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Brite mit sechs Türen: der MINI Cooper SD Clubman im Test

Wir können uns noch recht gut an die Präsentation des ersten MINI Cooper Clubman unter der BMW-Regie im Jahre 2007 erinnern. Damals war der Kombi-Mini, dessen Name bewusst an den Urahn aus den Siebzigern angelehnt war, vollkommen andersartig. Ein ungewöhnliches Türkonzept mit zwei gegenläufig öffnenden Türen auf der Beifahrerseite sowie zwei Klapptüren am Heck sorgten für eine gewisse Polarisierung unter den MINI-Fans, sodass sich schnell zwei Gruppen auftaten: die Einen, die ihn liebten, die anderen, die ihn hassten. Für jemanden, der etwas mehr Platz als im normalen Dreitürer benötigte oder sich schlicht aus der MINI-Masse abheben wollte, war der Clubman mit der internen Bezeichnung R55 daher erste Wahl.

Doch wie sollte es nach der Vorstellung des Nachfolgers F56 weitergehen, der sowohl als Drei- aber auch als längerer Fünftürer nun in der Preisliste stand? Schon letzterer überragte den bisherigen Clubman in seinen Ausmaßen, sodass man sich bei BMW für einen Kniff entschied: der neue Clubman, nun auf satte 4,25 Meter in der Länge und 1,80 Meter in der Breite angewachsen, sollte der neue Golf-Konkurrent der Briten werden. Größer und komfortabler als der Dreitürer und doch mit dessen knackigen Eigenschaften als Kurvenräuber gesegnet, sollte er dem teutonischen Volks-Wagen das Fürchten lehren. Hinzu kam, dass man in München nicht verlernte, mit ungewöhnlichen Türkonzepten zu polarisieren: so behielt man die Doppeltür am Heck bei, fügte jedoch zwei herkömmliche Türen für die Hinterbänkler hinzu. Die Optik und auch der Umgang mit dem Sechstürer ist durchaus gewöhnungsbedürftig, wie wir auf einer Reise zwischen der bayerischen und der österreichischen Landeshauptstadt erfahren durften.

Als standesgemäße Motorisierung sollte es der größte Dieselmotor gepaart mit einer Achtgangautomatik sein. Dieser Antrieb ist, nebenbei bemerkt, auch der stärkste, wenn man vom Drehmoment ausgeht. Satte 400 Newtonmeter stemmt der quer eingebaute Zweiliter auf die Kurbelwelle – das sind immerhin 50 mehr als im John Cooper Works. Der Verbrauch hingegen gibt sich weitgehend zurückhaltend. Fünf Liter Diesel benötigten wir auf den tempolimitierten Autobahnen im Nachbarland, etwas mehr wurde es bei schnellerer Gangart in Deutschland und häufigem Kurzstreckenbetrieb, doch eine Sieben sollte nie vor dem Komma stehen. Ordentliche Werte, jedoch nichts, was vom Hocker haut. Und auch der schnelle Blick in die Preisliste schockt den Kenner der Lifestyle-Marke nicht mehr: 33.340 Euro für den großen Diesel samt Sport-Automatikgetriebe (wobei der Zusatz Sport schlicht für die Schaltwippen am Lenkrad steht) verlangt MINI – das ist exakt das Niveau des Konkurrenz-Wolfsburgers namens Golf GTD und dessen Siebengang-DSG. Doch kann der MINI Cooper SD Clubman den Alltag sowie die Reise ebenso gut?

Fest steht: die Platzverhältnisse sind mehr als ausreichend und der große Alukoffer passt problemlos in den zweitürig zu öffnenden Kofferraum. Das Raumgefühl ist jedoch durch die steil stehenden und vergleichsweise kleinen Scheiben ein ebenso knapperes, die Mittelkonsole und das Armaturenbrett wirken dank vielen unterschiedlichen Materialien, dem verwendeten Chrom und Lichteffekten überfrachtet, was den beengten Eindruck verstärkt. Hinzu kommt das optionale Head-Up-Display, das seine Informationen lediglich auf eine ausfahrende Scheibe projiziert und damit nicht nur die „billige“ Variante des ansonsten sehr gut arbeitenden BMW-Systems ist, sondern auch um 600 Euro Aufpreis für noch mehr optische Unruhe auf der Armaturentafel sorgt.

