Manchmal zählt „back to the roots“ mehr als immer nur stetig weitere Höhen zu erklimmen. Das gilt für den Menschen allgemein und für den Automobilredakteur im Speziellen. Irgendwann geht’s nämlich nicht mehr höher, irgendwann ist Schluss. Da ist man (fast) alles gefahren, hat (fast) alles ausprobiert und hat (fast) alles automobil betrachtet erlebt, was möglich ist. Man könnte auch sagen, ab und zu sollte man mal eine „back to basics“-Kur machen. Für uns waren das zwei fröhliche Wochen im Fiat Panda Cross.
Denn der hat eben von allem etwas, aber vor allem etwas weniger: Ja, er hat ein bisschen Leistung, ganze 95 PS. Drehmoment? Stramme 190 Newtonmeter stemmen sich gegen 1,2 Tonnen Gewicht, was in seiner Kombination eine Beschleunigungszeit von 14,3 Sekunden auf 100 Km/h macht. Aber Luxus hat er dann doch wohl? Meine Damen, meine Herren, die Wortgruppe „Luxus“ glänzte in der Ausstattungsliste eines Fiat Panda stets mit Abwesenheit! Portables Navi, Klimaautomatik, Bluetooth und zweimal Heizung (Sitze und Frontscheibe, 500 Euro) gehören dazu und das war es.
Nun, jetzt werden Sie sagen, dass das Gesamtpaket dann ja auch nicht so viel kosten kann. Abgesehen davon, dass „viel“ bekanntlich relativ ist, können wir darauf selbstbewusst „21.290 Euro für den Diesel in der Cross-Version“ antworten. Und das ist – wie wir finden – dann doch viel. Wenn man bedenkt, dass der Basis-Panda bereits mit unter 10.000 Euro startet, erst recht. Doch das Kreuzchen bei „Cross“ macht aus ihm denn schon ein anderes Auto, so rein optisch. Es macht ihn deutlich stämmiger im Auftritt, dank der robusten unlackierten Plastikverkleidungen und dem metallisch glänzenden Unterfahrschutz. Die breite Spur samt leichter Höherlegung tut ihr Übriges dazu. So hat man schon ein kleines Grinsen beim Daraufzugehen im Gesicht – und alleine das unterscheidet den Panda von den ganzen langweiligen Brot- und Butterautos, die sonst hier so herumfahren. Beim Panda schwingt immer ein bisschen Italien mit.
Ein Panda ist außerdem eines der Autos, die nicht viel Leistung oder besonders tolle Ausstattung brauchen, um Fahrspaß im reinsten Sinne zu verbreiten – im Gegenteil: viel Leistung würde ihm sogar den Charakter nehmen. Aus diesem Grund griffen wir auch nicht zum – im Panda noch recht frischen – Zweizylinder-Turbo (90 PS, ab 19.590 Euro als Cross), sondern zum soliden 1300er-Diesel. Knurrig, sparsam und absolut ausreichend im Antritt, um auf den wenig Seitenhalt bietenden Sitzen zumindest ein Gefühl von Beschleunigung zu vermitteln, auch wenn die Beschleunigungswerte … naja Sie wissen schon.
Lässt man sich einmal auf den Panda ein und schwingt sich auf die konturarmen Sitze in Lederoptik, erlebt man in ihm und mit ihm die Leichtigkeit des Seins: er versucht niemals etwas zu versprechen, was er nicht halten kann (italienische Politiker schaffen das zum Beispiel nicht). Er hat Allradantrieb, also sind Optik und Höherlegung berechtigt. Und er leugnet seine Herkunft nicht. Schon vor 36 Jahren, zur Vorstellung im Jahre 1980, war der Panda ein einfaches Auto und ein Arbeitstier, das man selbst heute noch als Postauto in der italienischen Schweiz entdecken kann. Mit hoher Variabilität, günstigem Einstandspreis und Unterhalt sowie Technik, die auch vom rüstigen Rentner neben dem toskanischen Rustico gewartet werden konnte.
