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Fünf Zylinder für ein Halleluja – der Audi TT RS im Test

Man könnte sagen, die Audi-Fangemeinde ist durchaus in Geduld geübt. Hat es doch gut und gerne 13 lange Jahre gedauert, bis man sich in Ingolstadt 2009 daran erinnert hat, was die Marke einst groß und stark gemacht hat: markante und leistungsstarke Fünfzylinder-Motoren in Verbindung mit dem Allradantrieb Quattro. Der Audi TT RS sollte diese Tradition endlich wieder fortführen. Ok, für wahre Fans war (und ist) dieser falschherum eingebaut. Aber immerhin fünf Zylinder und ein Turbolader. Direkt wurden Vergleiche gezogen zu den Legenden der 90er Jahre: Audi S2 Coupé und Audi RS2 Avant – letzerer mit freundlicher Unterstützung von Porsche auf die Räder gestellt.

Aber ganz so einfach ist dieser Vergleich nicht zu ziehen. Das beweist (vor allem) die aktuelle Neuauflage des schnellen TT Coupés mit seinem 2,5-Liter-TFSI. Dieser leistet in der jetzigen Ausbaustufe satte 400 PS bei 480 Nm Drehmoment. Auf dem Papier – und für diese Fahrzeuggröße – ein ordentlicher Wert. Aber wie das mit Zahlen nun einmal so ist; sie erzählen nur einen Teil der Geschichte. Viel wesentlicher ist, wie sich der Audi TT RS fährt und anfühlt. Und hier beginnt der Audi-Fan der 90er auf ziemlich hohem Niveau zu kritisieren, was man in Ingolstadt und Neckarsulm so derart feiert.

Mittlerweile dürfte hinlänglich bekannt sein, dass Audi im aktuellen TT mit einigen Standards gebrochen hat, die man sich als Premiumhersteller über die Jahre selbst auferlegt hat. MMI Display mit supereinfacher Bedienlogik? Gibt es nicht. Die Bedienung erfolgt ausschließlich per Virtual Cockpit – der Beifahrer geht leer aus. Hervorragende, weil simple, Klimabedienung – rausgeworfen und ersetzt durch eine fummelige Ansammlung an Drehrädchen, LED-Anzeigen und komischen Schubreglern unterhalb der Lüftungsdüsen. Und da wir uns mit diesen Dingen mittlerweile (mehr oder weniger) abgefunden haben und es sowieso nicht ändern können, weiter im Text mit der Kernfrage: kann der TT wirklich Renn-Sport?

Man ist als dynamischer Fahrer immer etwas vorsichtig mit neuen Sport-Produkten aus Wolfsburg und Ingolstadt, die auf der Golf-Plattform basieren. Grundsolide Technik trifft hier auf den unbedingten Willen der Ingenieure, Rundenzeiten zu knacken. Was dieser TT RS – den richtigen Fahrer vorausgesetzt – durchaus schaffen kann. Aber da sich nur sehr wenige der potentiellen Käufer mit diesem, im Grundpreis rund 65.000 Euro teuren, Gefährt je auf den Nürburgring trauen werden, belassen auch wir es bei einem Test auf Landstraßen und Autobahnen. Letzere sind nicht wirklich ein Problem für den schnellen Ingolstädter. Mehr als souverän knackt der TT RS die 100er Marke, gefolgt von 160 bis hin zu 280 Sachen (ohne Vmax-Anhebung ist er bei 250 Km/h abgeregelt). Man glaubt dem Datenblatt, das einen Sprint von 0-100 Kilometer in ca. 3,7 Sekunden verspricht.

Nur eines schafft der TT auf der Autobahn nicht: uns zu begeistern. Natürlich beschallt uns der RS ab 4.000 Umdrehungen mit dem Sound aus fünf Zylindern. Aber er tut es gefiltert, gut gedämmt und irgendwie sehr steril. Es fehlt ihm das Versaute, das Rotzige – ja, irgendwie auch das Unvernünftige der guten alten Fünfender. Gleiches Spiel, anderer Spielplatz: auf Landstraßen fährt sich der TT RS so technisch präzise wie eine Rasierklinge scharf ist. Nur fehlt uns auch hier das Hämmern, der Druck, der Schub – das vehemente Auftreten des Motors, der Schlag der uns in den Sitz drückt. Selten haben wir ohne große Anstrengung einen Audi so zackig durch enge Kurvenkombis gejagt – selten hat uns ein Auto derart kalt gelassen. Bei diesem Fahrzeugpreis (ohne Mühen kratzt man an der 80.000 Euro Marke) kann und darf es nicht sein, dass ich mir den Kick beim Fahren erst noch beim Tuner holen muss. Keine Frage: Der Audi TT RS liefert bereits ab Werk guten Schub, mit einer angenehmen akustischen Untermalung, die im direkten Vergleich viele 2.0-Turbowunder alt aussehen lässt. Aber nach unserem Geschmack hätte es mehr sein können. Mit einem Wort: radikaler!

