Wir sind der Testwagenabteilung von BMW mehr als dankbar. Denn obschon zum Zeitpunkt unseres Tests des BMW i8 bereits die allerallerletzten Exemplare in Leipzig vom Band rollten, durften wir den Carbon-Sportler noch einmal ausfahren.
Und es ist – auch nach über sieben Jahren in Produktion – eines der besten Autos der Welt.
Allein sein Design. Form follows function und doch in einer Komposition die sich wunderbar zusammenfügt. Der BMW i8 schreit Supercar aus jeder Karosseriefuge. Und dazu: ich bin die Zukunft. Daran hat sich seit 2013 nicht das Geringste geändert. Egal wo der flache Teilzeitstromer aus München auftaucht, er ist der Blickfang.
Dabei ist es klar, denn: wann haben sie den letzten i8 in freier Wildbahn gesehen. Oder: überhaupt schon einmal einen? Warum er sich nie besonders gut verkauft hat und warum die öffentliche Meinung über ihn schlicht falsch ist wollten wir in den zwei Testwochen ergründen.
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Am Interieur hat es sicher auch nicht gelegen. Natürlich, heute ist das Infotainment nicht mehr auf dem allerletzten Stand, doch der i8 hat sich wacker geschlagen. Volldigitales Instrumentarium, dazu der große – mit dem Facelift auf 10,25“ vergrößerte und mit Touchscreen geupdatete – Zentral-Monitor mit berührungssensitivem iDrive-Controller, es ist alles nach bestem bayrischem Standard. Auch das sonstige Regler-Layout für Fahrmodi, Getriebe und Direktzugriffe bei Radio und Klimatisierung ist ergonomisch nicht zu verbessern.
Auch das Interieur des BMW i8 ist ein Traum
Am Einstieg hapert es vielleicht. Doch die mächtigen Schwenktüren sind integraler Bestandteil der großen i8-Show. Irgendwann hat man den Dreh dann aber sowieso raus: Kopf einziehen und rückwärts in den Sitz fallen lassen, dann die Beine nachziehen. Wer das Problem umgehen möchte, der kann zum Roadster greifen. Offen schwingt es sich dann ganz leicht hinein.
Mit dem Roadster verzichtet man aber auf das wohl praktischste Detail des BMW i8. Die rückwärtigen Sitze. Klar, es sind nur Nischen, aber sie sind nicht nur eine (oder besser: die einzige!) Gepäckablage, sondern dank Isofix-Aufnahmen sogar Kindersitz-tauglich.
Denn konzeptbedingt ist der Stauraum ansonsten sehr spärlich bemessen bei BMWs Zukunftssportler. Aber wir erinnern uns: Supercar! Was man nicht mitbringt wird am Ziel dann einfach nachgekauft. In einem McLaren oder Ferrari beschwert man sich ja auch nicht über solche Kleinigkeiten.
Der Bug des BMW i8 wird nämlich nicht nur von einem flachliegenden und aerodynamisch besonders günstig über die Haube entlüftenden Kühlerpaket eingenommen, sondern vor allem vom Elektromotor samt Getriebearrangement. Das 143 PS-Aggregat (technisch korrekt: 105 kW) schiebt seine 250 Nm nämlich je nach Fahrsituation über zwei verschiedene Übersetzungen an die Vorderachse. So gelingt die Unterstützung nicht nur deutlich weiter gespreizt, sondern untenrum auch ein bisschen drehmomentverstärkt.
Der Antrieb ist unglaublich souverän – man muss sich nur darauf einlassen
Mittschiffs findet sich ein kleiner 1.5 Liter Dreizylinder, den man aus diversen Mini- und kleineren BMW-Modellen kennt. Für den i8 wurde das B48 genannte Triebwerk allerdings nach allen Regeln der Kunst angespitzt. 231 PS und 320 Nm sind das Resultat. Und wer im Sport-Modus mal richtig auf dem Pedal stehen bleibt, der lernt den Zorn eines wilden Dreizylinders nicht nur schätzen, sondern vor allem lieben.
Überhaupt: voll-drauf-stehen. Es ist das, was der BMW i8 vielleicht am besten kann.
Den Getriebehebel in Sport geklickt, das rechte Pedal auf den Boden geschnickt und der i8 beißt zu wie ein ausgehungerter Kettenhund. So unmittelbar, so blitzartig, so kraftvoll. Dabei aber auch so unglaublich elegant, so leicht, so unangestrengt.
Es ist wie als würde er die Gaspedalstellung vorausahnen, jeden Millimeter Bewegung im großen Zeh direkt abfangen und auf die Straße drücken. Es ist die absolute Macht des elektrisch unterstützten Fahrens.
