Der neue Mercedes-Benz S 400d 4matic musste nach seiner Weltpremiere überraschend viel Kritik einstecken. Sie sei zu wenig innovativ, zu konventionell, zu wenig überraschend. Sie sei vor allem keine Antwort auf Tech-Treiber wie Tesla.
Doch soll sie das überhaupt sein? Ist der Anspruch an eine S-Klasse nicht ein ganz anderer? Und ist sie am Ende nicht doch in allen kritisierten Kategorien besser als ewartet? Unser exklusiver Test klärt auf.
Design, Platz & Komfort
Der erste Kritikpunkt betrifft das Design aus der Feder von Chefstylist Gorden Wagener. Die S-Klasse sei nicht nur mutlos, sondern gar einfallslos. Dem möchten wir widersprechen, vor allem im Vergleich zu allen anderen modernen Mercedes-Modellen.
Ja, auch der Mercedes-Benz S 400d 4matic ist auf den ersten Blick als Spross einer grossen Familie zu erkennen. Und doch wirkt er im Detail deutlich moderner, deutlich feiner ausgearbeitet und deshalb am Ende deutlich schlüssiger. Es ist fast so, als hätten alle Mercedes der vergangenen Jahre auf die neue S-Klasse hingearbeitet. Mit ihr kommt die Formensprache zur Vollendung.
Übrigens ist die Seitenansicht wie schon bei Vorgänger auf Basis der Version mit verlängertem Radstand gezeichnet. Die mächtigen 5,2m Gesamtlänge fallen entsprechend gar nicht auf, so harmonisch ist die Linienführung. Der Basisradstand wird entsprechend etwas kompakter und gedrungener wirken.
Gerade in Sachen Platzangebot und Komfort ist der verlängerte Mercedes-Benz S 400d 4matic entsprechend weit vorn. Doch nicht nur hinten reisen die Passagiere erster Klasse, auch vorne ist es so bequem wie in kaum einem anderen Auto. Verarbeitung, Materialauswahl, Geräuschkomfort, ja sogar am Geruch merkt man, dass Mercedes hier nur das Beste für gut genug erachet.
Technische Highlights
Es fällt schwer sich für ein Highlight zu entscheiden. Auch wenn der Mercedes-Benz S 400d 4matic keine Weltneuheit mitbringt, so sind es doch viele Kleinigkeiten, wie etwa die Hinterachslenkung. Solche Systeme sind seit Jahren bei der Konkurrenz bekannt, die S-Klasse geht aber einen Schritt weiter. Ihr maximaler Lenkwinkel hinten beträgt zehn Grad, damit wendet sie auf kleinerer Fläche als eine A-Klasse.
Auch das 3D-Display für den Fahrer ist ein technisches Highlight. Per Gesichtserkennung passt es das Bild immer perfekt auf den Fahrer an. Vor allem aber bringt es endlich wieder ein wertiges Instrumentarium im Digital-Zeitalter, das sich deutlich von Standard-Displays unterscheidet. Dass der Effekt je nach eingestelltem Anzeigemodus stärker oder schwächer verfügbar ist, befriedigt den Spieltrieb der Junggebliebenen.
Ein weiteres Highlight, noch vor der perfekten Assistenzsystem-Funktionalität, ist überhaupt das ganze Bediensystem. Man mag die Zuwenndung zum Touchscreen-Display kritisch sehen, doch die Exekution des neuen MBUX ist bemerkenswert. Zudem funktioniert es auch per Sprache hinreichend gut in der Bedienung. Vor allem aber ist es der integrierte Funktionsumfang, der sehr gut gelungen ist.
Per Fahrerprofil lassen sich nicht nur Sitzposition, Klima- und Radioeinstellungen vorspeichern, auch die Nutzung von Streamingdiensten ist clever gelöst. Wer Amazon Music, Spotify oder Tidal auf seinem Handy nutzt, der kommt auch in der S-Klasse an seine Musik. Aber eben vollintegriert in die Mercedes-eigene Benutzeroberfläche. Das Beste daran ist, dass diese Herkules-Programmieraufgabe scheinbar fehlerfrei gelöst wurde.
Besonders an diesen Dingen zeigt sich der Aufwand, den Mercedes-Benz bei einer S-Klasse betreibt. Auch wenn der Vorteil für den Nutzer marginal erscheint, so ist er es doch wert genutzt zu werden. Denn am Ende ist es die Summe dieser Kleinigkeiten, die dieses Auto zu etwas besonderem macht.
Wie fährt der Mercedes-Benz S 400d 4matic?
Erstklassig. Weniger darf man von einer S-Klasse aber auch nicht erwarten. Der Feinschliff, den die neue Fahrwerksgeneration in Kombination mit der steiferen Karosserie und den unzähligen Akustikmassnahmen mitbringt, ist schier unglaublich.
Dabei ist es vor allem auch der Spagat, den der Mercedes-Benz S 400d 4matic ermöglicht, der begeistert. Im Komfort-Modus ist der Stuttgart Topmodell sowieso unantastabr, doch selbst im Sport-Modus zeigt sie Talent. Einen noch grösseren Anteil als das famose Luftfahrwerk hat hier der Motor. Dabei hat der drei Liter Biturbo-Diesel wegen der strengeren Abgasnorm sogar zehn PS an Leistung verloren.
Doch mit 330PS ist die S-Klasse immer noch üppig motorisiert. Was vor allem an den bärigen 700Nm Drehmoment liegt. Praktisch ab Standgas drückt der Reihensechszylinder heftig ab und ermöglicht souveräne Beschleunigungswerte. Noch vor wenigen Jahren waren grossvolumige V8-Benziner kaum zu solchen Traumwerten in der Lage.
Dass der Mercedes-Benz S 400d 4matic an der Tankstelle dennoch mit Zurückhaltung glänzt rundet das Ergebnis ab. Denn Werte um 7l/100km sind realistisch und in Anbetracht der Fahrleistungen wirklich bemerkenswert.
Fazit:
Die neue S-Klasse ist ein tolles Auto. Mehr als das, sie ist sicher aktuell das beste Auto der Welt. Denn in der Summe aller Eigenschaften wird sie jede Konkurrenz ausstechen.
Vor allem der Mercedes-Benz S 400d 4matic darf als Empfehlung gelten. Kraft in allen Lebenslagen, die zum Souverän des Wagens passt und doch zeitgemässe Zurückhaltung beim Verbrauch.
Wer nun noch einen Schritt in die digitale Welt der S-Klasse wagt wird vollends begeistert sein. Denn auch auf diesem Feld haben die Stuttgarter ihre Hausaufgaben gemacht. Das MBUX im neuen Flaggschiff darf als eines der besten am Markt gelten.
Modell: Mercedes-Benz S 400d 4matic
Motor: Sechsylinder-Reihe, 2‘925ccm
Leistung: 330PS (243kW)
Drehmoment: 700Nm bei 1‘200-3‘200U/min
Antrieb: Allradantrieb, Neungang-Automatikgetriebe
Verbrauch (WLTP): 6,7 l Diesel/100km
Testverbrauch: 7,8 l Diesel/100km
Beschleunigung (0 – 100km/h): 5,4s
Höchstgeschwindigkeit: 250km/h (abgeregelt)
(Abmessungen (L/B/H): 5,18m/1,92m/1,50m
Gewicht: 2’070kg