Driven: Honda S2000

[imagebrowser id=676]

Déjàvu! Coupé-Form, rot, heckgetrieben, Hochdrehzahl-Motor, japanischer Hersteller, rund 37.000 Euro teuer, knapp 240 km/h schnell – Potzblitz, hatten wir den RX-8 nicht zurückgegeben?????? Doch halt. Auf dem Kotflügel des neuen evocars-Testwagens steht S2000. Ein klares Anzeichen dafür, dass es sich hier um einen Honda handelt. Und richtig. Die kleine neckische Stoffkapuze, nicht existierende Fondsitze und eine aggressive Frontmaske sind weiter klare Erkennungsmerkmale des RX-8-Konkurrenten. Kurze Einführung? Bitteschön: Zweiliter-Vierzylinder-Sauger mit 240 PS (bei Markteinführung die höchste Literleistung am Markt), 208 Newtonmeter Drehmoment (bei 7.500 U/min) und eine Sprintzeit von 6,2 Sekunden.

Nicht schlecht, oder? Doch die eigentliche Stärke des Spielmobils liegt abseits der Daten & Fakten: Der S2000 ist ein ehrlicher Sportler. Keine Zicke, die den Fahrer in Sicherheit wiegt und dann anders reagiert als erwartet. Kein Mainstream-Cabrio, mit dem Mutti zur Arbeit fahren möchte. Der scharfe Japse ist ein puristischer Roadster durch und durch.Wer sich tief in die Sitze hat rutschen lassen, der freut sich über einen stummelig kurzen Schaltknauf auf Brusthöhe, einen breiten und hohen Mitteltunnel sowie ein echtes Playstation-Lenkrad. Das lässt sich zwar weder in Höhe noch Länge verstellen, liegt aber traumhaft in der Hand. Nur größer als 1,85 Meter sollte man nicht sein. Dann wird’s eng und der Weg zum freundlichen RX-8-Dealer sollte in Erwägung gezogen werden.

Wer sich glücklich ins scharfe S gequetscht hat, denkt nicht mehr ans Aussteigen. Zu gut passt das Gestühl, zu entspannt geht’s auch ohne Navi-Schnickschnack und Knöpfchen-Armada. Alles ist da, wo es hingehört, nichts lenkt ab vom Blick auf die Kurven, die es zu schnippeln gilt. Also Zündschlüssel gedreht und … Nichts! Ach ja, Startknopf. Der Vierzylinder erwacht zum Leben. Erst etwas grummelig, dann leise vor sich hinsäuselnd. Der Blick fixiert den digitalen Drehzahlmesser, dessen Bereich den Begriff „Band“ noch verdient. Von links nach rechts, übers gesamte Kombiinstrument zieht sich die Skala von 0 bis 10.000! Richtig gelesen. Im Extremfall wandern die Balken erst in Orange bis 9.000, dann in mahnendem Rot bis zu irrwitzigen 10.000. Da heißt es „Versuch macht klug“. Und da die Sonne scheint, entriegeln wir das Dach, ziehen am „Roof-Button“, warten zehn Sekunden und schicken uns an, das Drehzahlmonster openair auszuführen.

Es ist der Hammer: Die „Rote Zora“ dürstet geradezu nach Drehzahl. Animiert, ja verführt zu halsbrecherischen Ausflügen jenseits der 8.000 Umdrehungen. Verzückt halten wir den orange leuchtenden Balken bei Laune, verabschieden uns vom Normalen. 8.500 – 9.000 – 9.500 …Wie eine Furie tobt der S2000 mit uns durch den Hamburger Freihafen. Gut, dass Sonntag ist und die Straßen wie leergefegt. In jeder Kurve sind wir kurz vorm Dreher, den nur das serienmäßige Sperrdifferenzial (LSD) verhindert. Zwar macht das Heck Anstalten auszubrechen, wird dann aber eingefangen und zur Raison gerufen. Wir wollen es wissen und schicken die elektronischen Helferlein in den Feierabend. Was jetzt kommt, ist ehrlicher, geiler Spaß. Donuts, Drifts, U-Turns – dieser Wagen ist eine echte Fahrmaschine. Die Lenkung ist ultra-direkt, die Schaltwege so kurz und knackig wie bei keinem anderen und das Fahrwerk paust den Fahrbahnbelag ins Cockpit durch. Herrlich. Wir fahren, bis der Tank leer und die Sonne untergegangen ist.

Neuer Tag, neuer S2000-Ausflug. Diesmal geht’s auf die Autobahn. Schließlich stehen 240 PS im Datenblatt und die gilt es loszulassen. Wir suchen uns eine Auffahrt, die ohne Limit auf die Bahn führt und schießen im zweiten Gang bis 105 Sachen, hauen den Dritten rein und brettern mit 160 aufs dreispurige Asphaltband. Vierten, Fünften, Sechsten – der 1.270 Kilo leichte Roadster geht gut, könnte aber gefühlt noch 50 PS mehr vertragen. Nichts desto trotz passieren wir 240 recht locker und sind bei 250 noch 100 Umdrehungen vom roten Bereich entfernt. Geht doch! Einziges Manko: Ab 140 km/h wird’s im S2000 Stoffdach-bedingt laut. Bei 200 ist an Radio-Beschallung nicht mehr zu denken und wer das Pedal voll auf Blech tackert, der braucht starke Nerven, dann werden die Hände feucht und die Pupillen des Beifahrers groß. Nein, hier fühlt sich der kleine Sprinter nicht wohl. Dieser Japaner steht für Landstraßen-Action, Industriegebiet-Spaß und verdrehte Köpfe beim Innenstadt-Burnout.