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Driven: Audi RS4 Avant

Leichtbaumaßnahmen sind in aller Munde. Nicht nur der EU-Fahrzyklus zwingt die Fahrzeughersteller, die neuen Modelle auf Diät zu setzen. Denn weniger Gewicht ist nicht nur in Sachen Verbrauch ein Segen, auch beim Fahren machen sich die Einsparungen bemerkbar. Vor allem auf der Rennstrecke kann es nicht leicht genug sein. Da erscheint es auf den ersten Blick etwas erstaunlich, dass Audi den neuen RS4 nur als Avant anbietet, drückt das Kofferraumabteil doch tüchtig auf die Waage. Die Ingolstädter kontern trocken, die RS-Modelle seien schließlich als Avant geboren worden und dass für die treue Fangemeinde sowieso nichts anderes in Frage käme.

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Und das Rezept bleibt seinem Ursprung treu: Man nehme einen Audi A4 Avant, verpasse ihm eine grimmige Frontschürze, massiv ausgestellte Radhäuser, 19-Zoll-Räder und eine paar mächtige Endrohre. Optisch ist der neue RS4 also gleich als Alphatier zu erkennen, wenn man den Motor angelassen hat, wird auch dem letzten Passanten klar, dass es sich hier nicht um einen selbstzündenden Langstrecken-TDI handelt. Denn der 4,2-Liter-V8 macht schon nach der ersten Kurbelwellenumdrehung unmissverständlich klar, wer in der Startaufstellung ganz vorne steht.

Denn hier dämpfen keine Turbolader den Sound, mischt sich kein Kompressor in die Geräuschkulisse – hier gibt es einfach acht große Kolben, die sich ihre Verbrennungsluft noch selbst durch die Airbox ziehen. Im Leerlauf wummert das FSI-Aggregat bereits mit tiefem Bass, um dann irgendwo in den 8000ern mit heftigem Heavy-Metal-Beat in den Begrenzer zu hämmern. Und dort oben auf der Drehzahlleiter ist es dann auch am Schönsten. Hier beißt der Motor richtig zu, lockt mit der unvergleichlichen Feinnervigkeit, wie sie eben nur ein echter Sportmotor bieten kann und lässt den etwas müden Drehmomentverlauf im Keller vergessen.

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Und damit haben wir auch schon die Achillesferse des RS4 Avant angesprochen. Den Alltagsfahrbetrieb. Natürlich rollt das Fahrwerk im comfort-Modus hinreichend komfortabel ab, das Interieur ist – wie bei Audi-typisch – über alle Zweifel erhaben und doch ist es ein unangenehmer Moment, wenn Dich auf der Autobahn am Ende des Tempolimits der scharf gefahrene Passat überrascht. Die siebte Fahrstufe des s-Tronic Doppelkupplungsgetriebes ist nämlich derart kraftstoffsparend lang ausgelegt, dass der Motor irgendwo im Niemandsland des Drehzahlbandes herumdümpelt. Und deshalb wird der Vollgasbefehl in dieser Situation nur etwas spärlich umgesetzt.

Man muss also die neumodischen Drehmoment-Surf-Gewohnheiten über Bord werfen, beherzt in den Dritten herunterflippern und den 4.2er gen Drehzahlhimmel schicken. Dann wird das Lächeln auf den Lippen wieder breit und der Passat im Rückspiegel klein. Aber auf der Autobahn sind viele schnell. Also Blinker setzen und den RS4 Avant auf die kurvigen Bergstraßen der Steiermark schicken (denn hier fand die Präsentation des 2012er Modells statt, zu der wir eingeladen waren). Kaum sind Lenkung, Fahrwerk, Sportdifferenzial und Motor in den dynamic-Modus gestellt, schon kennt der Audi kein Halten mehr. Die optionale Keramikbremsanlage verschiebt die Bremspunkte tief in den Kurvenscheitel und lässt sich auch vom gewichtigen Kombiheck wenig beeindrucken. Die adaptive Dynamiklenkung sorgt für ein behändes Einlenkungen und bietet trotz ihrer elektrischen Unterstützung ein ordentliches Maß an Gefühl. Der heckbetonte quattro-Antrieb – 60% der Antriebsleistung gehen an die Hinterachse – und das torque-vectoring des Sportdifferenzials sorgen am Kurvenausgang dann im Zusammenspiel mit den 450 PS für schlupffreien Vortrieb.

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Soweit, so gut. Wie wird der neue Topsportler aus Ingolstadt aber dem R in seinem Namen gerecht? Das galt es während ein paar fliegender Runden auf dem RedBull-Ring auszuloten. Um es vorweg zu nehmen: Wir waren überrascht. Von einem Kombi mit gut 1800 kg Leergewicht hätten wir eine derartige Leistung nicht unbedingt erwartet. Natürlich haben wir es hier nicht mit einem Porsche-Killer zu tun, aber der RS4 Avant schlägt sich mehr als wacker. Großen Anteil an dieser Leistung hat der oben angesprochene quattro-Antrieb. Durch das Kronenrad-Differenzial kann er das Drehmoment in weiten Bereichen zwischen Vorder- und Hinterachse verteilen und in Kombination mit der Momentenüberlagerung des Sportdifferenzials zu Gunsten des kurvenäußeren Hinterrades wurde ihm das typische Untersteuern aberzogen. Klar, wer in der Kurve ängstlich aus dem Gas geht, erntet einen gutmütig über die Vorderachse schiebenden Avant – zieht man jedoch weiter tapfer am Kabel, dreht sich der Ingolstädter sanft in die Kurve ein um sich dann im Scheitel mit auf Durchzug gestellter Drosselklappe auf die nächste Gerade zu stürzen.

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Natürlich lässt sich die Physik auch in einem Audi nicht überlisten und so baut die Performance nach einer handvoll scharf gefahrener Runden spürbar ab. Die Pirelli P-Zeros sind mit ihrer Aufgabe einfach überfordert und quittieren überhitzt ihren Dienst. Doch für ein Auto, das man bei Bedarf nicht nur mit der bessern Hälfte, sondern auch mit Kind, Kegel und Schwiegermutter fahren kann, ist die Leistung auf der Rennstrecke wirklich beachtlich. Und so macht der RS4 Avant seinem Namen wieder alle Ehre, er ist eben ein echter Renntransporter.

Technische Daten
Modell: Audi RS4 Avant
Motor: V8, Sauger, 4172 ccm
Leistung: 331 kW / 450 PS bei 8250 U/min
Drehmoment: 430 Nm bei 4000 bis 6000 U/min
Antrieb: Allrad, Siebengang-Doppelkupplung
Gewicht: 1870 Kg
Verbrauch: 10,7 Liter/100 Km Benzin
0-100km/h: 4,7 Sek.
Vmax: 250 km/h abg.
Preis: ab 76.600 Euro