Im Jahr 1991 ursprünglich als Audi 100 S4 mit Fünfzylinder vorgestellt, wurde die Baureihe „C4“ sechs Jahre später als Audi S6 Plus mit acht Zylindern in Rente geschickt. Nicht nur die Nomenklatur am Heckdeckel änderte sich in dieser Zeit. Mit dem „Plus“ durfte Audis Sporttochter, die Quattro GmbH, 1996 erstmals ein Auto in eigener Regie vom Stapel lassen. Unseren hier gezeigten Audi S6 20V Turbo Quattro aus Chicago freilich, interessiert das kaum. Er sieht sich als Erbe der großen Audi Fünfzylinder-Modelle der 1980er Jahre. Audi Ur-Quattro und Audi 200 20V Turbo Quattro stehen im Familienstammbaum des Audi S6.
Sein verbauter Motor, mit dem Kennbuchstaben AAN, beerbte ab 1991 (damals noch als S4) das legendäre Triebwerk mit der Kennung 3B aus dem Audi 200 20V. Im Kern jedoch, sind sich beide vertraut geblieben. 2.226 cm³ Hubraum, 0,75 bar Ladedruck und ein Turboloch, dass diesen Titel noch verdient, vereinen beide Motoren- und Modellgenerationen. Mit 230 PS leistete der AAN-Motor ab 1991 10 PS mehr, als noch sein Vorgänger. Gegen die direkte Konkurrenz, bestehend aus Mercedes-Benz W124 500E und BMW E34 M5, konnten sowohl der Audi 200, als auch der Audi S6 (S4) allerdings wenig ausrichten.
Qualitativ setzte der Audi S6 (und die gesamte C4-Baureihe) hingegen Maßstäbe, wie dieses US-Modell aus 1995 eindrucksvoll unter Beweis stellt. Die Lederqualität war imposant, die Türpappen massiv und die Druckschalter in der Mittelkonsole konnten selbst mit den dicksten Winterhandschuhen ohne Probleme bedient werden. Man könnte auch sagen: der Wagen wurde aus dem Vollen geschnitzt!
Eng geschnittene Ledersitze, das griffige und dicke Sportlenkrad, sowie die knackige 5-Gang-Schaltbox animieren gerade dazu, den S6 herauszufordern. Eines ist dabei gewiss: der Fünfzylinder-Turbo mit seinen 350 Nm Drehmoment (380 Nm im Overboost) und der Quattro-Allrad haben immer eine passende Antwort parat. ESP? Sucht man vergebens! Wer den Allradler am Limit bewegen will, sollte wissen, auf was er sich einlässt! Die Quattro-Modelle der ersten C4-Baujahre hatten noch eine manuelle Differentialsperre für die Hinterachse. Nur für den Fall, dass im Skiurlaub plötzlich Gröberes zu erledigen ist.
Irgendwie normal für sportive Automobile aus dieser Zeit: der Fahrer kannte auch ohne Bordcomputer den aktuellen Betriebszustand seines Fahrzeugs. Im Audi S6 zeigten Analoginstrumente die Wasser-, und Öltemperatur, die Batteriespannung und (für ganz Harte) sogar die Urzeit an. Heute würde man sich schon wünschen, man könnte den Ölstand seines Fahrzeugs per Peilstab ablesen.
Komfort und Luxus definierte sich 1995 ebenfalls auf eine etwas andere Weise. Als Mobiltelefone noch eng mit Autotelefonen konkurrierten, konnte man mit Letzterem und einem Stero-Kassettendeck seine Geschäftspartner nachhaltig beeindrucken. Allen voran, wenn, wie bei diesem Modell, noch das Geld für eine Bose-Soundanlage übrig war. Viermal Sitzheizung und viermal elektrische Fensterheber, nebst Klimaautomatik, waren vor gut 20 Jahren ebenfalls nicht selbstverständlich.
Mit der Farbe Perlmuttweiß und den montierten Leichtmetallrädern wirkt der Audi S6 immer noch sehr modern. Irgendwie unschuldig blick er drein, um auf der anderen Seite zu signalisieren: leg dich bloß nicht mit mir an! Technisch gut erhaltene Exemplare sind mittlerweile schwer zu finden. Tuner und Raser haben früh das Potential der Fünfender erkannt und viele S6 (S4) durch- und verlebt. Mit mehr als 10.000 Euro Einstiegspreis muss man rechnen, sucht man ein Modell mit nachvollziehbarer Besitzer-Historie und vollem Scheckheft.
Etwas günstiger bekommt man Exportmodelle in Übersee. Nicht nur der Audi S6 wird in den USA noch zu, vergleichsweise, humanen Preisen gehandelt. Wen die Hürden des Transports, der Verzollung und der Vollabnahme nicht abschrecken, hat in den Staaten durchaus die Möglichkeit ein Schnäppchen zu machen. Unser Audi S6 20V Turbo Quattro steht aktuell bei Chicago Cars US für knapp unter 10.000 USD zum Verkauf.
Bilder (Pictures): Thanks to Chicago Cars US