Ein kleiner Roadster. Unter vier Meter lang, Vierzylindermotor, Hinterradantrieb und Handschaltung, ein ungefüttertes Stoffverdeck, selbstredend händisch zu bedienen, nur mit dem Nötigsten ausgestattet. So, wann genau gab es das von unseren deutschen Herstellern nochmal? Vielleicht 1953, als Porsche den 550 Spyder vorstellte. Heute gibt es so etwas nicht mehr. Der Boxster heißt zwar 718, ist aber ein fettes Viech – ein gutes, aber eben ein fettes. Von Audi gibt’s seit Jahren nur einen Zweisitzer aus dem langweiligen Querbaukasten, BMW hat jüngst den Z4 eingestellt und Mercedes baut „Roadster“ seit der Jahrtausendwende ohnehin nur noch mit rentnertauglichem Stahlklappdingens.
Und dann kommt Mazda um die Ecke und schenkt uns den neuen, den brandneuen, den gestrippten und geschärften MX-5. Die Jungs haben letztes Jahr gemerkt, dass sie im Laufe der Zeit die Idee MX-5 etwas aus den Augen verloren hatten. Der ehemals puristische, leichte Zweisitzer im Stile der britischen Roadster – aber mit brauchbarer Technik – hätte in Form der Baureihe NC auch bei einer dieser Abnehm-Shows in diversen Privatsendern mitmachen können. Der ND speckte im Vergleich rund 100 Kilogramm ab, wurde kürzer, aggressiver im Antlitz, weniger Pummelchen, dafür mehr Sportler. Eine Tonne Gewicht war das Ziel – mit dem (von uns nicht getesteten) Eineinhalbliter-Vierzylinder knackt man sie.
Doch anders als beispielsweise Alfa mit seinem 4C nimmt man das Thema Gewicht trotz aller Bemühungen – wir haben selten so primitive Sonnenblenden gesehen – nicht ganz so bierernst. Ernst passt überhaupt so gar nicht zum MX-5. Der Spaß an der Freud steht immer, wir betonen: IMMER!, im Vordergrund. Es hat uns selten ein Auto solche Freude bereitet ohne – und das ist so faszinierend – das verquälte Suchen nach der letzten Rille, nach der letzten Millisekunde, nach den höchsten Stundenkilometern in der Kurve. Sowas macht im Mazda den ganzen Spaß kaputt.
Hat man sich einmal mit seinen Einmeter neunzig Körpergröße in den knappen Innenraum gefaltet, die Recaros als Bestandteil des Technik-Pakets auf die hintersten Positionen eingestellt und sich über die nicht vorhandene Längsverstellung des Lenkrads geärgert, das Verdeck zusammengeklappt und sich an den beiden Cupholdern die Ellenbogen gestoßen, heißt es nur noch eins: Fahren! Die hundert auf der Landstraße fällt im dritten, jede Haarnadel wird mit den gut zupackenden Bremsen scharf angestochen, aus dem Handgelenk über einen tierisch knackig kurzen Schaltweg in den zweiten, der rechte Fuß fällt runter und es geht mit leicht tänzelndem Heck wieder heraus – dass die Bridgestone Potenzas in 205er Breite bei 200 Newtonmeterchen jemals um Gnade winseln, ist eine überaus kalkulierbare, weil so geringe Gefahr. Und auch das macht das Fahren im MX-5 so erfrischend freudig: man kann die Leistung hemmungslos ausnutzen, ohne dabei mit einem Fuß im Knast und dem anderen unter der Erde zu liegen.
Der brave Zweiliter-Direkteinspritzer mit 160 PS passt dabei perfekt – dank gleichmäßigem Drehmomentverlauf ist er sowohl ideal zum schaltfaulen Cruisen, versprüht mit seiner saugertypisch extrem digitalen Gasannahme und dem roten Bereich knapp vor 7.000 Umdrehungen aber trotzdem eine anmachende Drehfreude, die vom gut abgestuften und sehr knackig (erwähnten wir das schon?) schaltbaren Sechsganggetriebe unterstützt wird. Das Fahrwerk überrascht positiv beim Federungskomfort: selbst heftige Bodenwellen werden besser absorbiert als von so mancher ausgewachsenen Limousine. Auch bei zügiger Autobahnfahrt liegt der Roadster ruhig, was man jedoch vom Verdeck nicht unbedingt behaupten kann, wenn es denn mal geschlossen sein sollte.
Die einfache Stoffmütze führt oberhalb der Autobahn-Richtgeschwindigkeit halt zu erhöhten Windgeräuschen. Nichts tragisches oder etwas, mit dem man bei einem Wagen dieser Klasse nicht rechnen müsste. Ein Vergleich mit den Hightech-Verdecken oben genannter Hersteller, die den Stahldächern nicht mehr nachstehen, erübrigt sich daher auch. Aber: ein Autobahnauto für die Langstrecke ist der MX-5 eben nur eingeschränkt. Oder sind wir etwa schon verweichlicht?
Vielleicht. Daher lieber: Dach auf. Dauert ungefähr drei Sekunden und ist mit dem Fahren ansich so ziemlich das sympathischste Feature, das wir je in einem Auto gehabt haben. Wenn man groß genug ist und das Verdeck mit zwei Handgriffen hinter den Sitzen zusammenfaltet, macht man sich keine Gedanken mehr über die Wettervorhersage – wenn’s warm ist, geht das Dach auf und erst bei Starkregen wieder zu. Der Offenfahrkomfort – darüber machen sich wahrscheinlich auch nur Deutsche Gedanken – ist dabei überraschend hoch. Selbst bei komplett heruntergefahrenen Seitenscheiben zieht es nur sanft um den Oberkörper, sind die Scheiben oben, weht ein laues Lüftchen ums Haupthaar, sofern selbiges noch vorhanden ist.
Wir könnten jetzt anfangen über den Verbrauch zu reden, der im Schnitt bei rund sieben wenigen Litern pro 100 Kilometer lag. Wir könnten anfangen, die quasi nicht vorhandenen Ablagemöglichkeiten im Innenraum zu erwähnen, die aber auch nicht stören, solange der Beifahrersitz nicht belegt ist. Und einen MX-5 genießt man sowieso besser allein. Da stört auch der verwinkelte Kofferraum nicht, denn die Kiste Bier passt rein. Wenn wir uns was wünschen dürften, wäre es eine horizontale Lenkradverstellung: sie würde eine tatsächlich gute Sitzposition ermöglichen. Die unnötigen Totwinkel- oder Spurhalteassistenzen können wir hingegen nicht brauchen, da verzichten wir auch auf die knappen Recaros, die es leider nur in dem Paket gibt. Macht den Mazda günstiger. Und auf die letzte Rille kommt es, wie gesagt, ohnehin nicht an.
Modell: Mazda MX-5 Skyactiv-G 160 i-Eloop Sports-Line
Motor: Vierzylinder-Reihe, 1.998 ccm
Leistung: 160 PS (118 kW) bei 6.000 U/min
Drehmoment: 200 Nm bei 4.600 U/min
Antrieb: Hinterradantrieb, Sechsgang-Schaltgetriebe
Verbrauch (ECE): 6,6 l Super E5 bzw. Super E10/100 Km
Beschleunigung (0 – 100 Km/h): 7,3 s
Höchstgeschwindigkeit: 214 Km/h
Abmessungen (L/B/H): 3,91 m/1,73 m/1,23 m
Gewicht: 1.090 Kg
Grundpreis: 28.990 Euro
Typklassen (HP/VK/TK): 13/20/18
*Herstellerangaben
Fotos: Felix Maurer für evocars