Wir hatten vor einigen Sätzen geschrieben, der TT lässt sich präzise und flugs durch die Kurven räubern? Ja, das stimmt! Aber man muss wissen was man da tut. Mit angezogenen Zügeln, sprich Stabilitätsprogramm aktiviert, neigt der TT nämlich dazu eine dauerhafte Spaßbremse zu sein. Bereits minimales Über- bzw. Untersteuern bestraft der RS mit vehementen Bremseingriffen, die derart tief in das System zu gehen scheinen, dass auch das Getriebe nicht mehr unseren Befehlen folgt und einfach irgendwas macht – nur eben nicht für Vortrieb zu sorgen. Ja, man kann die Helferlein natürlich auch deaktivieren. Bei 400 PS und Allrad allerdings eher was für geübte Hände, die wissen, wie sie einen störrischen 4×4 wieder einfangen können. Die Gradwanderung zwischen Bestzeit und Abfliegen liegt hier nämlich ziemlich nah beisammen. Da auch wir nicht Walter und schon gar nicht Röhrl heißen, liegt es uns also fern zu testen, ob wir den Baum sehen oder hören, den wir gleich treffen werden.

Meister Röhrl ist es auch, der seine Freude am Fahrwerk hätte – für unser Empfinden definitiv ein Teil, das für Profis gedacht ist. Egal ob im Komfort- oder im Dyamik-Modus – es ist bretthart! Wer einen aktuellen Audi S3 sein Eigen nennt wird erstaunt sein, wie man ein Magnetfahrwerk derart versteifen kann. Gut für die Hatz auf leeren Landstraßen am Wochenende, schlecht wer jeden Tag über normale deutsche Straßen zur Arbeit fahren muss. Über jeden Zweifel erhaben: die Bremsanlage des TT RS. Auch bei häufigen Verzögerungen jenseits der 150 – 200 Km/h bremst die Anlage das Fahrzeug standfest herunter. Fading – kennt der TT RS nicht. Neben aller Kritik die wir hier durch die Bank am TT zum Ausdruck bringen, wollen wir an dieser Stelle festhalten: das Sportcoupé lässt sich äußerst souverän fahren! Höhere Geschwindigkeiten sind meist nur durch leichte Windgeräusche wahrzunehmen. An der generellen Fahrstabilität und -sicherheit gibt es nichts zu bekritteln!

Auch die Verarbeitungsqualität ist gewohnt auf hohem Niveau. Wenngleich wir uns natürlich fragen, warum man bei diesem Fahrzeugpreis große Plastikflächen – wie etwas das Armaturenbrett – nicht etwas schöner gestaltet hat. Die Aufpreisliste im TT RS ist übersichtlich aber knackig. Als da wären zum Beispiel: RS-Sportabgasanlage 850 Euro; Anhebung der Vmax auf 280 Km/h 1.500 Euro; RS Sportfahrwerk Plus 900 Euro und eine Bang & Olufsen Anlage für 850 Euro. Letztere kann man sich getrost schenken. Zum einen, weil man in diesem Wagen sowieso anderes vor hat, als Mozart zu hören – und zum anderen: weil die Anlage eine (im Vergleich zum aktuellen A3) eher magere Soundausbeute liefert. Optisch ein Muss: OLED-Rückleuchten, die unser TT RS leider nicht verbaut hat. Warum? Konnte uns niemand erklären. Ein Blick auf die wenigen Gebrauchten im Netz zeigt aber: entweder wussten selbst die Jungs bei Audi nicht, dass es OLED-Rückleuchten zu bestellen gibt, oder es hat schlicht und ergreifend niemanden interessiert.

Fazit

Der Audi TT RS macht seine Sache gut. Aber! Er wirkt, wie viele andere Autos aus dem VW-Konzern auch, zu technokratisch, zu steril und zu wenig begehrenswert. Ist der Audi TT RS ein Auto, das wir im Leasing nehmen würden? Vielleicht. Selber kaufen? Eher nicht. Der Fünfzylinder erinnert uns zu wenig an die „gute alte Zeit“, wo fünf Töpfe und Allrad unumstößlich mit der Marke Audi verbunden waren. Außerdem stört uns der Preis. Zum Vergleich: Ein BMW M2 beginnt bei rund 58.000 Euro, der Ford Focus RS bereits bei etwas unter 41.000 Euro. Wir vergleichen Äpfel mit Birnen? Mitnichten. Zwar unterliegen beide Kontrahenten dem Audi TT RS auf dem Papier – sie schaffen es aber, anders als der Audi, zu begeistern. Und das ist am Ende unser größter Kritikpunkt. Die fehlende Begierde dieses Auto besitzen zu wollen. Der TT RS ist so perfekt, dass ihm Charakterzüge abhanden gekommen sind. Charakterzüge, die der erste Audi TT 1998 noch zu Genüge hatte!

Hinweis der Redaktion: Bei dem getesteten Fahrzeug handelt es sich um ein Kundenfahrzeug, das nicht von der Audi AG gestellt wurde.

Technische Daten*

Modell: Audi TT RS Coupé
Motor: Fünfzylinder Reihe, Turboaufladung, 2.480 ccm
Leistung: 400 PS (294 kW) bei 5.850 – 7.000 U/min
Drehmoment: 480 Nm zwischen 1.700 und 5.850 U/min
Antrieb: Allradantrieb Quattro, Siebengang-DSG
Verbrauch (ECE): 8,4 l SP/100 Km
Beschleunigung (0 – 100 Km/h): 3,8 s
Höchstgeschwindigkeit: 250 Km/h (optional 280 Km/h)
Abmessungen (L/B/H): 4,91 m/1,83 m/1,34 m
Gewicht: ca. 1.580 Kg
Grundpreis: 66.400 Euro (Coupé)

*Herstellerangaben