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Im Test: Die Chevrolet Corvette Grand Sport

Zur aktuell siebten Generation der Chevrolet Corvette gibt es viele Zahlen und Fakten. Alleine der Motor könnte mehrere Seiten eines ausufernden Technikberichts füllen. Wir begrenzen unseren Artikel hingegen auf das Wesentliche. Das, was insbesondere die neue Chevrolet Grand Sport so stark macht. Das Fahrkapitel. Dennoch: so ganz kommen auch wir nicht ohne Nummern aus. 466 PS, 630 Nm, von 0-100 km/h in knapp 4,2 Sekunden (Schaltgetriebe), Höchstgeschwindigkeit 290. Ob der Sportwagen im Extremfall bis zu 1,2 g Querbeschleunigung liefert, ist für uns erst einmal nebensächlich.

Also eingestiegen in die tiefe Grand Sport und innegehalten. Mit diesem Geschoss sollen wir auf Deutschlands Straßen fahren? Ohne unser Punktekonto in Flensburg zu gefährden? Wir sind zunächst skeptisch, ob wir das schaffen. Denn bereits im Stand vermittelt die Corvette Grand Sport eine derart sportlich-aufregende Grundspannung, dass man beinahe geneigt ist ins Handschuhfach zu greifen und den dicken Stapel an nachträglichen Eintragungen zu suchen. Gemach; wir sitzen nicht in einem getunten Golf III, sondern in dem wohl schärfsten Konkurrenten für den Porsche 911 GTS. Und so lassen wir zunächst den großen 6,2-Liter-LT1-V8 im Bug der Corvette an, erfreuen uns am herrlich brabbelnden Ton der vier Fanfaren am Heck des Chevrolet und rollen los.

Unsere anfänglichen Zweifel sind schnell verflogen. Zwar ist man sich zu jeder Zeit bewusst in einem Sportwagen zu sitzen, bewegen lässt sich die Corvette allerdings ziemlich handlich. Vor allem wenn man die ersten drei der fünf möglichen Fahrmodi (Wetter, Eco, Tour, Sport, Track) nutzt. Optisch ähnlich ansehnlich präsentiert wie in einem aktuellen Ferrari, hat der Corvette-Pilot die Möglichkeit sein Fahrzeug ganz nach seinem individuellen Gusto einzustellen. Nach knapp 2.000 Kilometern auf Deutschlands Straßen kommen wir überein, dass der Tour-Modus im Alltag die beste Wahl ist. Mit ordentlichem Restkomfort begleitet uns das Magnetfahrwerk, ohne in schnellgefahrenen Kurven die Contenance zu verlieren. Für Rennpuristen ist die Track-Option gedacht. Bretthart, schwer (aber sehr direkt!) zu lenken und mit vielen nützlichen Fahrwerten im virtuellen Display, ist diese Fahrzeugeinstellung überwiegend für den Rundkurs geeignet – der eigentlichen Heimat der Grand Sport.

Die C7 Corvette baut auf einem Aluminiumrahmen auf und wird im Falle der Grand Sport um das GFK-Kleid der breiten Z06 erweitert. Die vergrößerten Radhäuser fassen nun Michelin Super Sport Pneus im Format 285/30/19 vorne und 335/25/20 hinten. Für die nötige Verzögerung sorgen 371 bzw. 365 mm große Bremsscheiben – optional steht eine Carbon-Keramik-Bremsanlage zur Verfügung. Anpressdruck liefern der Z06-Heckspoiler nebst weiterer aerodynamischer Verbesserungen an der Karosserie. Ungewohnt agil für einen Amerikaner bewegen wir die Chevrolet Corvette Grand Sport über enge Landstraßen. Lenkung, Bremsen, Fahrwerk sind mit einem Wort: Grand(e)! Ebenfalls ein Lob hat das Schaltgetriebe verdient. Oft kritisiert wegen ihres siebten Gangs gehört etwas Feingefühl dazu, um die zackig und gut abgestimmte Schaltbox effektiv zu bedienen.

