Erst am dritten Tag, kurz vor dem offiziellen Ende des Programms, haben wir es verstanden. Diese große große Liebe. Diese absolute Faszination. Diese bedingungslose Treue.
Es waren einfach gute Autos.
Motor vorne, natürlich längs montiert, ordentlich dimensioniert. Dazu ein solides Schaltgetriebe und, selbstverständlich, Heckantrieb.
Und hier auf dem Burnoutplatz, einer klebrig schwarzen Fläche von gut fingerdick aufgeschmolzenem Gummi bedeckt, zeigt sich die absolute Überlegenheit gegenüber den effizienzgetrimmten Baukästen aus Wolfsburg. Wenn Pongo und Sina, so zumindest steht es auf den Schildern der beiden Burnatoren geschrieben, die Fläche betreten, wird dies überdeutlich.
Flammen schlagen aus den armdicken Sidepipes, wenn die Kupplung schnalzt und der Sechszylinder aus dem Tiefsten seiner drei Liter Hubraum malochen darf. Sofort hüllt sich der Platz in süßlichen Qualm, beinahe unsichtbar fein regnet der Kautschukdampf auf die Zuschauer nieder. Die Menge ist außer sich. Was nicht nur am stiegenweise konsumierten Dosenbier liegt, sondern vor allem daran, dass es wirklich gut ist.
Nicht der Akt an sich, nein, das „Geburne“ ist zweifelsohne kompletter Unsinn – wenngleich Pongo und Sina eine fahrerisch wirklich anspruchsvolle Choreographie auf das Pflaster malen – sondern viel mehr am Großenganzen. Wenn der 3.0 24V aus voller Kehle und voller Last minutenlang im tiefroten Bereich dreht, dabei dieses gnadenlos schöne Lied des absoluten Leids spielt, wie es nur ein ordentlich angespitzter Reihensechszylinder bringt. Wenn ihm das alles aber so rein gar nichts auszumachen scheint, weil er es wieder und wieder tut. Reifensatz für Reifensatz, Tankfüllung für Tankfüllung. Weil weder die Ventile abreißen, noch die Kolben durchbrennen. Weil er sich keinen Tropfen Öl durch die Schaftdichtungen zieht und keinen Milliliter an den Kolbenringen vorbeipresst.
Weil es ein unglaublich guter Motor ist.
Weil es unglaublich gute Autos waren.
Bis das Gummi platzt.
In Oschersleben trifft sich die Schicksalsgemeinschaft der Opelfans seit über einem Jahrzehnt, teils mit weit über 60.000 Teilnehmer, zur Huldigung dieser, ja ihrer, Marke. Es wirkt wie ein gemeinschaftliches Erinnern.
Und dann kommt Opel und bringt einen Bus mit zum Jahreshöhepunkt.
Doch das ist nicht weiter schlimm, auch wenn der mächtige V8-Sound des Schaustücks nur aus zwei Konservendosen am Unterboden kommt und nicht aus dem eigentlichen Auspuff des 2.0 Liter Dieselmotors. Selbst die relative Nähe zum französischen Plattformbruder ist kein Problem, nicht einmal der Name Zafira.
Und das liegt nur an Volker Strycek. Der Mann, der die Legende der Marke über die letzten Jahrzehnte gerettet hat. Der Mann, dessen Liebe zum Auto noch größer ist als bei den Besuchern des Treffens. Der Mann, der hinter vorgehaltener Hand sagt, dass sie Abstimmung des Showcars noch deutlichen Feinschliffs bedarf, weil es auf der Autobahn dann doch so „ein paar Situationen auf der Bremse gegeben hätte“. Seine wagenradgroßen Augen sprechen dabei Bände.
Trotzdem will er mit dem Auto auf die Nordschleife. Den Rekord für Vans holen. Die große Bremse des Peugeot 308 GTi richtig nutzen, das Potenzial des PSA-Motors mit einer eigenen Abstimmung richtig ausreizen.
Vor allem aber will er: ein richtig gutes Auto bauen.
Dass es kein heckgetriebener Reihensechser mehr ist: egal. Hauptsache die Intention zählt. Die Leidenschaft. Denn dann wird auch das Ergebnis entsprechend ausfallen.
Und darauf freuen sich die Menschen in Oschersleben. Denn Opel ist, irgenwie, ihr Leben.