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Ford Mustang GT im Fahrbericht: Unterwegs im V8-Musclecar

Nachdem Ford den neuesten Mustang unter anderem mit einem Vierzylinder-EcoBoost ausstattet, machte sich im Hinterstübchen immer stärker und öfter eine Frage breit: Kann der was, der kastrierte Mustang? Oder bekam er seine Vorschusslorbeeren nur aus einer Laune heraus? „Natürlich kann der nix, der EcoBoost!“ – werden die Unverbesserlichen nun wieder aufheulen. Wie kann man auch nur auf die Idee kommen, in ein Auto, das so sehr für einen Achtzylinder prädestiniert ist, einen Vierzylinder-Turbomotor einzubauen? Ford macht’s trotzdem und ganz ehrlich: Die bisherige Alternative zum einzig wahren V8 – ein V6 aus der Steinzeit ohne Leistung – war vom Eigelb so weit entfernt wie der Mustang von einem VW Up!. Und weil auch der Autor dieser Zeilen mit Vorurteilen behaftet war, gab es erstmal die volle Dröhnung Achtzylinder im Mustang GT, bevor man sich mit der frischeren Hausmannskost beschäftigen wollte.

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„Herz, was willst Du mehr?“

Und dieser Mustang GT ist noch ein Mustang, wie er im Buche steht. Nach Druck auf den Startknopf erwachen acht Pötte zum Leben und 421 Pferdchen aus fünf Litern Hubraum nehmen gemächlich ihre Arbeit auf. Das Motoröl will noch erwärmt werden, der erste Gang rastet über einen herrlich kurzen Schalthebel ein, während die Abgasanlage aus Edelstahl bereits den Sound von Country und Western mitten in die frühmorgendliche Eifellandschaft wummert. Herz, was willst Du mehr?

 

Sobald der Zeiger der digitalen Öltemperaturanzeige im grünen Bereich angekommen ist, kommt, was kommen muss: Pedal to the metal. Dritter Gang, die Gasannahme ist mit „digital“ schon fast unzureichend beschrieben: Der Mustang springt förmlich nach vorne, die ewig lange Motorhaube steigt gen Himmel und der Reiter fühlt sich, als ob er das bockigste Ross aus dem Stall geärgert hätte. Eine Symphonie aus Motor-, Getriebe- und Fahrgeräuschen erfüllt den Innenraum, während Kreiselausfahrten grundsätzlich quer genommen und Ortsenden zum Startpunkt für die nächsten 24 Stunden von Daytona erklärt werden.

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Beim angeregten Querfahren hält sich praktischerweise auch das ESP weitgehend im Hintergrund – man könnte auch sagen: Es versteckt sich vor den allmächtigen 421 Mustangs, die über die Hinterachse herfallen. Dabei ist es völlig irrelevant, welchen der vier Fahrmodi – von „normal“ bis „Gelände“ (eine skurrile Übersetzung für „Track“) – man eingestellt hat. Und auch die beiden Auswahlmöglichkeiten für die Schwergängigkeit der Lenkung gibt es zwar, benötigt werden sie aber nie. Dinge, auf die in europäischen Autos viel Wert gelegt wird, werden im Mustang nebensächlich. Das war früher so und ist auch heute noch in den meisten Details wieder zu erkennen. Alles, was nach Alu oder Metall aussieht, ist Plastik. Es sollte schön aussehen und es sieht schön aus – ob es sich auch gut anfasst ist nicht wichtig. Die Geräuschdämmung, die sowohl Außengeräusche als auch technische Akustik minimiert, könnte auch aus einem dreißig Jahre alten Ford Escort stammen (Schleifgeräusche aus der Kraftübertragung sind eben so). Würde kein Mensch in einem AMG-Mercedes hinnehmen. Im Mustang gehören sie dazu. Und es ist gut, dass sich auch der Neue nicht verstellt und nicht etwas sein will, was er schon aufgrund seiner Geschichte nicht sein soll.

„Jetzt muss der frevlerische Vierzylinder ran“

Umstieg in den Vierzylinder-Mustang. Klanglich hält er sich stark zurück, weder ein aufgebrezeltes Auspuffblubbern noch andere Scherze erlaubt er sich. Stattdessen wird Zurückhaltung gepflegt. Unauffällig rollt der 315 PS starke 2,3-Liter los, die lauten Geräusche der Kraftübertragung sind identisch mit dem Achtzylinder – nur dessen Sound fehlt. Das Aufwärmen des Motoröls dauert nicht halb so lang und die ersten Kurven gehen deutlich leichtfüßiger vonstatten: Minus vier Zylinder machen sich sehr positiv auf der Vorderachse bemerkbar. War die Lenkung des GT noch etwas indirekt und schwammig um die Mittellage, fühlt sich der Kleine regelrecht handlich und sportwagenähnlich an. Nur mit äußerster Gewalt und komplett deaktivierten Fahrhilfen kann man den Vierzylinder zu einem Drift bewegen. Von außen hört man dabei lediglich das Zischen des Laders, innen wird es etwas dröhnig. Scheinbar versucht man auch bei Ford, ein bisschen auf V8 zu machen. Doch interessanterweise verführt durch diesen Auftritt eher noch der Vierzylinder zum harmonischen Gleiten als der Achtzylinder, dessen Tritt in den Allerwertesten absolut süchtig macht.

Das gelingt dem Vierzylinder in keinster Weise. Er hat weder den Charme, noch die Kraftentfaltung des V8, auch wenn er mit ebenfalls guten Fahrleistungen aufwarten kann und sich objektiv nicht hinter dem Mustang GT verstecken muss. Wem es um die Optik geht, wer beim Spritverbrauch und den Unterhaltskosten nicht ungebunden ist und wer ein Auto mit dem gewissen Etwas fahren möchte, für den ist der Mustang mit Vierzylinder genau die richtige Wahl. Für alle anderen gibt es zum Glück noch den Achtzylinder. Danke, Ford. Alles richtig gemacht.