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Ami-Crossover im Test: wie schlägt sich der Cadillac XT5?

Schaut man sich die Neuzulassungen des vergangenen Jahres für den Cadillac XT5 an, so kann man sich eigentlich nur verwundert die Augen reiben. 137 Stück wurden zwischen Januar und Dezember 2017 von dem amerikanischen Crossover in Deutschland neu angemeldet – tatsächlich weniger als von seinem größeren Bruder Escalade und den Vergleich zu den deutschen Mitbewerbern mag man sich gar nicht trauen. Vom BMW X5 beispielsweise waren es in diesem Zeitraum über 8.000 Exemplare. Doch woran liegt das? Gerade im Land des SUV-Kaufrauschs will doch jeder mit den höhergelegten Kombis durch die Gegend fahren – wenn dazu der immer noch prestigeträchtige Name Cadillac am Auto prangt, kann das ebenfalls kein Nachteil sein.

Hinzu kommt: preislich gesehen ist der XT5 mehr als nur ein Sonderangebot: weniger als 50.000 Euro kostet der Einstieg in die Welt der Cadillac SUV und dafür bekommt man mitnichten (wie desöfteren bei der Konkurrenz zu einem höheren Einstand) einen schnöden Zweiliter-Vierzylinderdiesel mit Turboaufladung. Nein, Cadillac schöpft aus dem Vollen und beordert für den deutschen Markt stets sechs Zylinder in V-Anordnung und satte 3,6 Liter Hubraum. Keine Aufladung, kein Schnickschnack, lediglich eine Zylinderabschaltung sorgt für etwas grünes Gewissen, wobei sich der V6 mit 314 PS und 368 Newtonmetern Drehmoment in Sachen Verbrauch nicht hinter den Mitbewerbern verstecken muss, so viel sei vorab bereits gesagt. Wer sich einen X5 mit dem altbekannten 35i-Motor bestellt oder den GLE samt 400er-Sechszylinder ausstattet, wird wohl kaum unter unseren 12 Litern Durchschnittsverbrauch des Cadillac im Alltagsbetrieb landen. Oder schummeln. Wo wir gerade dabei sind – möglicherweise zahlt sich die Strategie von Cadillac, keinen Diesel im XT5 anzubieten, ja hinterher sogar aus?

Doch es ist nicht alleine der Motor, der auf dem Datenblatt überzeugen kann: denn typisch amerikanisch ist der XT5 bereits in der Einstiegsvariante Luxury bereits mit den meisten Ausstattungsdetails bestückt, die man bei den Mitbewerbern mit viel Geld bezahlen darf. Wählt man dann noch die Platinum-Version (ab 68.300 Euro) ist alles enthalten, was Rang und Namen hat. Von Voll-LED-Scheinwerfern über das große Panorama-Schiebedach, beheizte und belüftete Memory-Sitze, Einparkassistenten, ein adaptives Fahrwerk sowie Head-Up-Display bis hin zum Bose-Soundsystem, das seinen Namen verdient. Wir haben jedenfalls während unserer Testwoche nichts vermisst.

Man muss jedoch festhalten, dass der XT5 in Details nicht ganz mit den deutschen Konkurrenten mithalten kann. Dies gilt insbesondere für das verbaute Multimedasystem, das mit altbackener Navigationskarte und vergleichsweise träger Reaktion auf Eingabebefehle keinen Blumentopf gewinnt. Überraschenderweise funktionierte hingegen die Sprachbedienung verhältnismäßig gut und auch der Instrumententräger mit seinem hochauflösend gestalteten Display samt schönen Analoginstrumenten konnte überzeugen – ebenso wie das stets bei Cadillac fantastische Head-Up-Display. Keinen Anlass zur Klage bot die Verarbeitung – der Mix aus Alcantara, Semianilin-Leder sowie verdammt schickem bronziertem Carbon machten ordentlich Eindruck.

