Zuerst wollten wir diesen Test mit der Überschrift „la grande nation“ versehen, bis uns kurz vor der Fertigstellung wieder einfiel: die Franzosen würden es uns übel nehmen. La grande nation existiert in der französischen Sprachwelt so gut wie nicht, ein typisch eingedeutschter Begriff, der nur davon zeugt, dass wir mal wieder keinen blassen Schimmer von unserem Nachbarland und deren Gepflogenheiten haben. Andererseits: er hätte nach unserer Auffassung ja schon ganz gut zum Test des Renault Talisman Grandtour gepasst, mit dem wir für vierzehn Tage unterwegs waren – übrigens kurz nach seinem Limousinen-Pendant, weshalb dieser Test auch etwas kürzer ausfallen und sich auf die Unterschiede in Antrieb (in der Limousine fuhren wir den 160 PS starken Diesel) und Heckpartie konzentrieren wird.
Denn wie auch im Fließheck gibt der große Kombi im Innenraum zunächst wenig Rätsel auf. Die Bedienung, die hauptsächlich über den großen Touchscreen in der Mittelkonsole erfolgt, erschließt sich zügig, andere Bedienelemente aber wie die für den Tempomaten zwischen den Sitzen oder die Radiofernbedienung hinter dem Lenkrad sind zumindest gewöhnungsbedürftig – aber man fährt so ein Fahrzeug ja auch nicht lediglich für zwei Tage im Jahr. Denn abgesehen von diesen gewissen Eigenheiten gibt es am Talisman Grandtour – ob für die Kurz- oder die Langstrecke – wenig auszusetzen: die Federung ist gewohnt komfortabel, könnte für einen Franzosen sogar noch ein wenig weicher abgestimmt sein, wobei die Spreizung zwischen den einzelnen Verstellmöglichkeiten verhältnismäßig groß ist. Man sitzt angenehm tief im Talisman, die vielfach verstellbaren Sitze samt Massagefunktion sind äußerst bequem, sodass man sich gerne zurücklehnt, den Abstandstempomaten (1.400 Euro im Paket, könnte teilweise etwas feinfühliger agieren) aktiviert und sich von der BOSE-Soundanlage (1.100 Euro) beschallen lässt, die ihre Sache ordentlich, aber auch nicht außerordentlich macht. Insbesondere hätte sie für unseren Geschmack etwas basslastiger agieren können, was ja normalerweise bei den amerikanischen Anlagen nicht das größte Problem ist.
Ganz zurückhaltend funktioniert hingegen die 1,6-Liter-Maschine mit 200 PS. Gut gedämmt und leise tritt sie ihren Dienst an, bringt ihre Leistung anders als im zuvor gefahrenen Diesel über ein Siebengang-Doppelkupplungsgetriebe auf die Straße, das jedoch ähnlich unauffällig agiert. Bei schlechtem Wetter brachten die 260 Newtonmeter die Vorderräder zwar in etwas Bedrängnis, doch ansonsten besticht der 1600er mit ausreichender Spurtstärke sowohl auf der Landstraße, als auch bei höheren Geschwindigkeiten auf der Autobahn. Mehr Hubraum haben wir jedenfalls im Vergleich zu manchem Kollegen nicht vermisst, fühlte sich der kleine doch oftmals drehfreudiger an als die sonst so zugeschnürten Zweilitermotoren der Konkurrenz. Für den Langstreckenpendler dürfte er sich ob seines höheren Verbrauchs aber dennoch nicht empfehlen: der lag im Testmittel bei durchweg zügiger Fahrt zwischen acht und neun Litern – und wer es darauf anlegt, schafft locker auch höhere zweistellige Werte.
Was wir im Vergleich zur Limousine bei unserer Testauswahl zuvor nicht bedacht hatten: der Grandtour verfügt tatsächlich über einen kleineren Kofferraum als die Fließheckvariante – nominell sind es 572 zu 608 Liter Volumen. Wobei dieser gar nicht so kleine Rückstand im Alltagsbetrieb nicht ins Gewicht fällt und selbstredend von der höheren Kombibauweise des schicken Heckabteils wieder ausgeglichen wird. Klappt man die Rücksitzbank um, werden daraus satte 1600 Liter, womit der Talisman Grandtour seine deutschen Kollegen C-Klasse und A4 um 90 Liter überflügeln kann. Überaus praktisch empfanden wir außerdem die Möglichkeit, einen Teil des Ladebodens aufzustellen, sodass kleinere Gegenstände nicht durch den Kofferraum fliegen. Ansonsten gleichen die Platzverhältnisse denen der Limousine: Passagiere fühlen sich dank ausreichend Bein- und Kopffreiheit auch in der zweiten Reihe überaus wohl.
Fazit
Solche Feinheiten sind es freilich nicht, die den Talisman Grandtour nun an die Spitze der Vertreterkombis bugsieren würden. Es sind vielmehr der französische Charme, das tolle Design und die weitgehend volle Ausstattung, die Renault ihm bereits in der Einstiegsvariante Limited auf den Weg gibt und die überzeugen können. Der 1,6-Liter große Benziner ist kein Spritsparwunder, verhilft dem großen Kombi aber zu sehenswerten Fahrleistungen und dürfte sich daher für den Kurzstreckenbetrieb mit ein paar Reisefahrten im Jahr durchaus rechnen. Der Preis ist kein Hindernis: bereits ab 35.950 Euro steht der Talisman Grandtour TCe 200 bei den Händlern, fünf Jahre Garantie gibt’s obendrauf. Da kann die Konkurrenz nicht mehr mithalten.
Modell: Renault Talisman Grandtour TCe 200 EDC
Motor: Vierzylinder-Reihe, 1.598 ccm
Leistung: 200 PS (147 kW) bei 6.000 U/min
Drehmoment: 260 Nm bei 2.500 U/min
Antrieb: Vorderradantrieb
Verbrauch (ECE): 6,0 Liter S/100 Km
Beschleunigung (0 – 100 Km/h): 7,6 Sek.
Höchstgeschwindigkeit: 237 Km/h
Abmessungen (L/B/H): 4,87 m/1,87 m/1,46 m
Gewicht: 1.569 Kg
Grundpreis: 35.950 Euro
Typklassen (HP/VK/TK): 18/25/20
*Herstellerangaben