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Walter Röhrl ist eine Legende. Zweimal Rallyeweltmeister (1980/1982), 14 Rallye WM Siege, der Sieg beim Pikes Peak Hill Climb 1987 und etliche Erfolge auf der Rundstrecke. Selbst zwanzig Jahre nach seinem Karriereende verehren ihn noch viele Motorsportfans, die ihn auf Grund ihres Geburtsdatums niemals zu seiner aktiven Zeit erleben konnten. Natürlich verehren auch wir den großgewachsenen Rallye-König und so war es uns eine ganz besondere Freude, neben der Lichtgestalt des Rallyesports in einem Opel Ascona 400 Platz zu nehmen, um diesen Ausnahmesportler auf einer Wertungsprüfung im Rahmen des Eifel Rallye Festivals bei der Arbeit über die Schulter schauen zu dürfen. Ein beeindruckendes Erlebnis.
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Nach einer Stunde an der Seite von Walter Röhrl stellt man vor allen Dingen eins fest: Dieser Mann bewahrt immer die Ruhe. Egal, ob er beim durchschreiten des Serviceparks unzählige Autogramme geben muss, oder ob er für ein Foto zum wiederholten Male in eine Kamera lächeln soll. Der schlaksige Bayer ist eben Profi und weiß, was seine Fans von ihm erwarten. Aber erst wenn er in seinem Boliden sitzt, die Tür geschlossen und die Gurte festgezurrt sind, findet er die Ruhe, die er braucht, um die Konzentration für die nächste Wertungsprüfung zu finden. Doch auf dem Beifahrersitz hat beim Eifel Rallye Festival nicht sein langjähriger Co-Pilot Christian Geistdörfer platzgenommen, sondern ich – evocars-Redakteur Axel Griesinger. Und ich schweige erst einmal. Neben einer solchen Ikone sitzt man eben nicht jeden Tag. Doch mit verlassen des Service Parks kommt auch das Gespräch langsam ins Rollen. Es ist der 28. Juli und es geht zur Wertungsprüfung 9. Der rund 270 PS starke Opel Ascona 400 schüttelt sich untertourig auf der Verbindungsetappe im fünften Gang bei rund 3.000 U/min.
Das soll ein veritabler Rallyewagen sein und der Pilot ein begnadeter Rallyefahrer? Aktuell fühle ich mich wie Miss Daisy und Herr Röhrl ist ihr schleichender Chauffeur. Doch so bleibt Zeit für eine kleine Anekdote zu dem gefahrenen Auto: Es handelt sich nämlich um das original Wettbewerbsfahrzeug von 1982, mit dem Walter Röhrl seine zweite Weltmeisterschaft gegen die bärenstarken Audi quattro errang. Überraschend: Das Auto stammt nicht etwa aus dem Fundus von Opel Classic, ein deutscher Privatmann hat diesen Ascona 400 vor zwei Jahren in Afrika aufgespürt und für 90.000 Euro erworben (unter der Prämisse, ihn als Original zu bewahren und nur von Walter Röhrl bewegen zu lassen). In Deutschland wurde der Ascona der zweiten Generation für 200.000 Euro restauriert und ist jetzt das Highlight bei diversen Automobilevents und wird bei Veranstaltungen, wie dem Eifel Rallye Festival, sogar artgerecht bewegt.
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Diese Veranstaltung in der Eifel ist ein Phänomen. Schon im zweiten Jahr ihres Bestehens kann sie das weltweit exquisiteste Teilnehmerfeld (rund 120 historische Fahrzeuge aus fünf Jahrzehnten Rallyegeschichte) und die höchste Dichte von ehemaligen Rallyestars (neben Walter Röhrl auch noch Stig Blomqvist, Hannu Mikkola, Björn Waldegård, Jochi Kleint, Harald Demuth und Sepp Haider) in Folge aufweisen. Nirgends kommt man aktuell näher an solche Stars und Boliden ran, nirgends wird spektakulärer gefahren und nirgends ist die Stimmung entspannter. Das Eifel Rallye Festival zieht jährlich rund 40.000 Zuschauer in den Bann und das vielleicht gerade aus einem Grund: Es wird nur gefahren aus Spaß an der Freude.
Und ich mitten drin auf dem heißen Sitz neben Röhrl. Doch wie fühlt sich eine 12 Kilometer lange Wertungsprüfung neben dem „Genie auf Rädern“ (Niki Lauda über Walter Röhrl) an? Beeindruckend! Denn wenn die Startflagge an der Zeitnahme fällt, verwandelt sich der zwischenzeitlich 65jährige Röhrl zum kompromisslosen Kämpfer.
Auch im fortgeschrittenen Alter liebt er den Wettbewerb und will immer der Schnellste sein. Und genau 30 Jahre nach seinem letzten Weltmeisterschaftstitel auf dem Opel Ascona 400 bläst er wieder einmal zur Attacke. Doch eben genau so, wie es einen Walter Röhrl auszeichnet. Nie übertrieben quer, nie materialmordend, aber unglaublich präzise. Der gebürtige Regensburger pflügt nicht grobschlächtig durch Feld- und Waldwege, nein, er scheint den eifelanischen Straßenmix feinsäuberlich mit unglaublicher Geschwindigkeit zu filetieren. Dabei ist es völlig nebensächlich, ob der Untergrund trocken, nass, schlammig oder schottrig ist. Nur wenn die Lenkradbewegungen etwas unruhiger und die Gaßstöße etwas spitzer werden, merkt es auch der Beifahrer: Die Haftungsgrenze ist fast erreicht. Ansonsten bewahrt Herr Röhrl immer seine souveräne Ruhe, ganz so, wie er sie bereits vor dem Start ausstrahlte.
Nach acht Minuten ist die fahrerische Lehrstunde vorbei. Nein, mir ist dabei nicht schlecht geworden und auch meine Gesichtsfarbe hat sich auf den 12 Kilometern wohl nicht verändert. Aber ich bin zutiefst ergriffen. Ein Moment für die Ewigkeit, der unfassbar schnell vorüberging. Und trotz des beeindruckenden Tempos fühlte ich mich neben der Rallye Legende immer eins: Sicher! Natürlich gab es auf der zurückgelegten Strecke das eine oder andere Aha-Erlebnis und so muss Walter Röhrl nur noch eine Frage beantworten, bevor ich aus dem Opel Ascona 400 klettere: „Haben Sie nach allen den Jahren an der Haftungsgrenze eigentlich noch Schreckmomente?“ – „Nein, nicht wirklich, aber falls doch ist es dann immer schön zu spüren, dass die eigene Sensorik noch funktioniert.“
Wir bedanken uns an dieser Stelle ganz besonders bei der Adam Opel AG, die nicht nur Hauptsponsor des Eifel Rallye Festivals ist, sondern auch diese einmalige Mitfahrt ermöglichte.