Der kleine Grundschüler, der gerade auf dem Weg nach Hause ist, schaut verstohlen auf den suzukagrauen Audi, der durch das kleine Dorf am Rande von Neckarsulm gefahren und an der Fußgängerampel zum Stehen kommt. Ob er das RS-Emblem im schwarz lackierten Wabenkühlergrill erkannt hat? Als im Vier-Ringe-Einzugsgebiet lebender sollte er zumindest wissen, was es bedeutet.
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Von außen spielt der RS7 Sportback die Tonleiter von tief, dunkel und böse bis hin zu sportlich und edel. Je nach Ausstattungspaket sind die Lufteinlässe vorne schwarz oder in Titanoptik, mit dem Carbonpaket für 4500 Euro gibt es neben Carbonspiegeln auch noch den quattro-Schriftzug über dem Frontspoiler (den gibt es alternativ auch mit dem Aluminiumpaket für 800 Euro). Geschmacksache sind die mit 2000 Euro aufpreispflichtigen Bicolor-Fünfspeichen-Felgen. Die armdicken, in den hinteren Stoßfänger eingearbeiteten Auspuffblenden geben dem RS die Brutalität, die ein 560 PS-Auto auch schonmal haben darf.
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Weniger Brutal kommt das Cockpit daher. Hier erwarten uns keine Überraschungen. Der Testwagen ist mit allem ausgestattet, was in der Aufpreisliste gut aussieht und teuer ist. Side-Assist, Lane-Assist, farbiges Head-Up-Display, Vorwärts- und Rückfahrkamera. Und ein (serienmäßiger) Startknopf. Na endlich! Der Achtzylinder grollt kurz auf, dann verfällt er phlegmatisch in den Vierzylindermodus und säuselt nur verschämt vor sich hin.
Es geht in Richtung Autobahn – Vollgas ist angesagt. Und da reißt’s Dir vor lauter 700 Newtonmetern, zwei Turbos und quattro den Kopf fast vom Hals. Die Automatik haut innerhalb von wenigen Millisekunden den kleinsten passenden Gang rein, bisher nicht gebrauchte Zylinder sind blitzschnell zur Stelle und ein Ruck geht durch die gesamte Zweitonnen-Fuhre wenn die radselektive Momentensteuerung jedem Rad einen Teil der fast unermesslich scheinenden Leistung zugesteht. Eine Geräuschwolke von Turboansaugung und V8-Röhren geht durch den Innenraum, während in 3,9 Sekunden aus dem Stand 100 km/h erreicht sind. Wer für das Dynamikpaket plus 11.400 Euro zusätzlich zum Grundpreis von 113.000 Euro investiert, erlebt den Längsbeschleunigungsspaß bis hin zu abgeregelten 305 km/h. Wer auf die Keramikbremse und auf 25 km/h verzichten kann, wählt das Dynamikpaket für 3500 Euro mit 280 km/h Topspeed. Alle anderen schauen bei 250 in die Röhre, wenn der weiter vorwärts schiebende Achtzylinder schonungslos in den elektronischen Begrenzer läuft.
Sollten die äußeren Verhältnisse derartige Geschwindigkeiten nicht zulassen, kann der RS durchaus auch zahm. Die Drehzahl pendelt sich dank des lang übersetzten achten Ganges bei unter 2000 U/min ein, vier Zylinder schalten sich beinahe unmerklich ab und der RS schnurrt mit durchaus komfortablen Federungsverhalten und akzeptablem Verbrauch durch die Lande. Wird die Leistung im Mix jedoch nur ansatzweise gefordert, ist man von den angegebenen 9,8 Liter auf 100 km so weit entfernt wie vom sprichwörtlichen Mond. Zwischen 14 und 15 Liter stehen mindestens auf dem großen Display des Bordcomputers.
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Das Problem des RS7 ist sein übertriebener Hang zur Perfektion. Auf der Autobahn bietet er eine Mordsgaudi und auf der Landstraße ist er zu langweilig, weil er dank Assistenzsystemen und intelligenter Antriebstechnik den Fahrer eigentlich überhaupt nicht mehr fordert. Und als Landstraßenfahrer willst Du den Knüppel durch die Gasse führen, Du willst Schlupf an den Rädern und Du willst die Bremse richtig dosieren müssen, nicht nur drauftippen.
Technische Daten*
Modell: Audi RS7 Sportback
Motor: V8, Twinturbo, 3993 ccm
Leistung: 412 kW / 560 PS bei 5700-6600 U/min
Drehmoment: 700 Nm bei 1750-5500 U/min
Antrieb: Allrad, Achtgang-Automatik
Gewicht: 1995 Kg
Abmessungen (LxBxH): 5,01 x 1,91 x 1,42
Verbrauch: 9,8 Liter/100 Km Super Benzin
0-100km/h: 3,9 Sek.
Vmax: 250 km/h abg. (opt. 280 oder 305 km/h)
Preis: ab 113.000 Euro
Fazit von evocars-Redakteur Maximlian Planker: Audi knüpft mit dem RS7 also nicht an den alten RS-Mythos des rauen und manchmal etwas ungehobelten Familienrenners an. Vielmehr wird die Evolution des Perfekten, die bereits die meisten Autos der heutigen Zeit einholte, weitergeführt. Für PS-verwöhnte Gentlemen, denen der S6 einfach zu schwach ist und immer noch zu viel Vertreter-Image anhaftet, die aber um Gottes Willen keinen Kombi (RS6 Avant) fahren wollen, bleibt beim Wunsch nach einem Gran Tourismo aus dem Hause Audi eigentlich nur der Griff zum RS7.
Ach ja: Dem Grundschüler, der inzwischen auf der anderen Straßenseite angekommen ist, ist das egal. Er schaut dem gerade wieder mit vier Zylindern umhersäuselnden RS7 noch hinterher, bis er um die nächste Kurve verschwunden ist.