Es ist eine Demütigung. Dabei hatte man es schon wirklich wirklich eilig von der Fünf in die Sechs zu reißen, schließlich ging es leicht bergauf und der hinterherfahrende Audi saß tief im Kofferraum unseres Fiat Panda Hybrid – und doch flackerte das weiße Licht im Kombiinstrument.
Kurz vor dem roten Bereich des Drehzahlmessers also, bei Tachowerten, die weit über den in den Fahrzeugpapieren notierten Höchstwerten liegen, musst Du schnell sein. Sonst zeigt Dir der Fiat ganz normal an: Lusche! Viel zu langsam. In deiner Schaltpause kann ich glatt zwei Caffè brühen.
Es ist dies eine Eigenart, wie sie italienischer kaum sein könnte. Und gerade das macht den Panda so liebenswert. Denn der kleine Fiat ist voll von diesen kleinen Feinheiten, die das Leben erheitern. So etwa die Getränkehalter. Es gibt: viele. Zwei unter dem Schalthebel, zwei in der Mittelkonsole und zwei in den vorderen Türen.
Doch: wer hier versucht einen Grande Skinny Decaf Latte unterzubringen, der scheitert. Es passt ein Espressotässchen, denn mehr muss, ja darf es gar nicht sein. Ähnlich italienisch auch die Funktion des Blinkerhebels. Ja, er unterstützt Blinktippen und nein, nicht immer. Also: eigentlich gar nie.
Es ist aber eben auch unwichtig, denn der Panda ist so blau, man übersieht ihn sowieso nirgendwo
Die Farbe ist dabei weniger eine Anspielung auf den sparsamen Umgang mit dem Kraftstoff, als schlicht Lebensfreude. Der Fiat Panda muss nicht auf irgendeinen Eco-, Blue-, Kinetic-, Synergy-Marketingsprech zurückgreifen, nein, er ist schlicht ein Hybrid. Und das ist eigentlich gelogen, auch wenn es hinten angeschrieben steht.
Denn das zweite Herz des Fiat Panda Hybrid ist ein etwas größerer Anlasser in Form eine riemengetriebenen Starter-Generators. Dieser kommt auf 3,6kW und damit ziemlich exakt 5PS. Dazu stemmt er 20Nm auf die Kurbelwelle, wenn es sein muss. Gespeist wird er von einer kleinen Lithium-Ionen-Batterie unter der Rückbank. Diese bringt es bei 12V auf 11Ah Kapazität und liefert somit 132Wh Energie.
Womit das „Hybrid“-Thema ein bisschen ins rechte Licht gerückt wäre. Denn mehr als ein bisschen Beschleunigungsschub aus dem Drehzahlkeller bringt das System nicht. Aber: es schlängt sich insgesamt sehr tapfer. Was erstaunlich ist, wenn man Aufwand und Ertrag der Konkurrenz vergleicht.
Doch zur Erklärung muss man ein bisschen weiter ausholen
Wichtigster Baustein des Fiat Panda Hybrid ist der Motor. Und wir meinen ganz bewusst den Benziner. Es ist eine Neuentwicklung. Und wo das bei der Konkurrenz keine Erwähnung wert ist, so ist das für Fiat dann doch schon eine Sensation. Denn seit Generationen kennt der verbennende Vortrieb der Italiener nur einen Namen: Fully Integrated Robotized Engine, kurz: FIRE!
Seit über 35 Jahren – alles begann im Autobianchi Y10 – treibt der Vierzylinder praktisch jeden kompakten Fiat, Lancia und sogar Alfa Romeo an. Doch die Zeit ist nun um. Die Firefly-Generation tritt die Nachfolge an. Und sie hat es in sich. Der Form halber bleiben wir beim Dreizylinder, es gibt den Firefly auch mit Vieren, denn so wird er im Fiat Panda Hybrid montiert.
Mit 70mm zu 86,5mm bei Bohrung und Hub ist das neue Triebwerk ein echter Langhuber. Dazu kommt: es gibt nur zwei Ventile pro Zylinder. Auch das verspricht viel Drehmoment aus dem Keller. Wer tiefer ins Detail geht, der findet noch mehr Finessen.
Etwa die Brennraumform. Es könnte auch HEMI auf dem Aggregat stehen, angesichts des halbkugelförmigen Designs. Überhaupt scheinen die Chrysler-Entwickler ein bisschen ihre Finger im Spiel gehabt zu haben. Auch die Position der Zündkerze und der Quetschkante erinnern an den 4.7er V8 der Amerikaner – im positiven Sinne. Dazu kommen Dinge wie ein in den Kopf integrierten Krümmer, eine mit 12:1 erstaunlich sportliche Verdichtung und eine Ventilsteuerung, die den Einlass über einen Bereich von 60 Grad Kurbelwelle verstellen kann.
