RM Sotheby's / Drew Shipley

70 Jahre Ferrari, Teil 7: der F50

Er stand immer im Schatten eines ganz Großen, er war der ungeliebte, der Möchtegern. Kenner und Fans der Marke Ferrari sind sich fast einig: der F50 kam ein paar Jahre zu früh. Denn der F40, das Turbomonster, das unter dem Commendatore Ende der Achtziger auf die Räder gestellt wurde, war einfach noch nicht verdaut. Heute bekommt der Underdog F50 dafür umso mehr Aufmerksamkeit, überflügelt seinen Vorgänger um einiges im Wert und weckt ungekannte Begehrlichkeiten. Erst recht, wenn es sich um ein Exemplar in einer sogenannten „Fehlfarbe“ handelt.

Bild: RM Sotheby’s / Drew Shipley

Wie der Name schon sagt, wurde der F50 anlässlich von fünfzig Jahren Erfolg im Motorsport im Jahre 1995 auf dem 63. Genfer Autosalon präsentiert und kurz danach auf den exquisiten Markt gebracht. Mit geplanten 349 Exemplaren zuzüglich einer Hand voll Prototypen und Spezialvarianten (andere Quellen sprechen hingegen von insgesamt rund 400 F50) steckt er hinter den über 1.300 F40 deutlich zurück. Das erste echte Ferrari-Sondermodell nach dem Tod Enzos musste außerdem damit leben, in Sachen Leistungsgewicht hintanzustehen. Trotz seines V12-Motors, der der Formel Eins-Maschine, die die Scuderia Ferrari bis 1993 verwendete, technisch sehr nahe kam, betrug das Verhältnis von Gewicht zu Leistung 2,53 – es trafen 520 PS auf ein Leergewicht von 1.230 Kilogramm.

Bild: RM Sotheby’s / Drew Shipley

Mit diesem 65-Grad-V12 leitete Ferrari aber gleichzeitig die (längerfristige und generelle) Abkehr vom aufgeladenen V8 und hin zum großvolumigen Saugmotor bei seinen Supersportwagen ein. Der 4,7-Liter-Zwölfzylinder drehte bis maximal 8.700 Umdrehungen – das Original der Formel Eins drehte beinahe doppelt so hoch – und bescherte Passagieren und Zuschauern einen infernalischen Klang, der auch heute noch schwer zu toppen ist. Gekoppelt an ein klassisches Sechsgang-Schaltgetriebe, das die Power des Mittelmotors direkt auf die Hinterachse übertrug, schaffte er den Sprint von 0 auf 100 Km/h in lediglich 3,9 Sekunden, die maximale Geschwindigkeit betrug 325 Stundenkilometer.

Bild: RM Sotheby’s / Drew Shipley

Neuartig und in der Geschichte der Supersportwagen von Ferrari bislang nicht mehr wiedergekehrt ist die Dachkonstruktion des F50: Möglich wurde das herausnehmbare Targadach durch die Konstruktion in Monocoque-Bauweise – wie der Motor angelehnt an die Formel-Eins-Fahrzeuge, was Anfang der Neunzigerjahre ebenfalls als Neuheit in einem Straßenfahrzeug durchgehen konnte. Die Steifigkeit wurde durch das fehlende Dachteil kaum beeinträchtigt und es gibt sogar Stimmen, die behaupten, dass sich der F50 offen schneller und „weicher“ über die Rennstrecken dieser Welt bewegen ließe, als mit geschlossenem Dach. Wir würden das gerne verifizieren.

Bild: RM Sotheby’s / Drew Shipley

Wer das Glück hatte, einen F50 sein Eigen nennen zu dürfen, bekam während der Produktionszeit von Sommer 1995 bis Juli 1997 nach Überweisung des Kaufpreises in Höhe von mindestens 370.000 DM einen großen Präsentkorb von Ferrari überreicht: neben Abdeck- und Schutzhauben für Auto und Dachabdeckung gab es als besonderes Gimmick ein Paar Rennfahrerschuhe von Ferrari obendrauf. Dem Eigentümer wurde zusätzlich eine Broschüre mit Carbon-Cover überreicht, das während der Produktion des Autos erstellt und lackiert wurde. Verfügbar war der F50 in den Farben Rot, Gelb, Schwarz, Silber und Blau. Von den schwarzen Exemplaren (wie hier gezeigt) wurden lediglich vier ausgeliefert, davon zwei in die USA. Richtige Anerkennung erfährt er jedoch erst jetzt, rund zwanzig Jahre nach seiner Einstellung. Es scheint, als ob das Bewusstsein von Fans und Eignern erst mit den beiden Nachfolgern Enzo und LaFerrari richtig gereift ist.

Bild: RM Sotheby’s / Drew Shipley

Der abgebildete F50 mit der Nummer 62 – einer von vier Autos in schwarzer Werkslackierung – wurde am 20. Januar dieses Jahres in Arizona von RM Sotheby’s zum Preis von 3,135 Millionen US-Dollar versteigert.

Bildquelle: RM Sotheby’s / Drew Shipley

Wer etwas über den direkten Vorgänger F40 erfahren möchte, findet hier etwas dazu:
70 Jahre Ferrari, Teil 1: der F40

Ebenfalls ein V12-Sauger, optisch aber noch aus einer anderen Zeit:
70 Jahre Ferrari, Teil 3: Testarossa „Monospecchio“
70 Jahre Ferrari, Teil 9: 512 BBi

Wer den V12 lieber vorne montiert haben wollte, griff vielleicht zum:
70 Jahre Ferrari, Teil 5: 575 Superamerica
70 Jahre Ferrari, Teil 13: 456M GTA

Die sportlicheren Fahrer wählten eher:
70 Jahre Ferrari, Teil 8: 328 GTS
70 Jahre Ferrari, Teil 10: 360 Challenge Stradale
70 Jahre Ferrari, Teil 11: Scuderia Spider 16M

Und wer eher den Ferraris der alten Zeit zugetan ist, für den haben wir:
70 Jahre Ferrari, Teil 2: 250 GT Berlinetta Lusso
70 Jahre Ferrari, Teil 4: 330 GT 2+2
70 Jahre Ferrari, Teil 6: 275 GTB
70 Jahre Ferrari, Teil 12: 365 GTB/4 Daytona

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