Die Farbe ist heiß. Vegasgelb. Sorgt für Diskussionen. Gut fand sie fast keiner auf dem S3 Cabrio – seltsamerweise. Denn ein bisserl optischer Krawall kann dem hübsch ansehbaren „Kompaktwagen“ ganz gut tun, der sich wie alle S-Modelle aus der Audipalette nur durch anderen Grill, silberfarbene Spiegel und vier Tröten am Heck von einem 1.4 TFSI abhebt. Ok, die roten Bremssättel hätten sich die Besteller echt sparen können und es wären 300 Euro weniger auf der saftigen Neuwagenrechnung gewesen.
Doch sie – und das ganze andere Klimbim – zeigen eines auf: Das „S“ soll man durchaus wörtlich nehmen, „S“ steht ja schließlich für Sport. Beim Blick in den Fahrzeugschein wurden wir skeptisch: Klaro, 228 kW sind 310 PS, unter dem Buchstaben „T“ prangt selbstverständlich die Zahl 250, doch unter „G“ fanden wir: 1710. Kilogramm. In einem A3. Also einem Golf, gewissermaßen. Ist doch recht viel. Das wog vor zwanzig Jahren ein A8.
Aber: das reine Wissen ums hohe Gewicht macht den S3 ja nicht gleich unsportlich – andere Mütter haben auch dicke Töchter und selbst die kommen teils recht zügig um die Ecke. Man muss sie nur zu nehmen wissen. Zumindest den Geradeaussprint meistert der knallgelbe S-Audi mit Bravour: Usainboltgleich knallt er in Wählhebelstellung S samt ausgeschaltetem ESP und Launch Control in knapp über fünf Sekunden auf Landstraßentempo. Sagt Audi und wir glauben es ihnen. Für unsere Stoppuhr ging es zu fix.
In der Sportstellung ist auch die Siebengang S tronic durchaus ambitioniert unterwegs. Das Doppelkupplungsgetriebe der neuesten Generation hält hier die Gänge lang und schaltet früh runter, die Schaltzeiten sind typischerweise über jeden Zweifel erhaben – wozu es hier bei anderen Herstellern mehrere Einstellungen geben muss, erschließt sich uns immer noch nicht so richtig. Oder BMW?
Doch auch Ingolstadt kann noch was verbessern, aber darüber meckern wir bei jedem sportlichen Auto mit dieser Art Getriebe aus dem VW-Konzern: trotz Manuellmodus und ausgeschaltetem ESP wird noch vor Erreichen des Begrenzers selbständig hochgeschaltet – und bei Überschreiten des Kickdownpunktes auch herunter. Nein, das verstehen wir einfach nicht. Ebenso wenig, warum wir kein Schaltgetriebe im Cabrio haben können. Etwa ein verstecktes Zeichen dafür, dass das S3 Cabrio mehr verkappter Cruiser als echter Sportler ist?
Nun, wir sprachen das hohe Gewicht ja bereits an – übrigens satte 230 Kilogramm mehr als im S3 Dreitürer und damit ein Zeichen, um wie viel Audi das Cabrio versteifen musste – und merken es, als wir die vegasgelben Ringe nach unserem null auf hundert Sprint in die erste Kurve werfen: Der S3 lenkt spontan ein, doch spätestens hiernach ist es auch vorbei mit der Spontaneität. Schwer neigt sich der knapp viereinhalb Meter lange Zweitürer in die Kurve, die Seitenwangen der Sportsitze müssen ordentlich arbeiten und die Reifen wimmern beim Versuch, die Fuhre einigermaßen auf Kurs zu halten. Solange man am Gas bleibt, hilft zwar quattro dabei, ein Untersteuern weitgehend zu vermeiden und auch mit ausgeschalteten Fahrhilfen braucht man eine ganz schön große Portion Unvernunft, um den S3 in seine absoluten Grenzen zu treiben, denn: langsam ist man nicht. Und auch die Lenkung ist im dynamic-Modus angenehm aber nicht zu schwergängig und bietet eine schöne Rückmeldung. Aber es fühlt sich eben nicht gerade sportlich, sondern maximal bemüht an. Und „er hat sich bemüht“ macht sich nie so gut im Arbeitszeugnis.
Diese Bezeichnung passt – leider – auch zum Zweiliter-TFSI, der nach dem Facelift zehn PS mehr auf dem Papier leistet. Dabei kann man dem Motor gar keinen Vorwurf machen, der ist bärig wie eh und jeh, zieht schön von unten raus, dreht willig bis über die sechs und verbraucht wenig – wir lagen im Schnitt und ambitionierter Fahrweise bei genau 10 Litern Super Plus. Aber man merkt auch hier, dass er mit den zusätzlichen Cabrio-Kilos mehr als gut ausgelastet ist. Der richtige Tritt in den Hintern fehlt, die Spritzigkeit der geschlossenen leichteren Variante ist verloren gegangen und auf der Autobahn wird es oberhalb der 180 Km/h recht zäh.
