E-Lokomotive: der Audi Q7 60 TFSIe quattro S-Line im Test

Oh Gott, nicht schon wieder ein Hybrid. Wen interessiert das denn überhaupt? Eben, keinen. Zumindest keinen echten Autofan. Uns geht es eigentlich auch so. Bis der Audi Q7 60 TFSIe quattro in der Testwagen-Tiefgarage eingeparkt hatte. Denn der ist so gut, er könnte glatt als RS durchgehen. Doch dazu müssen wir ein bisschen weiter ausholen im Test:

Der Hybrid hält nun in seiner Sonderform als Plug-In-Variante mit Stecker in nahezu jeder Fahrzeugklasse Einzug. Bereits die Golfklasse lässt sich von der Kraft der zwei Herzen antreiben und schleppt dafür das Mehrgewicht tapfer mit. Und gerade hier sehen die Kritiker das grösste Problem dieser Antriebsvariante.

Denn sie lässt auf der einen Seite den Verbrenner weiterleben und verschwendet auf der andere Seite Ressourcen. Schliesslich wiegt der komplette E-Antrieb samt Batterien gerne 250kg aufwärts – Ballast der jederzeit mitgeschleppt wird. Das der Stecker-Hybrid mancherorts trotzdem Vorteile bietet zeigt der Audi Q7 60 TFSIe. Den grossen SUV aus Ingolstadt scheint das Zusatzgewicht kaum zu stören.

Design, Platz & Komfort

Fünf Meter und sechs Zentimeter lang, dazu gut zwei Meter breit: der Audi Q7 60 TFSIe ist ein echter Koloss. So tritt er dann auch auf, immerhin ist er seit der jüngsten Modellpflege nicht mehr ganz so wuchtig. Die neuen Leuchten und der frische Grill stehen ihm an der Front mehr als gut. Dazu kommt das Heck mit etwas mehr Chrom und filigranere Grafik an den Lampen.

Im Interieur fand ebenfalls Neues Einzug: ein flächig digitales Cockpit, wie man es nun auf A6 und A8 kennt. Der Rest ist bekannt, etwa die fantastische Verarbeitung – besonders des Leders – und das kathedralengleiche Platzangebot. Denn man kann von grossen SUV halten was man will, in Sachen Raum kommt so schnell nichts an sie heran.

Gleiches gilt für den Komfort, vor allem wenn man auf zu grosse Räder verzichtet. Unser Testwagen hatte 20-Zoll-Bereifung montiert und diese harmonierte mehr als perfekt mit dem adaptiven Luftfahrwerk. In Kombination mit doppeltem Isolierglas und flüsterleisem E-Antrieb gleicht der Audi Q7 60 TFSIe einer Sänfte.

Technische Highlights

Herzstück des grossen Audis ist natürlich sein doppelter Antriebsstrang. Man kennt die Spielart schon aus Zuffenhausen, wenn auch hier in leicht geänderter Konfiguration. Was vor allem an den 168 Prisma-Zellen liegt, die gemeinsam 17,3kWh Energievorrat bereithalten. Damit packt es der 128PS starke Elektromotor durchaus 50 Kilometer weit im Alltag.

Dabei unterstützt ihn – wir wiederholen uns hier – der sensationell arbeitende Effizienzassistent. Besser noch als selbst der erfahrenste Indianer kann er nicht nur Spuren lesen, sondern auch die zukünftige Strecke. Er erkennt Kurven, Gefälle, Steigungen, Kreuzungen, Verkehrsschilder und andere Fahrzeuge. Das alles rechnet er zusammen und sorgt dafür, dass der grosse weisse Wagen mit perfekt angepasstem Tempo dahingleitet.

Und es funktioniert wirklich prächtig. Unsere Elektroreichweite, die mit teils mehr als 50 Kilometern deutlich über dem Normwert von nur 43km lag, zeigt das. Für den täglichen Stop&Go-Pendelverkehr ist der TFSIe Q7 entsprechend bestens gerüstet. Auf weiteren Strecken springt ihm dann der Dreiliter-V6-Turbo bei, dessen 340PS und 450Nm prächtig anschieben.

Wie fährt der Audi Q7 60 TFSIe?

Bemerkenswert flott. Gerade auf den ersten Fahrten mit vollem Akku und etwas straffem Zeitplan überraschte der Q7. Denn seine Performance entsprach so gar nicht dem, was wir von den V6-Turbos aus Ingolstadt kennen. Mächtig, vor allem aber unmittelbar greift der Antrieb zu, schiebt ohne Gedenksekunde erbarmungslos an.

Im ersten Moment ist man wirklich überrascht. Dabei waren wir weder im Sport- noch sonst einem irgendwie zugeschärften Fahrmodus. Es ist die natürliche Art des 60er Hybrid-Antriebs. Die 350 Elektro-Newtonmeter packen derart wirkungsvoll zu, dass sie dem 3,0er-Benziner perfekt unter die Arme greifen.

In Summe wirkt der Hybrid-Antrieb in manchen Situationen souveräner und sportlicher als der aktuelle RS-Antrieb. Der Rest des Fahrens ist kathedralen-typisch: bedingungslos komfortabel, praktisch lautlos und absolut luxuriös.

Fazit

Die meisten der grossen SUV finden die perfekte Infrastruktur vor: in der heimischen Garage des noblen Vororts. Dort werden sie geladen und fahren dann elektrisch zur Schule, zum Sport, zum Shopping. Und mit der aktuellen Generation des PHEVs geht sich das wirklich aus. Selbst wenn nach 50 Kilometern der Verbrenner mittut, so ist er am Ende dann doch extrem sparsam.

Das Feindbild des Ressourcenverschwenders passt also nur noch zum Teil auf den Audi Q7 60 TFSIe. Natürlich muss man ihn sich auch leisten können, in vollem Ornat kostet er über 120.000 EUR. Doch dafür gibt es den derzeit mit Abstand besten SUV aus Ingolstadt.

Technische Daten:

Modell: Audi Q7 60 TFSIe quattro S-Line
Motor: Sechszylinder V-Motor Turbo, 2‘995ccm
Leistung: 340PS (250kW)
Drehmoment: 450Nm
Elektromotor: Permanenterregte E-Maschine
Leistung: 128PS (94kW)
Drehmoment: 350Nm
Systemleistung: 456PS (335kW)
Systemdrehmoment: 700Nm
Antrieb: Allradantrieb, 8-Gang-Automatikgetriebe
Verbrauch kombiniert (NEFZ): 3,0l/100km + 22,9kWh/100km
Testverbrauch: 8,8l/100km + 4,1kWh/100km (Langstrecke)
Testverbrauch elektrisch: 27,1kWh/100km (rein elektrisch bei 45km gefahrener Strecke)
Beschleunigung (0 – 100 km/h): 5,7s
Höchstgeschwindigkeit: 240km/h (abgeregelt)
Abmessungen (L/B/H): 5,06m / 1,97m / 1,74m
Gewicht: 2‘535kg
Grundpreis: 89.500 EUR
Testwagenpreis: 123.825 EUR

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