Sie kommen mit Macht. Mit stolzgeschwollener Brust. Ihre Leistungen sind mächtig, die mögliche Performance sprichwörtlich atemberaubend. Seit einem knappen halben Jahr spielt auch Stuttgart das Spiel der Elektro-Sportwagen. Mit dem Porsche Taycan 4S locken sie nun die Oberklasse.
Mit Turbo und Turbo S haben sie begonnen. Gigantismus, bis zu 761PS, in deutlich unter drei Sekunden auf 100km/h, dazu schnellstoppend an 800V-Ladern mit 270kW. Die Zahlen mussten überzeugen, eine Antwort sein auf das, was Elon Musk seit Jahren mit dem Model S vorturnt.
Eine neue Formel für den Porsche Taycan 4S
Der Taycan ist angesichts der üblichen Porsche-Formel – leicht, wendig, clever – ein bisschen das Gegenteil geworden. Mit knapp 2300 Kilogramm Leergewicht steht er in einer Liga mit dem Mercedes G. Sicher, sein filigraner Körper, seine fließenden Linien, sie kaschieren gut. Dennoch kommen die Elektronen auch in Form des Porsche Taycan 4S mit lautloser Wucht.
Bis zu 93kWh speichert der Strombunker doppelstöckig, wenn man sich für die „Performance-Batterie plus“ entscheidet. Dazu gibt es dann auch 360kW Dauerleistung und 420kW im Overboost. In alter Währung sind das entsprechend 490 und 571 Pferdestärken. Reichlich also.
Selbst für den, der das Geld für Extrareichweite spart und mit den 79kWh der Performance-Batterie auskommt, gibt es saftigen Antrieb. 435PS respektive 530PS, wenn es an der Ampel besonders schnell gehen soll. Der kleine Akku spart übrigens 80 Kilogramm Gewicht.
Wie fährt er im Winter?
Für den ersten Fahreindruck hat man uns selbstbewusst ins Eis entlassen. Dort wo die Elektronen gewöhnlich zäh fließen. Auf Strom fahren bei Minusgraden – eine unglückliche Kombination, so die allgemeine Wahrnehmung. Man will uns eines Besseren belehren.
Dass der Porsche Taycan 4S dann allerdings – wie die allermeisten aller Fahrzeuge nördlich des Polarkreises – in einer beheizten Garage über Nacht am Strom hing, verzerrt das Bild etwas.
Nicht nur, dass der Innenraum auf mollige 24 Grad vorgeheizt ist, nein auch die Batterie ist dank der Vorkonditionierung auf einem ähnlichen Level. So zeigt der 4S mit der 93kWh Batterie und einem Ladestand von 91% beim Einsteigen eine Reichweite von 290 Kilometern.
Ein guter Wert. Doch hätte er diesen auch bei 25 Grad im Sommer. Denn für die Batterie ist mit eben jener Vorkonditionierung immer Sommer. Dass sie im Fahrbetrieb bei Gefrierpunkttemperaturen nicht auskühlt liegt weniger an der guten Isolation, sondern mehr an der Leistung, die man dem Porsche Taycan 4S abfordert.
Nach 170 sehr zügig auf frisch und dick eingeschneiten finnischen Landstraßen kamen wir auf einen Durchschnittsverbrauch von 30.8kWh/100km. Bei einer Fahrzeit von 2:49h macht das eine Heizleistung von mehr als 18.000 Watt. Die Batterie fühlt sich unter solchen Bedingungen immer wohl.
Wie es allerdings aussieht, wenn der schnelle Elektroschwabe nach einer kalten Nacht im Freien angelassen und zügig bewegt wird muss ein Test in der Heimat ohne heizende Hilfestellungen zeigen.
Wie driftet er?
Was wir hierzulande freilich weniger testen können ist das Fahrverhalten im Grenzbereich. Und damit meinen wir eigentlich: hemmungslose Drifterei. Vollgas aus dem Stillstand quittieren die beiden Synchronmotoren mit großer Lässigkeit. Die serienmäßigen Winterreifen – ohne Spikes! – greifen tief in den Schnee und sprgen für wirklich fulminanten Vortrieb.
Den Drift einzuleiten braucht keine Mühe. Wie alle Elektrowagen stellt auch der Porsche Taycan 4S seine Leistung in voller Intensität ansatzlos zur Verfügung. Unhörbar, lautlos, ja spielerisch.
Übersetzt bedeutet das, dass man im Stillstand einfach das Lenkrad um eine Umdrehung eindreht, einen kurzen Vollgasimpuls gibt und die gletschereisblaue Flunder direkt flitschen lässt. Ohne Transition fräst der Porsche Taycan 4S direkt im Drift. Die Lenkung steht geradeaus, alle Räder drehen voll durch, vorn ein bisschen mehr als hinten und so hängt er sich in diese unsichtbare Rille, auf der man von nun an beinahe ohne Korrektur das Eis poliert.
Der Porsche Taycan 4S: wirklich beeindruckend
Driftwinkel jenseits der 90 Grad sind möglich, ultrafein kann der Antrieb durch die aktiven Momentenstellung an allen Vieren auf alles reagieren. Hier ist der Porsche Taycan 4S seiner Verbrennergeschwistern tatsächlich meilenweit überlegen.
Einzig: das Tempo ist gering, weil die Fliehkräfte eben enorm sind. Es wäre nicht auszudenken, was möglich wäre, wenn grobe Spikes montiert wären.
Vielleicht müssen wir das wirklich in einem Top-Test klären.
Modell: Porsche Taycan 4S Performance-Batterie plus
Motor: 2x Permanentmagnet-Synchronmotor
Leistung: 490 PS (360 kW)
Overboost: 571 PS (420 kW)
Drehmoment: 650 Nm
Antrieb: Allradantrieb, Eingang-Reduktionsgetriebe vorne, Zweigang-Reduktionsgetriebe hinten
Verbrauch (WLTP): 26,2 kWh / 100 km
Beschleunigung (0 – 100 Km/h): 4,0 s
Höchstgeschwindigkeit: 250 km/h
Reichweite (WLTP): 386 km (486 km City)
Abmessungen (L/B/H): 4,96 m/1,96 m/1,38 m
Gewicht: 2.220 Kg
Grundpreis: 112.128,20 Euro für Modell mit Performance-Batterie plus (sonst ab 105.607 EUR)
*Herstellerangaben