Aber es ist komfortabel dort, auf den schnellen Geradeausverbindungen zwischen Berlin und Frankfurt. Das Akustikverdeck macht seinem Namen alle Ehre und wenn man es nicht wüsste, würde man nicht vermuten, in einem Cabrio mit Stoffdach zu sitzen. Auch das Fahrwerk macht eine gute Figur, wenn es auch den Kampf gegen das hohe Gewicht in schnellen, engen Kurven letzten Endes verliert. Dafür federt es ehrlich, was dem Ein oder Anderen bereits zu hart vorkommen könnte. Wir finden: eine gesunde Härte hat noch keinem geschadet, erst recht nicht in einem S3. Das aufpreispflichtige Magnetic Ride haben wir jedenfalls nicht vermisst. Die Platzverhältnisse sind zumindest für Zwei über jeden Zweifel erhaben und das MMI touch mit eigener SIM-Karte für die Audi connect – Dienste leistet perfekte Arbeit und ist nach kurzer Eingewöhnung sehr intuitiv zu bedienen. Die Verarbeitung und die Qualität der verwendeten Materialien sind so, wie man es von Audi erwartet. Lediglich die unsauber eingepasste Abdeckung der Navigationseinheit auf dem Armaturenbrett ist ärgerlich, zumal sie direkt ins Auge fällt.
Doch halten wir uns nicht mit Kleinigkeiten auf – öffnen wir lieber vollautomatisch das Dach bis 50 Km/h, aber: Ätsch! Da haben wir die Rechnung ohne die Abdeckung des Verdeckkastens im Kofferraum gemacht. Hat man zuvor den obligatorischen Bierkasten transportiert, muss man diese händisch wieder herunterklappen. Sorry, Audi, aber so etwas muss im Jahre 2016 automatisch und ohne händisches Eingreifen gehen. Den nächsten Dämpfer bekommt das nicht dem Qualitätsanspruch genügende, weil unheimlich klapprige (und 320 Euro teure) Windschott verpasst. Einmal montiert zeigt es aber wenigstens Wirkung: der Fahrtwind lässt sich quasi stufenlos regulieren. Von minimal (alle Fenster und Windschott oben) bis zu orkanartigen Böen (alles unten) ist alles dabei. Und alleine deshalb ist das Windschott eine klare Kaufempfehlung – wenn es auch bei einem Auto dieser Preisklasse serienmäßig sein sollte.
Ebenfalls aufpreispflichtig ist das mit dem Facelift nun auch für A- und S3 erhältliche Virtual Cockpit (310 Euro), das sämtliche analogen Instrumente aus dem Innenraum verbannt und alle möglichen Infos über einen Bildschirm darstellt – unter anderem eben auch Geschwindigkeit und Drehzahl. Viel wichtiger ist es aber, die Navigationskarte überdimensional groß auf dem 12-Zoll-Monitor darzustellen, was im Vergleich zum ausfahrbaren Monitor in der Mitte leider nicht ganz ruckelfrei geschieht. Glücklicherweise kann man auch eine klassische Ansicht mit zwei herkömmlich großen Instrumenten anwählen oder aber – exklusiv für die S-Modelle – eine sportivere mit großem Drehzahlmesser in der Mitte. Uns war die klassische Ansicht am liebsten. Weil uns die ganzen anderen Infos sonst viel zu sehr vom Fahren abgelenkt haben. Ständig funkte aus dem Riesendisplay etwas anderes: Pfeile vom Navi, man sollte dem Vordermann nicht so dicht auffahren und weil der Computer das „Geschwindigkeitsbegrenzung aufgehoben“-Schild nicht registriert hatte, blinkte uns bei Tacho 267 die Tempo-80-Warnung fröhlich entgegen. Man kann das Virtual Cockpit auch einigermaßen störungsfrei konfigurieren, indem man sämtliche Warnhinweise abstellt. Doch damit verliert es auch irgendwo wieder seinen Sinn. Finden wir. Und würden es nicht bestellen. Toll gefallen hat hingegen das Matrix-LED-Licht, das dermaßen feinfühlig und gut funktioniert, dass wir sagen: Audi wirbt zurecht damit.
Bleibt der Preis und der ist nicht heiß. Mindestens 50.700 müssen für ein S3 Cabrio über die Ladentheke wandern, die 60.000-Euro-Marke knackt man jedoch mühelos. Dafür steht Audi mit diesem Konzept – abgesehen von der noch schwereren Tochter aus München namens M240i xDrive – ziemlich allein in diesem Segment. Wenn wir also ein offenes kompaktes Auto mit ausreichend Platz, hohem Langstreckenkomfort, genügsamem und trotzdem starkem Motor sowie Allradantrieb suchen, bleibt nicht mehr viel Raum für Alternativen. Wenn wir aber einen S3 suchten, würden wir nicht das Cabrio kaufen, sondern einen S3. Und vielleicht einen Mazda MX-5 dazu.
Modell: Audi S3 Cabriolet 2.0 TFSI quattro S tronic
Motor: Vierzylinder-Reihe, 1.984 ccm
Leistung: 310 PS (228 kW) zwischen 5.500 und 6.500 U/min
Drehmoment: 400 Nm zwischen 2.000 und 5.400 U/min
Antrieb: Allradantrieb, Siebengang-Doppelkupplungsgetriebe
Verbrauch (ECE): 6,7 l Super Plus/100 Km
Beschleunigung (0 – 100 Km/h): 5,1 s
Höchstgeschwindigkeit: 250 Km/h
Abmessungen (L/B/H): 4,43 m/1,79 m/1,39 m
Gewicht: 1.710 Kg
Grundpreis: 50.700 Euro
Typklassen (HP/VK/TK): 16/24/24
*Herstellerangaben
Fotos: Maximilian Planker, Edit: Felix Maurer