Driven: Porsche Cayman S (Modell 2009)

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Schneller, stärker und besser. Mit dem neuen Cayman S will Porsche nochmal ein paar Schippen drauflegen. Der 3,4-Liter-Boxer ist von 295 auf 320 PS erstarkt, der Verbrauch sinkt dank Doppelkupplungsgetriebe (PDK) und Benzindirekteinspritzung um 16 Prozent auf 9,4 Liter und die Sprintzeit verkürzt sich auf 4,9 Sekunden. Wie das geht? Tja, Porsche hat extrem viel Hirnschmalz in einen komplett neuen Boxer-Motor gesteckt, das PDK aus dem 911 angepasst und dabei das Cayman-Gewicht bei rund 1,3 Tonnen gehalten (BMW Z4 M Coupé: 1500 Kg). Zack, fertig ist der Mittelmotor-911er. Wir sind den knapp 61.000 Euro teuren Cayman S unter Andalusischer Sonne probegefahren und finden: Eh man sich fürs gleiche Geld einen gebrauchten 911er Bj. 2005 kauft, sollte der 2009er Cayman S auf der Wunschliste stehen.

Kollege Fabian und ich haben uns einen schreigelben Cayman S mit Keramik-Bremsen (PCCB, 8032, 50 Euro), Carbon-Schalensitzen (2522,80 Euro), schwarzen Alufelgen im 19-Zoll-Format (3016,65 Euro), Sport Chrono Paket Plus (1094,90 Euro) und natürlich mit PDK (2945,25 Euro) ausgesucht und machen uns frohgemut auf die Strecke. Es erwarten uns rund 180 Kilometer durchs spanische Hinterland.

Schon beim Platznehmen fällt der perfekte Sitz der Sportschalen auf. Mal sehen, ob das Gestühl nach zwei Stunden immer noch Spaß macht. Der Blick wandert durchs Cockpit, erkennt sofort das bekannte Cayman-Layout, das neue Lenkrad mit den gewöhnungsbedürftigen PDK-Wippen und das neue PCM (2921,45 Euro) mit Touchscreen und 40-GB-Festplatte. Und sonst? Der Schuh passt! Auch im neuen Cayman wird sofort klar: Man sitzt in einem waschechten Sportwagen, hier können Nissan 350Z und BMW Z4 nicht mithalten.

Beim Drehen des Zündschlüssels erwacht der neu entwickelte 3,4-Liter-Boxer mit Benzindirekteinspritzung im Rücken von Pilot und Co-Pilot zum Leben. Zunächst etwas schüchtern röchelte er seine Kraft aus den beiden runden, mittig platzierten Endrohren, die so vortrefflich an den Porsche GT3 erinnern. Wir gönnen dem Boxer, dessen roter Bereich jetzt bei 7200 Umdrehungen beginnt (vorher 7100 U/min), seine Aufwärmphase und gleiten die ersten Autobahnkilometer dahin. Im Automatikmodus schickt uns das PDK ruckzuck in den siebten Gang. Dass der 320-PS-Motor so nur 9,4 Liter im Schnitt verbrauchen soll, glauben wir sofort.

Schon bald verlassen wir das schnöde, gerade Asphaltband und biegen ein auf kurvige und menschenleere aber nicht immer astrein geteerte Landstraßen. Letztere Erkenntnis ist auch der Grund, weshalb ich schon nach wenigen Metern das PASM-Fahrwerk (1547 Euro) wieder von „Sport“ auf „Normal“ stelle. Die durchgereichten Stöße und ruppigen Hopser auf diesem Untergrund sind nur was für Masochisten. Unangetastet lassen wir auch das PSM (ESP bei Porsche). Die Elektronik erlaubt ausreichende Driftwinkel und das stetig flackernde PSM-Symbol im Display zeigt an, dass unsere Entscheidung richtig war. Mehr als einmal rettet uns der perfekt abgestimmte Schutzengel vorm Abflug.

Wie mit dem Skalpell geschnitten lässt sich das mit 235 (vorne) und 265 Millimeter (hinten) breiten Schlappen besohlte Kroko durch die extrem engen Kurven zirkeln und mehr als einmal loben wir im Cockpit die brutal standfesten 350mm-Keramik-Teller der PCCB. Die Gangwechsel am Lenkrad gehen langsam etwas routinierter von der Hand, auch wenn wir mitdrehende Paddels hinter dem Lenkrad vorziehen würden. Ich werde mit den Wippen nicht warm und entscheide mich, die Gangwahl über den Schalthebel zu erledigen. Zwar gelingt dem PDK die perfekte Gangwahl selbst bei sportlichster Gangart auch ganz automatisch, doch wer die Entscheidung nicht aus der Hand geben möchte …

Rund zwei Stunden nachdem wir uns auf den Weg gemacht haben, kommen wir ziemlich fertig zurück zum Hotel. Der gelbe Renner hat sich keine Schwächen geleistet, die Sitze haben sich als voll Alltagstauglich erwiesen und lediglich etwas Keramikabrieb auf den Felgen zeugt von unserem harten Ausritt. Natürlich konnten wir angesichts unserer Drehzahlorgien den angegebenen Durchschnittsverbrauch nicht einhalten, bei ruhiger Gangart dürften das mit dem PDK aber kein Problem drin sein. Wer’s darauf anlegt wird wahrscheinlich sogar die 9,0 knacken.

Fazit: Schon den Vorgänger-Cayman fanden wir fabelhaft, mit dem neuen Modell ist die Begierde nicht geringer geworden. Im Gegenteil. Wer dem Mythos 911 widerstehen kann, der ist beim 2009er Cayman S genau richtig. Fürs Alltägliche sind PASM, Sport Chrono Plus (mit Launch Control), Carbon-Schalen, und Keramik-Bremsen nicht nötig, wer auch auf dem Weg zur Arbeit Rennsport-Flair atmen und beim Wochenendrennen auf Nichts versichten möchte, der kommt um diese Features aber nicht drumherum. Mit dem neuen Cayman S ist Porsche schon wieder ein Dr. Jekyll mit Mr. Hyde-Herz gelungen. Bravo!