Wenn das Seitenfenster zur Frontscheibe wird, die hinteren Pneus binnen Minuten verschleißen und Kurven ersehnt werden wie der neue Katalog von HKS oder Blitz, dann befinden wir uns im Land der Drifter – in Japan.
Nicht erst seit dem dritten Teil der „Fast and Furious“-Reihe (Tokyo Drift) wissen wir, dass in Japan gerne und vor allem gerne lange quer ums Eck gefahren wird. Jeder Wagen mit Heckantrieb ist den Jungs und Mädels aus dem Land der aufgehenden Sonne recht, um leergeräumt, aufgemotzt und bei halsbrecherischen Tempo durch die Kurven der Gegend gescheucht zu werden. In den angehängten Videos bekommt man einen guten Eindruck davon, wie verrückt unsere illegal agierenden, rechts-lenkenden Kollegen am Steuer von Lancer EVO, RX-7, Supra, Nissan 200 ZX, Skyline und all den anderen Reisschüsseln sind. Denken Sie, illegale Straßenrennen in Deutschland seien gefährlich, dann bedenken Sie: Zumeist finden diese auf selbst abgesperrten Straßen aber immer auf einer geraden, überschaubaren Strecke statt. Beim Driften hingegen werden Kurven in ihrer ganzen Breite ausgenutzt, der Wagen quer hindurchgetrieben. Das erfordert nicht nur entschieden mehr Können als stumpfes Geradeaus-Geballer, es ist auch zigmal gefährlicher für unbeteiligte Verkehrsteilnehmer.
Natürlich gibt es in Japan (wie überall in Asien) auch diverse offizielle Drift-Veranstaltungen auf Rennstrecken. Um den Helden wie Toshiki Yoshioka, Daijiro Yoshihara oder Nobuteru Taniguchi nachzueifern, geht’s aber wie erwähnt vor allem abseits der Rennstrecken richtig zur Sache. Vor allem nachts üben die „Nachwuchs“-Fahrer und schrotten regelmäßig ihre Wagen. Abgefahrene Schürzen und angedengelte Kotflügel sind da nur die kleinsten Schäden. Besonders interessant: Ein schönes Auto zählt nur auf dem Parkplatz, auf der Straße kommt’s aufs Können an. Hier werden zurechtgemachte Hecktriebler aus den 80ern und 90ern genauso akzeptiert wie topaktuelle Renner á la Nissan 370Z und Mazda RX-8. Und eben diese Mischung macht den Reiz der Szene aus und erklärt, weshalb die Driftwelle längst auch in die USA und zu uns nach Deutschland geschwappt ist. Es bleibt nur zu hoffen, dass rechtzeitig Flächen zum üben bereit gestellt werden, damit nicht auch bei uns dereinst quer stehende 3er BMW, Mercedes CLK oder betagte Porsche 911er die Land- und Umgehungsstraßen unsicher machen.