Der direkteinspritzende Sechszweier unter der Carbon-Motorhaube hängt derart brachial am Gas, dass im Alltag und auf der Rennstrecke die ersten vier Gänge völlig ausreichen – erreicht die Grand Sport im Vierten doch bereits Geschwindigkeiten um 240 km/h. Einzig Fahrstufe fünf könnte kürzer angebunden sein. Dafür belohnen uns die drei Spar-Gänge mit Verbräuchen, die wir so nicht erwartet hätten. Wer auf dem Weg zum Track Zeit mitbringt, fährt die 466 PS starke Corvette mit einer Neun vorm Komma – ohne die Zylinderabschaltung zu bemühen. Hinzu kommt, dass die Corvette nur günstiges ROZ 95 Benzin benötigt. Wer es mit dem Sparen auf die Spitze treibt, rollt im Siebten bei unter 1.000 U/min über die Landstraße. Zugegeben: im Normalbetrieb werden es doch eher 15 Liter plus X, die durch die Spritleitungen jagen. Die Corvette Grand Sport giert nämlich förmlich danach, im zweiten und dritten Gang ausgedreht zu werden. Auch ein Zwischenspurt von 100 auf 120 km/h kann schnell den Alltagstrott vergessen machen und zaubert ein breites Grinsen ins Gesicht des Fahrers. Leichtfüßig und ohne Anstrengung beweist der saugende V8, dass man keinen Turbolader braucht um glücklich zu sein.

Glücklich macht uns auch das Interieur der Grand Sport. Bei vielen anderen amerikanischen Modellen immer und immer wieder ein großer Kritikpunkt, gibt es bei der Corvette C7 wenig zu mäkeln. Die teilweise aus Magnesium geformten Competition-Sitze passen perfekt, die ausgewählten Materialien wirken einigermaßen hochwertig und wie von Fahrzeugen aus dem GM-Konzern mittlerweile gewöhnt, ist die Informationsdarstellung im virtuellen Cockpit und dem Head-Up-Display erstklassig. Die zentrale Multimediaeinheit erfüllt ihren Zweck, kann aber weiterhin nicht mit den deutschen Premium-Systemen mithalten. Dafür ist eine gut abgestimmte Bose-Surround-Anlage an Bord, die es erlaubt auch feinere Töne anklingen zulassen. Vor allem dann, wenn man die Abgasanalage mittels Soundmanagement bewusst auf leise gestellt hat.

Fazit

Dieser Motor! Er hat uns im Cadillac Escalade begeistert; er schafft es erneut in der Chevrolet Corvette Grand Sport. So vielseitig wie ein 2,0 TDI aus Wolfsburg, schaffen es die Amerikaner den großvolumigen Generation V Small Block V8 für alle Einsatzzwecke perfekt abzustimmen. Mimt er im Escalade den dicken Schiffsmotor, der gefühlt in der Lage ist Berge zu versetzen, ist es grundlegend derselbe Antrieb in der Corvette, der für ein druckvolles Vorankommen sorgt. Natürlich, auch das Gewicht spielt dabei eine große Rolle. 1.588 Kilo wiegt die Grand Sport. Perfekt im Verhältnis 50:50 auf beide Achsen verteilt. In Verbindung mit der breiten Straßenlage einer Z06, dem famosen Fahrwerk und klebenden Michelin Pneus ergibt sich eine sehr harmonische Kombination aus Leistung und Handling. Stets für den normalgeübten Fahrer beherrschbar, lässt sich die Corvette Grand Sport per Knopfdruck zum ernstzunehmenden Porsche-Schreck verwandeln. Die Zeiten in denen amerikanische Sportwagen nur im Geradeauslauf schnell waren sind definitiv vorbei!

Galerie
Technische Daten*

Modell: Chevrolet Corvette Grand Sport
Motor: LT1 Achtzylinder-V, Saugmotor, 6.162 ccm
Leistung: 466 PS (343 kW) bei 6.000 U/min
Drehmoment: 630 Nm bei 4.600 U/min
Antrieb: Hinterradantrieb, Siebengang-Schaltgetriebe (8-Gang-Automatik)
Verbrauch (ECE): 12,3 l Super /100 Km
Beschleunigung (0 – 100 Km/h): 4,2 s (Schaltgetriebe)
Höchstgeschwindigkeit: 290 km/h
Abmessungen (L/B/H): 4,51 m/1,96 m/1,23 m
Gewicht: 1.588 Kg
Grundpreis (DKG): 94.900 Euro

*Herstellerangaben