Evocars

Der BMW 735i E38 im Gebrauchtwagen-Check

Man, was muss dieser Wagen 1996 jemanden glücklich gemacht haben – sagen wir zu uns selbst als wir vor unserem, gerade erworbenen, 735i E38 stehen. Der dicke Wagen aus fünfter Hand hat schon einiges hinter sich. Fuhr lange Zeit irgendwo in der Gegend rund um München, wurde dann in den hohen Norden verkauft, bis er schließlich bei uns landete.

Außen silberfarben, mittlerweile an der ein oder anderen Stelle mit leichten Brauntönen, innen feinstes Leder und unter der Haube ein standesgemäßer 8-Zylinder. Man könnte jetzt fragen: Wenn schon ein dicker 7er, wieso dann nicht gleich ein 40i – oder gar ein 50i V12? Ganz einfach: Das Budget gab nicht mehr her. Und überhaupt war der dicke BMW ja gar nicht eingeplant. Er stand einsam und verlassen auf einem Parkplatz, zwischen zerschundenen Fiat Puntos, verbrauchten Gölfen und verrosteten Mercedes Taxis. Mit Rest-TÜV und einer nachvollziehbaren Historie, samt halbwegs verpfuschtem Unfallschaden, konnten wir aber bei einem Kurs – unterhalb der 1.500 Euro – nicht Nein sagen.

Neben viel Leder, Wurzelholz und dem großen Navigationssystem gab es – sozusagen „on top“ – sogar noch einen vollen 85 Liter Tank dazu. Und den brauchten wir fortan auch. Zwar nimmt sich der alte V8, bei zurückhaltender Fahrweise, nie mehr als 11 Liter – aber der 7er ist schließlich nicht da um Brötchen zu holen, sondern für die große (schnelle) Reise. Gesagt getan. Vom Hessischen ins Bayerische in knapp unter vier Stunden – Mist! Am Ende standen doch wieder 18 Liter auf der verpixelten DOT-Matrix. Egal – die schnelle Hatz auf der Autobahn hat in jedem Fall bewiesen, dass unser 7er noch nicht zum alten Eisen gehörte. Die angenehme Reisegeschwindigkeit lag bei etwas über 200 km/h, der Radioempfang war irgendwie grauenhaft und nun wissen wir auch, dass sich seit 1996 doch so einiges auf unseren Straßen getan hat – denn die Ansagerstimme im bajuwarischen Kartennavi hatte alle Mikrochips voll zu tun, uns mitzuteilen, dass wir ständig falsch wären.

735i-4

Und als wir, angekommen am Tegernsee, ein kühles Blondes suchten, fiel uns auf, dass wir ganz schön quietschen. Eigentlich immer dann, wenn wir über eine Unebenheit fahren. Ja, es könnten die Integrallenker sein, die sich hier bemerkbar machen. Oder die hinteren Querlenker? Das alt bekannte Handbremsseil-Problem? Wir wissen es nicht – sind keine Techniker – ist uns auch egal. Für heute begnügen wir uns mit ein paar gebrauten Tegernseern und lassen uns anschließend mit einem Taxi in die Unterkunft bringen.

735i-10

Am nächsten Morgen dann aber wirklich eine böse Überraschung: Das Automatikgetriebe, das zugegebenermaßen nicht mehr ganz so sauber gearbeitet hat, verweigerte seinen Dienst und ließ uns nur noch im Notlauf herumfahren. Gottlob, wer einen hubraumstarken 8-Zylinder an Bord hat. Zwar geht das Anfahren etwas schleppend – aber es geht noch. Solange man nicht im Tegernseer Hinterland eine Steigung hinauf muss. Was standortbedingt dann aber doch vorkommt. Immer und immer wieder. Und so hoffen wir stets, nicht irgendwo in Hanglage stehen bleiben zu müssen. Denn dann wäre es vorbei mit Eitelsonnenschein. Passierte zum Glück nicht und nach ein paar Zwischenstopps – ein Wunder – wir hatten wieder fünf, halbwegs ganze, Gänge zum Wählen.

Das blieb, wenn auch rätselhaft, bis zum Schluss so. Was ebenfalls bis zum Schluss unseres Ausflugs blieb, war die Sitzposition für einen der beiden Fahrer. Denn leider verweigerte das Sitzgestell (nein die Sicherungen waren alle heile) irgendwann seinen Dienst und ließ sich nicht mehr nach vorne fahren. Blöd nur für den zweiten Fahrer – der zwei Köpfe kleiner war. Fortan sollte ein Kissen die fehlenden Zentimeter ausgleichen.

Unweigerlich kommt uns in den Sinn, dass wir vielleicht doch hätten hören sollen; auf die Foren, die Freunde und die Kenner. Sie alle sagten: Kauft euch keinen billigen 7er BMW. Ihr werdet es bereuen. Wir bereuen nur, dass unser 7er kein manuelles Sitzgestell hat. Aber sonst? Sonst ist er eine Wucht! Allen voran der 3.5 Liter V8 lässt vieles vergessen, was bei unserem E38 nicht ganz so toll ist. Zum Beispiel der Rost. Überall fängt es an. Die braune Pest zieht sich über den Heckdeckel, alle Kotflügel und alle Türkanten. Nicht schön, aber in dem Maße bisher nur ein optisches Problem. Ja gut – ab und zu spinnt noch ein Fensterheber. Der Radioempfang ist – wie eingangs erwähnt – nicht der Brüller und dann haben wir ja noch die Getriebe-Thematik.

735i-5

Summa summarum tut der E38 aber das, was er soll. Fahren, lenken und bremsen. Seine 235 PS hat er noch alle beisammen und mit ein paar (mehr) Euro, könnte man den alten Recken sogar wieder zu neuem Glanz (und einer neuen HU-Plakette) verhelfen. Die Gefahr, bei solch günstigen Oberklasse-Autos, fährt aber immer mit, dass man eben doch nur einen Blender erwischt, der bis zur nächsten Straßenkreuzung hält. Zu komplex sind diese Fahrzeuge, als das man sich ohne kundiges Auge – und technischem Verständnis – blind auf solch ein Gerät einlassen sollte. Daher unser Rat: Abseits der hochglanzpolierten Youngtimer in den ganzen Motormagazinen, gibt es auch noch sehr viele andere – Dailydriver – die man ruhigen Gewissens kaufen kann. Nur vom Bodensatz der Angebote sollten sich Laien besser fernhalten. Gute BMW 735i E38 kosten in den Internetbörsen aktuell zwischen 5 – 7.000 Euro. Wer mehr ausgeben will, greift lieber direkt zu 40i V8 oder 50i V12.

735i-8