Was ist denn bloß mit Audi loß? Erst parkt man den Handelsvertretern einen wenig neuen A4 vor die Nase, dann schockiert man die Coupé-Fraktion mit dem verschön-schlimmerten A5 und zu guter Letzt polarisiert Audi mit dem neuen „alten“ Q5. Ja, er sieht langweilig aus. Wie der Vorgänger nur mit neuen, optionalen, Scheinwerfern. Eine Sicke hier, ein Strich dort. Die äußerlichen Veränderungen lassen sich auf eine halbe DIN-A4 Seite packen. Innen sind die Vier Ringe weiterhin ganz vorne dabei – keine Frage. Aber mit dem Rest hat sich Audi sicherlich keinen Gefallen getan.
Der neue Audi Q5 hat allerdings nicht nur ein optisches Problem, sondern „glänzt“ auch unter dem Blechkleid durch fehlende Innovationen. So wiegt der Mittelklasse-SUV in der zweiten Generation weiterhin stolze 1.845 Kilogramm (2.0 TDI quattro) und liegt damit auf einem Niveau mit BMW X3 (der gar 20 kg leichter ist) und Mercedes GLC. Der viel zitierte Vorsprung durch Technik – wo ist er? Vor einigen Jahren hätte man noch argumentieren können, dass Audi ein Mehrgewicht durch seinen permanenten Mittendifferenzial-Allrad quattro herumschleppen muss. Aber auch diese Technik-Bastion scheint zu fallen. Wie schon der neue Audi A4, erhalten auch die Einstiegs-Motorisierungen im Q5 nur noch einen „Permanent verfügbaren Allradantrieb quattro“. Im Audi-Fachchargon heißt das: Quattro-ultra! Wir nennen es: 4-Motion 2.0. Was früher von Audi 80 bis Audi V8 ein echt permanenter 50:50 quattro war und später heckbetonter wurde, wird nach und nach zum teuren Marketing-Gag ohne Alleinstellungsmerkmal gegenüber der Konkurrenz.
Zwar proklamiert Audi durch das neue Allrad-System einen Minderverbrauch von gut und gerne 0.3-0.5 Liter / 100 Kilometern – die Frage muss aber gestellt werden dürfen, ob das den enormen Entwicklungsaufwand und das Überleben von vier (!) Audi-Entwicklungs-Chefs wert wahr? Schließlich arbeiten im quattro-ultra eine Vielzahl von, teuren, elektronischen Bauteilen und Steuergeräten. Und so kann man davon ausgehen, dass das System (damit es sich rechnet) auch vor den größeren Baureihen nicht halt machen und den „echten“ permanenten Mittendifferenzial-Allrad auf kurz oder lang immer weiter ablösen wird.
Verdruss auch beim Antrieb. Der neue Audi Q5 kommt allen voran wieder mit dem 2.0 TDI und 3.0 TDI auf den Markt. Bei den Benzinern gibt es einen 2.0 TFSI und irgendwann im kommenden Jahr folgt der angeschärfte SQ5. Selbst ein RS Q5 steht derzeit im Raum. Es fehlt eine echte Alternative zu Schummel-Diesel und Otto-Motor. Ein Plug-In-Hybrid wäre doch schonmal ein guter Anfang gewesen. Soll auch kommen – aber erst „irgendwann“ 2017. Derzeit geplante, rein elektrische, Fahrstrecke: Ca. 50 Kilometer. Mittlerweile etwas wenig, wenn selbst ein Q7(!) e-tron diesen Wert im Datenblatt stehen hat.
Nicht, dass wir uns missverstehen: Audi baut nach wie vor sehr gute Autos. Aber von so einem, für die Marke Audi, wichtigen Modell wie dem Q5 hätte man schon mehr erwartet. Er sollte der Heilsbringer sein, der den Ingolstädtern – zusammen mit dem A4 – weiterhin einen Platz ganz weit oben im Wettstreit mit Mercedes und BMW sichert. Die ersten Fahrberichte, die überwiegend positiv ausfallen, bestätigen diesen Anspruch. Ob die Lösung des derzeit stotternden Absatzes allerdings ein Midsize-SUV ist, der wieder mit einem Diesel beworben und ausschließlich in Mexiko gefertigt wird, bleibt abzuwarten. Ganz auszuschließen ist es nämlich nicht, dass allen voran die amerikanischen Kunden dem Q5 den Rücken kehren. Die Milliarden-Investitionen in einen neuen Allrad, einen besser federnden neuen „alten“ Q5 und dem Aufbau des mexikanischen Audi-Werks in San José Chiapa würden für die Marke dann schnell zu einem halsbrecherischen Manöver werden.