Der BMW i8 ist auf der Landstraße ein echtes Viech
Natürlich können das die anderen auch, jeder sportliche angehauchte Plugin-Hybrid spielt das gleiche Spiel. Und doch beherrscht es keiner so wie der i8. Nehmen wir die Porsches als Beispiel. 136 E-PS im Panamera Turbo S e-Hybrid und dann die volle Wand von 550 V8-Pferden. Es ist so, als würden erst ein paar Ponnies ins Zügel springen und dir dann plötzlich die ganze Herde mit Macht in den Arsch treten. Erst passiert wenig, dann viel zu viel. Anderes Negativbeispiel: der Golf GTE. Der elektrische Antritt ist okay, der Verbrenner bringt dann aber kaum mehr Speed auf die Party. Es bleibt eine lauwarme Veranstaltung.
Der BMW ist da anders. Nicht nur, dass er im Gegensatz zu seinen fettleibigen Konkurrenten schwer an der Elektrotechnik trägt, nein. Dank seines Kohlefaserskeletts, den Aluminium-Knochen und der Plastikhaut wiegt er kaum mehr als ein vollausgestatteter Porsche 911. Er braucht also keine Gigantonomie auf dem technischen Datenblatt um zu beeindrucken. Es reicht ihm die perfekte Abstimmung beider Technologien.
Er beeindruckt durch Taten, nicht durch Worte
Und die 250 Elektro-Nm ergänzen sich eben perfekt mit den 320 Nm des Verbrenners. Zumal der – wir erinnern uns: angespitzt nach Motorsport-Manier – erst bei 3700 Touren zur Höchstform aufläuft.
Es ist die perfekte Beschleunigung. Ansatzlos und mit richtig Schub, sofort und unmittelbar, dann greift langsam der kernig gurgelnde Dreizylinder ins Gefecht ein, wirft alles in den Ring was er hat und feuert bei 7000 nicht etwa in den Begrenzer, sondern derart zugkraftunterbrechungsfrei in den nächsten Gang, dass man verwundert ist ob hier überhaupt ein klassisches Wechselgetriebe am Start ist.
Der i8 bietet absolute Perfektion in Sachen Antriebsstrangharmonie
Und ja, es ist. Sogar ein relativ ältliches. Eine automatische Sechsgangbox. Es würde heute kein Hahn mehr danach krähen. Aber, wir wiederholen uns, wenn es denn perfekt gemacht ist, dann ist es über absolut jeden Zweifel erhaben. Und der BMW i8 ist über jeden Zweifel erhaben.
Sicher, auf der Autobahnlangstrecke geht ihm irgendwann der Saft aus. Dann fängt er ein bisschen das Saufen an, weil der Dreizylinder nicht nur noch für sich, sondern auch für den Akku schuften muss. Auch auf engen Rennstrecken, mit wirklich vielen technischen Abschnitten, da muss die schmale Vorderachse den echten Hardcore-Racern den Vortritt lassen.
Doch im Alltag, im echten Leben, in der Sonntagsflucht auf der Landstraße, da möchtest du irgendwann kein anderes Auto mehr fahren.
Es hätten ihn einfach mehr Menschen richtig ausprobieren müssen
Die Gewichtsverteilung, die Schwerpunktlage, überhaupt die ganze Komposition des Fahrwerks, der i8 bereitet Freude am Fahren, wie es uns ein BMW schon lange nicht mehr tat. Dazu eben diese Fähigkeit alles und jeden sofort zu überholen und sich wieder ungebremst den weiten Schwüngen der Landstraßen zu widmen – es ist wirklich traumhaft.
Innerorts rollst Du dann lautlos, mal segelnd, mal rekuperierend, bis am Ortsschild der Hammer wieder fällt. Immer und immer wieder. Denn genau für dieses voll-drauf-stehen haben sie ihn gebaut.
Am Ende sind wir übrigens fast 1.500 km mit ihm gefahren. Verbraucht haben wir keine 80 Liter Super und 72 Kilowattstunden Strom. Runtergerechnet sind das etwas über 5 Liter Sprit und etwas über 4 kWh pro 100 Kilometer. Denn das Beste kommt ja bekanntlich zum Schluss.
Die Rückgabe des i8 war deshalb ein emotionaler Moment. Kein – und das meine ich für einmal persönlich und ernst – Auto hat mich jemals derartig beeindruckt beim Fahren. Kein Konzept in seiner Makellosigkeit derartig begeistert. Und kein Auto hat solch öffentliches Unverständnis verdient gehabt wie BMWs Sportwagen der Zukunft.