Auch heute ist der Panda ein simples Auto: Im Innenraum prägen sehr einfache, aber robuste Materialien das Bild. Sie sind ordentlich verarbeitet und sehen so aus, wie sie sind. Ein bisschen Chic kommt mit den Cross-spezifischen Sitzen und Kunstleder-Stoff-Kombination in den erdigen Innenraum und nimmt ihm die in der Basis-Version sonst so vorherrschende graue Tristesse. Das Gestühl ist bequem und gut dimensioniert, der Seitenhalt definiert sich durch das Gewicht des Fahrers. Je schwerer desto besser. Einzig der Preis für das kurze Auto ist recht hoch, oder sagten wir das schon? Der Diesel ist jedenfalls ohne Allradantrieb als Panda Lounge für 14.690 Euro erhältlich. Das liest und verdaut sich doch schonmal deutlich besser. Zumindest, wem der Allradantrieb, die Cross-Optik und ein paar Zusatzausstattungen entbehrlich sind.
Im Alltag – der ist in Italien und in Deutschland vergleichbar – überzeugt im Panda, egal in welchem, vor allem dessen Wendigkeit und Ergonomie. Die leichtgängige Lenkung lässt ihn auf der Stelle beinahe rechtwinklig abbiegen, die Übersichtlichkeit ist dank großer Fensterflächen und der erhöhten Sitzposition perfekt, Schalthebel und wichtige Schalter (so viele gibt es ja davon nicht) liegen gut erreichbar. Wenig intuitiv ist die Bedienung von Freisprecheinrichtung und Bluetooth-Kopplung, vielleicht lag es auch am Alter des Testredakteurs. Und die Handbremse irritiert ob ihrer seltsamen Form. Der Befestigungspunkt für das portable Navigationssystem ist vom Fahrer viel zu weit weg. Aber wir wollten ja nicht mehr kritteln.
Den Sympathie-Faktor hat der Bär eben auf seiner Seite. Da kann er noch so teuer sein, aber wenn Du mit voll durchgedrücktem Gaspedal in Serpentinen vom Fahrer- auf den Beifahrersitz und wieder zurückrutscht, kommst Du aus dem Lachen kaum noch heraus. Er ist ein echter Kumpeltyp: kommt überall mit, sieht überall gut aus und bringt Dich überall hin. Zumindest fast überall hin. Auf unwegbarem Gelände kratzt es hin und wieder untenrum und der Grip der serienmäßigen Ganzjahresreifen ist relativ schnell am Ende. Aber mit seinem zuschaltbaren Allrad mit starrer 50:50-Verteilung kommt der Panda weiter als so manch vermeintlich erwachsenerer „SUV“.
Und er verbraucht dabei weniger. Im Durchschnitt lagen wir bei fünfeinhalb Liter pro einhundert Kilometer, was in Verbindung mit dem 35-Liter-Tank recht ordentliche Reichweiten ermöglicht, sofern man die theoretische Höchstgeschwindigkeit von strammen 168 Km/h nicht allzu oft ausreizen will. Zweistellige Werte (beim Verbrauch!) erreichten wir nie.
So lässt er uns ein wenig ratlos zurück, der kleine italienische Bär: Stünde er im Tierheim zur Abholung bereit, würden wir ihn sofort mitnehmen. Nicht aber für über 21.000 Euro. Vielleicht wäre ein Basis-Panda 4×4 ein guter Kompromiss.
Modell: Fiat Panda 1.3 16V MultiJet Cross
Motor: Vierzylinder Reihe, Turboaufladung, 1.248 ccm
Leistung: 95 PS (70 kW) bei 4.000 U/min
Drehmoment: 190 Nm bei 1.500 U/min
Antrieb: Allradantrieb mit Visco-Kupplung, Fünfgang-Schaltgetriebe
Verbrauch (ECE): 4,5 l Diesel/100 Km
Beschleunigung (0 – 100 Km/h): 14,3 s
Höchstgeschwindigkeit: 168 Km/h
Abmessungen (L/B/H): 3,70 m/1,66 m/1,63 m
Gewicht: 1.230 Kg
Grundpreis: 21.290 Euro
*Herstellerangaben
Fotos: Felix Maurer