Wer 1 und 1 nun zusammenzählt, der erkennt schnell was für ein thermodynamisches Meisterstück der neue Firefly geworden ist. Entsprechend beeindruckend die Zahlen. Es sind dann: 92 Newtonmeter.
Und nein, es ist kein Schreibfehler
Der Firefly bringt es also auf exakt 10 Newtonmeter weniger, als sein FIRE-Vorgänger mit 1200 Kubik. Bei der Leistung ist es immerhin ein PS mehr, denn im Fiat Panda Hybrid marschieren volle 70 Pferde auf. Allerdings: es ist dies mehr ein Zugewinn am runden Tisch – oder besser: Rundungstisch. Denn beide, sowohl die 69PS des 1200er FIRE, als auch die 70PS des 1000er Firefly notieren mit 51kW im Datenblatt.
Doch das ist egal, denn der Trumpf des Firefly sind die 20Nm Zusatz-Boost seines Hybrid-Antriebs. Damit federt er nicht nur nach jedem Ampelstart sofort ins Leben, er springt auch mit lockerem Tremolo von der Linie. Selbst Zwischenspurts gelingen erfreulich knackig.
Die größte Überraschung ist aber der Energiehaushalt des Hybridsystems. Klingen 11 Amperestunden und die daraus resultierenden 132 Wattstunden erst einmal lächerlich angesichts von doch immerhin 3600 Watt, die es anzutreiben gilt, zeigt sich auf der Straße ein ganz anderes Bild.
Bei voller Batterie kann der Fiat Panda Hybrid umgerechnet etwa zwei Minuten lang boosten. Dabei war er bei unserem Test über 1000 Kilometer in der Lage gut 9,5kWh zu rekuperieren – und dies bei über 50% Autobahnnutzung. In der Innenstadt dürfte er also locker auf eine zurückgewonnene Kilowattstunde pro 100 Kilometer kommen. Entsprehend also knapp zehn volle Ladungen der Batterie. Macht 20 Boost-Minuten pro 100 Kilometer. In der Realität sind die 20 Zusatz-Newtonmeter also praktisch immer vorhanden.
Der Fiat Panda Hybrid ist mit kaum über 1000kg ein Leichtgewicht
Dabei wiegt der Firefly-Motor inklusive Starter-Generator nur 77kg – das gesamte Paket ist mit einberechneter Lithium-Ionen-Batterie sogar leichter als der alte FIRE-Antrieb mit seinem Grauguss-Motorblock.
Es muss also nicht immer das volle Paket aus hunderten Kilogramm-Batterie, Lademöglichkeit, Turboaufladung und und und sein. Mnachmal reicht einfach ein cleveres Engineering für ein fröhliches wie sparsames Automobil.
Wir kamen auf 5,7 Liter im Testbetrieb. Wovon über die Hälfte im absoluten flat-out-Modus auf der Autobahn gefahren wurden – der Tacho zeigte tatsächlich häufig jenseits der 190km/h an, obwohl der Fiat Panda Hybrid nur mit deren 155 im Schein notiert. Die 4,1 Liter des WLTP-Zyklus sind entsprechend vielleicht nicht immer zu erreichen, mit glatten fünf Litern dürfte man aber jederzeit gut unterwegs sein.
Und das ist ein wirklich feiner Wert. Vor allem für den Preis, denn der ist vielleicht das beste am Panda: 13.490 EUR! Womit er eine ganz klare Kaufempfehlung unsererseits erhält.
Modell: Fiat Panda City Cross Plus 1.0 GSE Hybrid
Motor: Dreizylinder-Reihe, 999 ccm
Leistung: 70PS (51kW) bei 6.000U/min
Drehmoment: 92 Nm bei 3.500U/min
Antrieb: Frontantrieb, Sechsgang-Schaltgetriebe
Verbrauch (WLTP): 4,1 l Benzin/100km
Testverbrauch: 5,7 l Benzin/100km
Beschleunigung (0 – 100km/h): 14,7s
Höchstgeschwindigkeit: 155km/h
Abmessungen (L/B/H): 3,68m/1,66m/1,63m
Gewicht: 1.055kg
Grundpreis: 13.490 Euro (14.490 Euro als City Cross Plus wie getestet)