Evocars, Audi

Ingolstädter Oberhaus im Test: Der Audi A8 50 TDI quattro

Der neue Audi A8 fährt beinahe wie von selbst, auch ohne Chauffeur vorne links. Autonom ist er damit zwar (zum Glück) noch lange nicht unterwegs, aber mit bis zu 41 Fahrassistenten an Bord wird einem die Fahrt ins Büro oder in den Urlaub deutlich erleichtert. Er gibt zusätzlich einen Ausblick darauf, was wir in den kommenden Jahren bei Audi, auch in den kleineren Fahrzeugklassen, erwarten dürfen. Wir wollen nun aber nicht zu weit in die digitale Welt abdriften, würde das Aufzählen jedes einzelnen Assistenten diesen Artikel sprengen.

Allerdings gibt es jene Helferlein, die uns faszinieren und nicht mehr loslassen. So zum Beispiel die Kombination aus Spurführungsassistent, Abstandstempomaten und der kamerabasierten Schildererkennung. Diese Assistenten sind zwar nicht unbedingt neu auf dem Markt, aber in ihrer jeweils aktuellsten Generation so ausgereift, wie bei kaum einem anderen Auto. Enthalten sind diese Systeme bereits im Serienumfang des Audi A8 und funktionieren so herrlich unauffällig, dass wir auf langen Autobahnfahrten, gerade im geschwindigkeitslimitierten Österreich, nicht mehr auf sie verzichten möchten. Spur, Abstand und Tempolimit werden bei Bedarf sauber gehalten, im Efficiency-Modus sind die Systeme zudem auf eine sparsame Fahrweise geeicht. Der Lohn für all die digital geregelte Zurückhaltung? Ein etappenweiser Verbrauch, laut Bordcomputer, von rund 4,9 Liter Diesel.

Und selbst wer nicht ständig mit 100 km/h auf der Autobahn die Geduld seiner Mitmenschen auf die Probe stellt, wird mit einem erstaunlich niedrigen Verbrauch von gut 7,5 Liter (laut BC) belohnt. Gönnt man sich den optionalen 82 Liter Tank und rechnet nicht ganz so knapp, sind real dennoch bis zu 950 Kilometer Wegstrecke möglich. Hinter dem neuen Kürzel „50 TDI“ versteckt sich derweil das bekannte Arbeitstier im VW Konzern, der 3-Liter-Turbodiesel EA897 in der aktuellsten Ausbaustufe „evo2“ mit 286 PS. Spätestens seit September 2018 läuft dieser mit der Abgasnorm Euro 6d-TEMP vom Band – unser Testwagen, etwas älteren Semesters, verfügt noch über Euro 6.

Weshalb man dies wissen sollte? Da die Dieselmotoren der evo2-Generation mit der sukzessiven Einführung der neuen Abgasnorm viel von ihrer Antrittskraft aus niedrigen Drehzahlen eingebüßt haben. Es ist in der Tat spürbar, wenn ein 286 PS starker Selbstzünder sein maximales Drehmoment von 600 Newtonmetern nicht mehr bei 1.250, sondern erst bei 2.250 U/min zur Verfügung stellt. Woher wir unser Wissen nehmen? Aus unserem aktuellen Test zum neuen Volkswagen Touareg III, der bereits mit dem d-TEMP-Motor ausgerüstet war. Gegen ihn wirkt der Audi A8, obwohl dieser mit mindestens 2.050 Kilogramm annähernd gleich schwer daherkommt, durchwegs spritziger und spontaner in der Gasannahme. Unabhängig vom Abgasreinigungssystem soll aber auch der Audi A8 50 TDI quattro – mit Euro 6d-TEMP – in gut 5,9 Sekunden auf Tempo 100 beschleunigen.

Der Audi A8 verfügt ferner über einen Riemen-Starter-Generator samt 48-Volt-Bordnetz, welches ihn zum Mild-Hybriden werden lässt. Zwischen 160 und 55 km/h kann das Fahrzeug beim Erreichen der gewünschten Geschwindigkeit bis zu 40 Sekunden lang segeln. Was auf der Autobahn beinahe unmerklich funktioniert, sorgt im zähen Stadtverkehr manches Mal für ruppige Schalteinlagen des 8-Gang-Wandlergetriebes. So segelt der Audi A8 nicht nur auf freier Strecke, sondern auch, durch ein erweitertes Start-Stopp-System, ab 22 km/h bis hin zum Stillstand. Wird der Motor in dieser kurzen Phase durch einen Gasstoß wieder aktiv, knallt das Getriebe mitunter recht erbarmungslos die Gänge herein. Selbiges gilt übrigens auch für manchen Gangwechsel zwischen „D“, „N“ und „R“. Ansonsten gestaltet sich die Kombination aus 3.0 TDI und 8-Gang-Getriebe frei von Zugkraftverlusten und ausgesprochen harmonisch.

