24h-Rennen in der Grünen Hölle: Wenn der Traktor gewinnt

Augen auf beim Zieleinlauf! So hätte der Zuruf für den Schlussfahrer des Renault Clios lauten können, bevor er seinen Renn-Zwerg unter größter Medienwirksamkeit pünktlich zur karierten Flagge des 40. 24h-Rennens auf der Nürburgring Nordschleife auf der Zielgeraden im Heck des Wochenspiegel-Porsches versenkte.
Doch der Crash in letzter Minute war nicht das einzige Highlight des diesjährigen 24h-Spektakels, bei dem erstmals der Audi R8 siegreich war. Schon das Zeittraining bot eine Sensation: Nämlich die von Uwe Alzen im Schubert BMW Z4 GT3 gefahrene 8:18 min. Eine beinahe unfassbare Zeit, bedenkt man vor allem, dass in VLN-Streckenkonfiguration eine sieben vorne gestanden hätte. Nach dem ersten Umlauf – bei schönstem Eifel-Kaiserwetter – folgte dann aber gleich die teaminterne Retourkutsche. Jörg Müller stellte seine Fähigkeiten eindrucksvoll unter Beweis, als er schon beim Anbremsen in der Mercedes-Arena war, während das Verfolgerfeld erst am Dorint vorbeikam. Der Konkurrenz in der Startrunde zehn Sekunden umzuhängen, das macht Eindruck.

Als Antwort darauf lieferte sich die Spitzengruppe eine Temposchlacht, wie sie das 24h-Rennen nur selten gesehen hat. Kein Meter wurde verschenkt, keine Lücke ungenutzt gelassen. So kam es dann auch relativ schnell zu den ersten Unfällen. Schrott und Kohlefasersplitter auf der Strecke sorgten in der Folge für eine Vielzahl spektakulärer Reifenschäden, die den Kampf an der Spitze unfreiwillig nur noch spannender machten. Selbst mitten in der Nacht kamen die Führenden – trotz Geschwindigkeiten weit über 300 km/h – nur mit einer gefühlten handbreit Abstand durch den Tiergarten geflogen.

Am Morgen hatte sich die Lage dann aber ein wenig beruhigt. Die Schubert-BMW krankten an trockengelaufenen Antriebswellengelenken, dem Manthey-Porsche wurde der Regen beim Sonnenaufgang zum Verhängnis und den SLS-Mercedes brachen die Hinterachsdämpfer und der Wasserpumpenantrieb.

Und so gewann der Audi. Ganz heimlich still und leise. Nun ja, so leise sind die V10-Motoren des R8 LMS ultra auch wieder nicht, aber aus den spektakulären Szenen hielten sich die Ingolstädter über die 24h weitestgehend heraus. Was wohl eher weniger an der Besonnenheit der Audi-Mannschaft lag, sondern eher am fehlenden Speed, flüsterte uns doch ein Techniker, dass man gegen die Z4 weder in langsamen, noch in schnellen Kurven und schon gar nicht auf der Geraden ankommen könne. Dafür sei der R8 robust, standfest wie ein Traktor.

Die alte Weisheit „to finish first, you first have to finish“ hat sich also wieder einmal bewahrheitet. Denn wer seiner Boxencrew zu früh zujubelt, zerschellt gerne mal im Heck eines leergelaufenen 911 GT3-R…