In wenigen Tagen ist es soweit. Am 20. Juni um 16.00 Uhr wird das 175 Wagen umfassende Fahrerfeld auf die 24-stündige Hatz durch die grüne Hölle geschickt. Schon weit Wochen fiebern Teams, Fahrer und Fans dem Event entgegen, das immer wieder aufs Neue für spannende Kämpfe rund um die Nürburg sorgt und noch in einigen Wochen genug Gesprächsstoff für lange Stammtischabende bereithalten wird.
„Mit über 30 Autos in den leistungsstärksten Klassen ist die Dichte an siegfähigen Fahrzeugen so hoch wie nie. GT3-Boliden von Audi, Mercedes, Porsche, Ferrari, McLaren, Aston Martin, Nissan und BMW werden den Sieg unter sich ausmachen. Die ebenfalls pfeilschnellen und zahlreich gemeldeten Cup-Porsche werden wohl keine Rolle beim Kampf um den Gesamtsieg spielen, dürften aber für Achtungserfolge gut sein. Besonders die Truppe von Getspeed-Performance aus Meuspath, die bereits in der VLN mit Rundenzeiten auf GT3-Niveau gezeigt hat, wozu so ein Cup-Porsche gut ist, sollte nicht unterschätzt werden.
Doch zum engeren Favoritenkreis gehören für mich persönlich zwölf Autos aus der Klasse SP9. Vorneweg natürlich die Startnummer #1, der Vorjahressieger Mercedes SLS AMG GT3 aus dem Team Black Falcon, der mit Jeroen Bleekemolen, Andreas Simonsen, Christian Menzel und Lance David Arnold vor Nordschleifenerfahrenheit nur so strotzt.
Ebenfalls auf dem Zettel habe ich die beiden Audi R8 LMS Ultra von Phoenix Racing (#3 mit Marc Basseng, Marcel Fässler, Frank Stippler, Laurens Vanthoor; und #4 mit Christopher Haase, Christian Mamerow, René Rast, Markus Winkelhock). Allerdings sind die Fahrer der Audi in der VLN einige Male unangenehm aufgefallen, was das Einhalten von Gelbphasen sowie den respektvollen Kontakt mit anderen Teilnehmern angeht. Es bleibt also abzuwarten, ob die beiden Teams problemlos durch den Verkehr kommen.
Außenseiterchancen kann sich das Frikadelli-Racing-Team rund um Sabine Schmitz ausrechnen, die von Klaus Abbelen, Patrick Pilet und Patrick Huisman unterstützt wird. Eine sehr gut eingespielte Fahrerpaarung, allerdings halte ich den Porsche GT3 R über die Distanz von 24h nicht für siegfähig.
Einen echten (unterschätzten) Siegkandidaten sehe ich dafür im Aston Martin Vantage GT3 des Aston Martin Racing Teams. Mit Stefan Mücke, Darren Turner und Pedro Lamy hat man einige sehr erfahrene Leute dabei, die auch schon das ein oder andere Mal nach 24h ganz oben standen. Dazu verfügt der Vantage über eine hohe Grundschnelligkeit, die allerdings natürlich auch über 24h gebracht werden muss.
Dass die als „BMW Sports Trophy Team Schubert“ getarnten Z4 GT3-Werksautos aus München, mit ihren Fahrern Dirk Werner, Dirk Müller, Lucas Luhr und Alexander Sims (#19) sowie Jens Klingmann, Dominik Baumann, Claudia Hürtgen und Martin Tomczyck (#20) zu den absoluten Favoriten gehören, dürfte weithin bekannt sein. Nach der Pole-Position im letzten Jahr soll dieses Jahr endlich der Sieg her, nicht unwahrscheinlich bei den Fahrerkombinationen.
Gleiches gilt für die BMW Z4 GT3 des „BMW Sports Trophy Team Marc VDS“, die die verbliebenen BMW-Werkspiloten auf zwei ihrer silbernen Tiefflieger vereinen. Maxime Martin, Jörg Müller, Uwe Alzen und Marco Wittmann auf der #25 sind für mich die absoluten Favoriten dieses Jahr. Aber auch die #26 mit Bas Leinders, Markus Palttala, Nick Catsburg und Dirk Adorf dürfte für einen Podiumsplatz gut sein.
Ein weiterer Flügeltürer, der recht weit vorne gesehen werden dürfte, ist das Auto mit der Nummer 23 vom Team Rowe Racing (Klaus Graf, Jan Seyffarth, Thomas Jäger und Richard Göransson). Aber auch hier ist eine Platzierung auf dem Podium eher nur dann zu schaffen, wenn die Anderen etwas „mithelfen“.
Gleiches gilt meiner Meinung nach für die McLaren MP4-12C von Dörr Motorsport, auch wenn das Team erstmals Werksunterstützung direkt aus Woking erhält und in der VLN schon das ein oder andere Mal für große Augen bei der Konkurrenz gesorgt hat. Mit der Startnummer 65 gehen Kevin Estre, Peter Kox, Tim Mullen und Alvaro Parente an den Start.
Letztlich sollte der unter anderem von Ex-Formel 1 Fahrer Nick Heidfeld pilotierte Nissan GT-R GT3 mit den GT Academy Absolventen Lucas Ordonez, Florian Strauss und dem Briten Alex Buncombe nicht unterschätzt werden. Nissan selbst allerdings stapelt tief, will vor allem „ins Ziel kommen“.
Last but not least: Der Audi R8 LMS Ultra des Audi Race Experience Programms. Zu den absoluten Vollprofis Marco Werner, Frank Biela und Pierre Kaffer gesellt sich der 24h-Rookie und Stratosphären-Springer Felix Baumgartner. Dank gründlichster Vorbereitung und starken Teamkollegen könnte unter gewissen Umständen sogar ein Achtungserfolg für den rekordhungrigen Baumgartner drin sein.
Aber da wir ja alle wissen, dass der Ring jedes Jahr seine eigenen Gesetze neu schreibt, bleibt uns nur dieser kurze Blick in die Starter- und Zeitenlisten, um in etwa zu ahnen, wie es am Sonntagnachmittag auf dem Podium an der GP-Strecke des Nürburgrings aussieht. Denn zu diversen ring-typischen Wetterregeln (Siehst du die Burg nicht, ist Regen; Siehst du die Burg, kommt Regen) darf man die wichtigste Regel im Langstreckensport nicht vergessen, die sich auch Porsche und Toyota in Le Mans in der Zukunft öfter ins Gedächtnis rufen werden: „If you want to finish first, you have to finish first“.