Automatik, Schiebedach, R-Design, vollelektrische Sitze, Standheizung und sonstigen Schnörkel hat unser Volkswagen Arteon Testwagen nicht. Wir fahren den braven „Volks-Wagen“, den man sich im Zweifel als Firmenwagenberechtigter oder vielleicht sogar aus dem privaten Portemonnaie heraus leisten kann. Sein Ausstattungszusatz lautet nur auf Elegance, geschalten wird per Hand und im Bug werkelt lediglich der Basis-Diesel mit 150 PS. Ist der VW Arteon Elegance 2.0 TDI deswegen langweilig? Mitnichten! Wir hatten seit langem nicht mehr so viel Fahrfreud´ in einem Produkt aus Wolfsburg. Und das will schon etwas heißen, war erst im November der neue Touareg zu Gast in der Evocars-Garage.
Auch einen Volkswagen Phaeton gab es einst sehr spartanisch zu bestellen und so geistern in den Untiefen des internationalen Netzes noch heute hin und wieder einige Ladenhüter mit Stoffsitzen, V6-Motor und – Trommelwirbel – Schaltgetriebe herum. Gute 15 Jahre später gibt es ein ähnliches Gefühl in etwas anderer Form im vierzylindrigen VW Arteon zu bestaunen. Aber es liegt nicht nur am leichtgängigen Handrührer, dass wir so voller Überschwang für den aktuellen Arteon sind. Wir können im Generellen recht gut leiden wie er sich fahren lässt. Wie er abrollt, einlenkt und zu federn weiß. Die Sache mit der Lenkung ist selbstredend elektromechanisch aber mit, für die VW-Kernmarke, ungewohnt viel Gefühl verbunden.
Dürfen wir erwähnen, dass wir damals, in Genf 2017, keine rechten Freunde des Arteon waren? Bei seiner Premiere in der Schweiz fanden wir ihn schlichtweg uninteressant und nicht würdig ein direkter oder indirekter Phaeton-Nachfolger zu sein. Letzterer Meinung sind wir zwar nach wie vor, aber wir müssen im Kopf doch ein wenig umparken, ohne hier einen Spruch von der automobilen Konkurrenz geklaut zu haben. Man nehme einen Passat, ducke ihn um ein paar Zentimeter, ziehe die hinteren Kotflügel in die Breite, flexe die Scheibenrahmen weg und man erhält: Den besten Passat aller Zeiten, der zu Recht eine eigene Modellbezeichnung verdient hat.
Wer nun nicht unbedingt einen Variant für Kind und Kegel benötigt, dem sei der Arteon wärmstens ans Herz gelegt. Aber auch mit Blick ins Kofferraumabteil mussten wir zunächst tief durchatmen und rekapitulieren: So viel Platz, bei dieser tollen Außenform? Ohne einen Kinderwagen griffbereit zu haben möchten wir glauben, dass er ohne Schwierigkeiten hineinpasst und dazu auch noch ein Kasten Feierabendbier – oder zwei, oder drei. In Zahlen ausgedrückt steht ein Ladevolumen von 563 bis 1.557 Liter zur Verfügung. Auf der Rückbank geht es ebenfalls geräumig zu und wenn wir schon die Kleinsten mit ihren Kinderwägen angesprochen haben – sie dürften hinten mehr als ausreichend Platz haben und die Schwiegereltern gehen auch noch mit. Erst oberhalb einer Körpergröße von 1,90 Metern wird es deutlich knapp nach oben, was naturgemäß an der coupéartigen Dachlinie liegt.
Wir vermeiden es den Arteon an dieser Stelle als vollwertiges Coupé zu bezeichnen, hat er dafür einfach zwei Türen zu viel. Und das ist auch gleichzeitig unser größter Wunsch nach Wolfsburg: Zwei Türen weniger und der Arteon wäre nahe an der Perfektion. Was wohl auch auf den Innenraum zutrifft. Freilich: Premiumgeister werden manch monotone Materialauswahl bemängeln, aber bitte: Der VW Arteon startet ab unter 40.000 Euro. Rund 10.000 Euro müssten wir beim Basis-Diesel investieren, um rundum glücklich unterwegs zu sein. Asketen schaffen bestimmt auch weniger, ohne im Alltag etwas zu vermissen. Schade: Die Außenfarbe Crimson Red Metallic steht im aktuellen Modelljahr nicht mehr zur Verfügung, schmeichelt sie der tollen Außenform doch aufs Äußerste!
Kritik gibt es derweil über die Sitzposition zu äußern. Sie hätte ruhig ein paar Zentimeter tiefer sein können, hat man als Großgewachsener öfters den angrenzenden Dachhimmel im Blick. Im Blick hat man gleichwohl auch das Head-Up-Display, welches genau so einfach gestrickt daherkommt wie im Passat. Auch hier ist die beste Funktion, dass man das HUD aufwendig verstecken kann. Bis es hier keine vollwertige Lösung wie im Touareg gibt, kann man sich die Investition von immerhin 565 Euro getrost sparen. Weiterhin wäre ein Drehregler für die Lautstärke wünschenswert gewesen. Das aktuelle Passat-Facelift hat hier allerdings klar gemacht, dass wir auf die Rückkehr des Nobbels noch lange warten können.
Fazit
Wir sind am Ende unseres Tests angenehm überrascht vom Volkswagen Arteon Elegance 2.0 TDI 6-Gang. Er vermittelt trotz seiner nur 150 PS ein angenehm spritziges Fahrgefühl, liegt super auf der Straße und weiß nicht zuletzt durch seine grazile Optik zu gefallen. Die ausgereifte Plattformtechnik von VW gibt keine Rätsel auf und selbst der Preis bleibt – bei einer bewussten Konfiguration – im Rahmen. Ein Highlight bei dieser Motor-Getriebevariante ist mit Sicherheit der Verbrauch. Sparfüchse (und selbst wir) schaffen Werte mit einer 3 vor dem Komma! Realistischer Dauerverbrauch? Irgendwo zwischen 4,5 und 6 Liter Diesel auf 100 Kilometer. Nachholbedarf gibt es von unserer Seite hingegen weiterhin bei der HUD-Notlösung und bei der Sitzposition.
Modell: Volkswagen Arteon Elegance 2.0 TDI SCR
Motor: Vierzylinder-Reihe, Turbolader, 1.968 ccm
Leistung: 150 PS (110 kW) zwischen 3.500 und 4.000 U/min
Drehmoment: 340 Nm zwischen 1.750 und 3.000 U/min
Antrieb: Frontantrieb, 6-Gang-Schaltgetriebe
Verbrauch (ECE): 4,4-4,5 l D /100 Km
Beschleunigung (0 – 100 Km/h): 9,0 s
Höchstgeschwindigkeit: 220 Km/h
Abmessungen (L/B/H): 4,86 m/1,87 m/1,42 m
Gewicht: ca. 1.550 Kg
Grundpreis Elegance: 41.275,00 Euro
Testwagenpreis: 57.695,00 Euro
*Herstellerangaben
Bilder: Thomas Vogelhuber