Großes Kino ist das adaptive Luftfahrwerk im Audi A8, welches auch ohne optionale Dynamik-Komponenten (Luftfahrwerk mit sportlicher Abstimmung, Dynamiklenkung und Sportdifferenzial) nicht nur komfortabel, sondern bei Bedarf auch richtig sportlich unterwegs ist. Mit großer Spannung warten wir indes auf das von Audi angekündigte intelligente AI-Fahrwerk, welches uns stark an das Bose-Versuchsfahrwerk im Lexus LS 400 der 1990er Jahre erinnert. Ob der Audi A8 mit diesem Fahrwerk, wie der LS 400, auch über kleinere Hindernisse springen kann ist uns nicht bekannt. Wohl aber, dass sich der Wagen bei einem drohenden Seitencrash in Sekundenbruchteilen in eine leichte Keilstellung bringen kann, um die Aufprallenergie bestmöglich von den Insassen abzuleiten.

Abseits aller neumodischen Errungenschaften und auf das Wesen eines Autos reduziert, ist der Audi A8 50 TDI quattro eine äußerst gelungene Limousine geworden. Das liegt nicht alleine an der tollen Abstimmung aller fahrrelevanten Komponenten, sondern maßgeblich auch am stilvollen Innenleben des Ingolstädter Flaggschiffs. Verarbeitung und Materialanmutung sind auf einem durchwegs hohen Niveau. Die Komposition aus Leder, Alcantara, Aluminium und offenporigem Holz gefällt sehr und in Sachen Sitzkomfort macht man den Audianern ohnehin keiner was vor.

Und dann kommen wir doch wieder zurück zu allerhand Errungenschaften – vorzugsweise zu jenen, die von digitaler Natur sind. Denn um den Innenraum des A8 D5 näher zu beleuchten, bedarf es sehr viel Offenheit für neue Technologien. Knöpfe wurden auf ein Minimum reduziert, das virtuelle Kombiinstrument zeigt seine Grafiken nun in Full-HD und das MMI-touch ist sowieso ein Highlight für sich. Dass wir so überschwänglich über den A8-Innenraum berichten ist nicht selbstverständlich, hatten wir zunächst große Bedenken bezüglich des neuartigen Bedienkonzepts. Mit Verlaub: Wir haben uns getäuscht und kaum eine Multimediaeinheit – mit Touchfunktion – ist derzeit besser zu bedienen als jene von Audi. Doch nicht alles was glänzt ist auch Gold. In Sachen Sprachbedienung müssen die Ingolstädter noch einmal kräftig nachlegen, freie Kommandos ermöglichen und die generelle Kommunikation zwischen Fahrer und Auto erleichtern.

Wer nun nicht ständig mit seinem Auto reden möchte, eher der analoge Typ ist, der wird sich an vielen kleinen Details im Innenraum erfreuen. So lassen sich zum Beispiel die Lüftungsdüsen im Armaturenbrett, ähnlich wie im Volkswagen Phaeton, technisch aufwändig verstecken und die Lichter in den seitlichen Türtaschen gehen erst an, wenn man hineingreift. Die Beleuchtung des Audi A8 ist ohnehin ein großes Thema – sowohl innen als auch außen. Das Kontur-Ambientelicht taucht das Interieur in beinahe jede nur erdenkliche Farbe, lässt sich beliebig konfigurieren und sieht einfach toll aus. Gleiches gilt für das durchgezogene OLED-Band am Heck des Audi A8, welches den Fahrer beim Öffnen begrüßt und beim Verschließen verabschiedet.

Ob man nun Matrix-LED-Leseleuchten benötigt, können wir nicht abschließend beurteilen. Sehr wohl können wir aber die HD Matrix-LED-Scheinwerfer mit Audi Laserlicht empfehlen. Sie sorgen für brillante Voraussicht auf mehrere hundert Meter und wenn man meint es geht nicht heller, schaltet sich das Laserlicht hinzu. Straßenschilder werden selbstredend entblendet, genauso wie andere Verkehrsteilnehmer vom großen Schein des Audis nicht gestört werden.

Fazit

Mit dem Audi A8 D5 ist den Ingolstädtern ein durchaus großer Wurf gelungen. Seine Fahrqualitäten sind mehr als nur oberklasseverdächtig, die Verarbeitung superb und der Verbrauch des 286 PS-Diesels bemerkenswert niedrig. Viele Assistenzsysteme, inklusive dem hervorragenden Matrix-Laserlicht, können mit Fug und Recht als die besten ihrer Klasse bezeichnet werden. Schade finden wir hingegen, dass sich der aktuelle Klassenprimus in einigen Details Schwächen leistet. Insbesondere fällt uns hier der ab und an ruppige Antriebsstrang und die mitunter schwerfällige Sprachbedienung auf. Aber auch die Klimaanlage ist für den flüsterleisen Innenraum des Audi A8 zu laut geraten und schafft es nicht immer, die Scheiben beschlagsfrei zu halten.

Technische Daten*

Modell: Audi A8 50 TDI quattro (Modelljahr 2018)
Motor: Sechszylinder-Turbodiesel, 2.967 ccm
Leistung: 286 PS (210 kW) zwischen 3.750 und 4000 U/min
Drehmoment: 600 Nm zwischen 1.250 und 3.250 U/min
Antrieb: Allradantrieb, Achtgang-Automatikgetriebe
Verbrauch (WLTP): 5,6-5,8 l D/100 Km
Beschleunigung (0 – 100 Km/h): 5,9 s
Höchstgeschwindigkeit: 250 Km/h
Abmessungen (L/B/H): 5,2 m/1,95 m/1,47 m
Gewicht: ca. 2.070 Kg
Grundpreis: 91.900 Euro
Testwagenpreis: 132.820 Euro

*Herstellerangaben