Dies gilt ebenso für die Kombination aus Fahrwerk und Lenkung, die sich auf Knopfdruck von komfortabel („Tour“) auf sportlich („Sport“) verstellen lassen. Mit dem Fahrmodus bleibt dem Fahrer überdies die Wahl zwischen reinem Vorderrad- oder Allradantrieb, wobei „Sport“ stets an die Zuschaltung des Allrads gekoppelt ist. Hier wird die Antriebskraft in Kurven oder bei schlechter Traktion auch an die Hinterachse verteilt. Das funktioniert auf nassen und schneebedeckten Straßen ordentlich – bei einer Testfahrt in leichtem Gelände und vereisten Steigungen kam das System jedoch schnell an seine Leistungsgrenze. Daher schnell zurück auf die asphaltierte Straße.

Hier gelang den Ingenieuren der Spagat zwischen komfortabler und sportiver Auslegung mehr als gut: im Tourmodus ohne Allradantrieb ist der Cadillac XT5 angenehm gefedert und bis auf leichte Traktionsprobleme beim Anfahren mit schwerem Gasfuß bemerkten wir keine Einschränkungen im Alltag. Im Sportmodus hingegen überrascht der XT5 mit spontanem Einlenk- und einem ausgewogenen Kurvenverhalten, das erst bei sehr ambitionierter Hatz in ein sicheres Untersteuern übergeht. Hier wie dort schaltete die serienmäßige Achtgangautomatik unauffällig und schnell, könnte lediglich im Sportmodus die kleinen Gänge etwas länger halten. Motorisch merkt man hingegen, dass ein nicht aufgeladener großvolumiger V6-Sauger kein idealer Motor für ein Zweitonnen-SUV ist: so treibt der 3,6-Liter große V6 den XT5 zwar mit einiger Vehemenz und zornigem Klang an – ein Sprintmeister wird aus ihm jedoch nicht mehr. Gerade auf der Autobahn mussten wir desöfteren kleinere Gänge bemühen, um ihn auf Tempi oberhalb von 160 zu bringen. Bei Richtgeschwindigkeit überzeugt er hingegen mit Cruiserqualitäten: ein niedriges Drehzahl- und Geräuschniveau machen aus dem XT5 einen perfekten Begleiter für die Langstrecke.

Fazit

Somit bleibt es bei einem etwas ungläubigen Resümee, in dem wir unseren Einstieg wieder aufgreifen möchten. Denn selbst in der höchsten Ausstattungsvariante Platinum bietet der Cadillac XT5 einen Ausstattungs- und Preisvorteil im Vergleich zu seinen deutschen Mitbewerbern von knapp 30.000 Euro. Dabei hält er für den Käufer eine überaus hohe Individualität, eine ebenso große Variabilität, viel Stauraum und bis auf das veraltete Multimediasystem eine ebenso überzeugende Ausstattungsvielfalt bereit. Dass es ihn momentan lediglich mit dem 3,6-Liter großen V6 gibt, ist vielleicht für den Flottenkunden entscheidend – für die Vielzahl derer aber, die in diesem Segment nicht auf einen Diesel angewiesen sind, ist er eine echte Alternative zum SUV-Einheitsbrei, der auf unseren Straßen herumfährt.

Technische Daten*

Modell: Cadillac XT5 Platinum
Motor: Sechszylinder-V-Motor, 3.649 ccm
Leistung: 314 PS (231 kW) bei 6.700 U/min
Drehmoment: 368 Nm bei 5.000 U/min
Antrieb: Allradantrieb, Achtgang-Automatikgetriebe
Verbrauch (ECE): 10,0 l S 100/100 Km
Beschleunigung (0 – 100 Km/h): 7,5 s
Höchstgeschwindigkeit: 210 Km/h
Abmessungen (L/B/H): 4,81 m/1,90 m/1,68 m
Gewicht: 2.006 Kg
Grundpreis: 68.300 Euro
Typklassen (HP/VK/TK): 24/27/22

*Herstellerangaben

Bilder: Maximilian Planker