volant, doch bleiben sie meistens kontrollierbar. Auch schnell gefahrene Kurven – ansonsten nie die Paradedisziplin von leistungsstarken Fronttrieblern – werden dank verstellbarer Stabilisatoren und dem KW DDC Gewindefahrwerk nun zum absoluten Spaßgebiet. Schieben über die Vorderachse? Das war einmal. Mit sensiblem Gasfuß lässt sich das Heck sogar zum Eindrehen bewegen. Ein fahrdynamisches Leckerli, das wir in dieser Form bisher nur beim Ford Focus RS beobachten konnten. Einem Serienfahrzeug wohlgemerkt. Sobald es geradeaus geht, werden ab 3500 Umdrehungen Kräfte freigesetzt, die endgültig vergessen lassen, dass man sich ja „nur in einem Golf“ befindet. Und jedem, der das der „Cup Edition“ noch entgegenhält, kann man nur entgegnen, ihn mal selbst zu fahren. Falls der Olli ihn denn lässt.

Die Änderungen an Ollis GTI im Überblick:

Optik:

– Individuell angefertigte Frontschürze vom Golf R ohne Tagfahrlicht und mit eingepassten PDC-Sensoren
– Seitenschwellerverkleidung vom Golf R
– Angefertigte Heckschürze vom Golf R mit individuellem Diffusoransatz
– VW Motorsport-Felgen in 19 Zoll
– Recaro Pole Position mit Polsterung im Stoff „Jacky“
– Türverkleidungen mit Stoff „Jacky“ bezogen
– Softtouchverkleidungen an Mittelkonsole und Dachhimmel Glanzschwarz lackiert

Technik:

– K04 „Plus“ Turbolader
– Vergrößerter Ladeluftkühler
– Edelstahl-Abgasanlage in 76 mm ab Turbo
– Geänderte Softwareabstimmung
– Sportkupplung von Sachs
– Schaltwegverkürzung
– Bremsanlage von Golf R (hinten) und TT RS (vorne)
– Gewindefahrwerk KW DDC
– Einstellbare Stabilisatoren

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