Fahrbericht Audi TTS Roadster

Damals, 1998, da war der TT eine Sensation. Damals, da hatte Audi nämlich noch Mut, etwas ganz Neues zu machen. Ein preislich attraktives Coupé, das man wegen seines polarisierenden Designs gerne auch mal Panzerspähwagen nanntet und später wegen seiner tückischen Aerodynamik fürchtete, bis Audi ihm einen kleinen hässlichen Entenbürzel verpasste. Die Steigerung war dann der Roadster. Noch purer und in dem unfassbar guten Nimbusgrau mit Mokassin braunen Ledersitzen, die wie ein Baseballhandschuh zusammengenäht waren – ein absoluter Eyecatcher. Jetzt steht die dritte Generation des TT Roadsters vor uns. Einen Grauton gibt es als Reminiszenz an den Ahn auch wieder, doch hat der TT noch die Anziehungskraft wie vor 16 Jahren?

Audi TTS Roadster Test

Von außen betrachtet erkennt man sofort die Evolution des Designs. Doch was damals bahnbrechend war, ist heute trotz scharf verlaufender Lichtkanten nicht wirklich reaktionär. Ja, eine gute Ingolstädter Designarbeit, mit viel Liebe zum Detail, doch das Herzklopfen fehlt. Auch technisch setzt Audi mehr auf Evolution als Revolution. Wie üblich bei einem Generationenwechsel geht bei TT Nr. 3 die Leistung ein wenig rauf, Gewicht und Verbrauch ein wenig runter.

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Fahrdynamisch hat sich jedoch deutlich mehr getan, als der Blick auf die technischen Daten vermuten lässt. Hauptgrund dafür: Der neue TT basiert auf der MQB Plattform. Das ist der modulare Querbaukasten, der aus der siebten Generation Golf ein unglaublich gutes Auto macht. Die Genetik des TT Roadsters stimmt also und darum schnappen wir uns gleich einmal die aktuelle Spitzenvariante – den TTS – um sie ein wenig durch die mallorquinischen Berge zu scheuchen.

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Für den Sieg zwischen Banybulfar und Andratx wird auch gleich erstmal alles geschärft, was geht. Also Fahrdynamikschalter auf „dynamic“ gedrückt und schon schaltet das S tronic Doppelkupplungsgetriebe einen Gang zurück, ein Bariton mischt sich in den Soundcomposer der vierflutigen Abgasanlage und das serienmäßige magnetic ride Fahrwerk lässt die kleinen Magnetpartikel im Ölbad der Dämpfer für mehr Härte strammstehen. Jetzt nur noch Stoffdach auf und Feuer frei! Und das meint der TTS durchaus ernst. Die 310 Turbo-PS, mobilisiert aus einem 2.0 TFSI, wuchten den 1,5 Tonnen schweren Roadster in 4,9 Sekunden auf 100 km/h.

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Haben wir das nachgemessen? Nein, denn wir nehmen das unserem Testwagen in Vegasgelb sofort ab. Alleine schon, weil der serienmäßige quattro Antrieb souverän die Leistung auf die Straße bringt und die S tronic so herrlich bei den Schaltvorgängen unter Vollast die Zündunterbrechungen als Paukenschläge aus den Endrohren hämmert, dass einem genüsslich die Nackenhaare zu Berge stehen.

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Kälte ist im TTS nämlich kein Grund für aufrechte Nackenhaare und Gänsehaut. Das serienmäßige elektrische Windschott und die optionalen Ausströmer in den Lehnen der Sitze lassen die wenig frühlingshaften Temperaturen auf der spanischen Sonneninsel schnell vergessen. Trotzdem nimmt die Vegetation hier schon langsam Farbe an und man riecht den Blütenduft der einen oder anderen Pflanze, untermalt vom etwas zu künstlich komponierten Sound des TTS, der irgendwie an das raue Timbre des Golf R erinnert.

Doch nicht nur den Sound teilen sich die beiden MQB’ler sondern auch den Allradantrieb, der in Kombination mit einem selektiven Bremseneingriff an den kurveninneren Rädern viel Fahrdynamik auf den kleinen kurvigen Straßen Mallorcas zulässt. Doch im Gegenzug bedeutet dies Schwerstarbeit für die 338 Millimeter großen Bremsscheiben, in die sich die rot gefärbten Bremssättel verbeißen. Denn wo eine mechanische Sperre fehlt, lässt die Elektronik die Bremsanlage nicht zur Ruhe kommen und das riecht man nach getaner Kurvenhatz.

Doch es hat auch eine Revolution stattgefunden beim Generationswechsel von Baureihe 8J zu 8S und diese Veränderung ist so schwer sexy, wie damals der erste TT. Aber diesmal findet die bahnbrechende Umwälzung nicht von aussen sichtbar statt, sondern bleibt ausschließlich den TT Reitern vorbehalten: das virtual Cockpit. Ein volldigitaler Instrumentencluster, dessen 12,3“ TFT-Display mit einer Auflösung von 1.440 x 540 Pixel schlicht begeistert. Mit einer Lichtleistung von 800 Candela ist es völlig egal, ob die tiefstehende Abendsonne direkt auf das Display strahlt, oder man gerade in einen Tunnel eintaucht: die Ausleuchtung ist immer perfekt und blendet nie. Abgerundet wird das Cockpit mit dem aufpreispflichtigen Navigationssystem, das per Druck auf die „View“ Taste am Multifunktionslenkrad die Darstellung von Tacho und Drehzahlmesser in die unteren Ecken schrumpfen lässt, um die 3D Google Earth und Street View Daten zentral ins Blickfeld des Fahrers wandern zu lassen. Überraschend: die Bedienung erfolgt vollkommen intuitiv und ohne große Eingewöhnung.

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Doch Interieur Revolution hin, Exterieur Evolution her: Roadster fahren ist kein günstiger Spaß. Bei 52.300 Euro startet der handgeschaltete TTS, doch S tronic, bis zu 20 Zoll große Räder, Navi, Leder und viele weitere begehrliche Extras lassen den Zweisitzer schnell in die 60.000 Euro-Liga wandern. Viel Geld für ein sportliches Auto, dem in seiner Perfektion eigentlich nur eins fehlt: Charakter.

 

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