Aber: wir sitzen sehr bequem auf den serienmäßigen Sportsitzen samt ausfahrbarer Unterschenkelauflage, genießen guten Seitenhalt und absolut ausreichenden Sitzkomfort auf der Langstrecke. Das adaptive Fahrwerk (500 Euro) federt im Normalmodus unheimlich ausgewogen und komfortabel, der Sportmodus hingegen bleibt für die Autobahn die Ausnahmewahl, macht dafür auf der Landstraße mit einer deutlich knackigeren Abstimmung mehr Laune. Ob es dies im Vergleich zum Standardfahrwerk wert ist, können wir jedoch nicht beurteilen, da es uns nicht mehr allzu deutlich in Erinnerung ist.

Wovon wir jedoch entschieden abraten ist die aktive Geschwindigkeitsregelung für 400 Euro extra (Tempomat mit Bremsfunktion ist serienmäßig an Bord). So schien sich auch hier der Eindruck zu bestätigen, dass BMW die MINI-Sparte künstlich knapp hält – ähnlich wie bei besagtem Head-Up-Display. Funktionierte die Annäherung an einen langsameren Verkehrsteilnehmer vor uns noch problemlos und wie gewohnt durch leichte Gaswegnahme, verlor das System schnell den Anschluss an den Vordermann und dümpelte nunmehr mit 80 Stundenkilometern und 500 Meter Abstand auf der linken Spur umher, bis sich der Clubman bequemte und auf die zuvor eingestellte Geschwindigkeit beschleunigte. Ein Umstand, der vor allem bei den nervösen österreichischen Autobahnnutzern für verständlichen Unmut sorgte und bei uns dafür, dass wir ab sofort eben wieder selbst beschleunigten und bremsten. Wir wissen, dass Ihr das besser könnt bei BMW, also: Warum?

Sobald es allerdings auf die Landstraße ging, ist sämtliche Negativkritik schnell wieder vergessen: die 400 Newtonmeter powern bei Bedarf mit sattem Punch aus der Spitzkehre, in die man den Clubman zuvor mit herrlich zackigem Einlenken steuerte. Lenkgefühl und Direktheit sind auf sehr hohem Niveau, das fein abgestimmte Fahrwerk macht mit seiner Neutralität einen dicken Pluspunkt in der Beurteilung. So sportlich sind wir auch nicht mit einem GTD unterwegs! Dabei harmoniert die Achtgangautomatik prächtigst, reagiert so schnell und dermaßen feinfühlig auf Gasbefehle, dass wir die Schaltwippen überflüssig fanden. Exakt so muss ein Wandler im Jahre 2017 sein – da vermisst man ein im Stop and Go häufig nervendes DSG überhaupt nicht.

Fazit

Würden wir also einen Clubman SD dem Klassenprimus Golf GTD vorziehen? Mit einigen Einschränkungen: ja, würden wir. Denn er ist immer noch individueller als ein Golf, vermittelt mehr echten Fahrspaß, die Doppeltür hinten macht jedes Mal aufs Neue Freude, solange man nicht seitwärts einparkt, denn dann kommt man mit seinen Ent- oder Beladekünsten schnell an seine Grenzen. Preislich schenken sich beide Kontrahenten nicht viel. Wer allerdings auf Entertainment und gute Fahrhilfen Wert legt, sollte seine Wahl überdenken. Ein digitales Info-Display hat der Clubman ebenso wenig zu bieten wie einen ordentlichen Abstandsradar oder weitere Assistenzsysteme. Einen verschlankten Cooper SD Clubman mit Automatik, dafür ohne Head-Up und weiterem Gedöns, aber mit Panoramadach würden wir jedem anderen Kompakten vorziehen.

Technische Daten*

Modell: MINI Cooper SD Clubman
Motor: Vierzylinder-Reihe, 1.995 ccm
Leistung: 190 PS (140 kW) bei 4.000 U/min
Drehmoment: 400 Nm zwischen 1.750 bis 2.500 U/min
Antrieb: Vorderradantrieb, Achtgang-Automatikgetriebe
Verbrauch (ECE): 4,3 l D 100/100 Km
Beschleunigung (0 – 100 Km/h): 7,4 s
Höchstgeschwindigkeit: 225 Km/h
Abmessungen (L/B/H): 4,25 m/1,80 m/1,44 m
Gewicht: 1.435 Kg
Grundpreis: 33.340 Euro
Typklassen (HP/VK/TK): 17/20/23

*Herstellerangaben

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