Zwei Wochen, nachdem auch wir auf dem Auto Salon in Genf unterwegs gewesen sind, ist endlich Zeit und Luft, ein wenig das Gesehene in digitaler Schriftform zu verarbeiten. Zu Alpinas B5 Bi-Turbo indes wurde eigentlich schon alles geschrieben, oder? Die schreibende Zunft hat sich bereits ausgelassen über: 608 PS, den 4,4-Liter V8, die Bi-Turbo Aufladung und den Performance-Allrad, der den Wagen noch agiler machen soll.
Sollen sie halt! Wir haben bewusst gewartet. Die Sintflut an Informationen abgewartet, die während der Messe über diverse Medienkanäle auf die Leser eingewirkt haben. Der BMW Alpina B5 Bi-Turbo bedarf einer etwas größeren Bühne, als einer Randnotiz in einem schnöden Artikel über den Genfer Auto Salon. Für uns war der schnelle Wagen von Burkhard Bovensiepen ein, wenn nicht sogar das, Messehighlight. Warum? Weil Alpina so unverfroren den kommenden M5 herausfordert, dass bei manchem Detail die Frage offen bleibt: warum soll ich überhaupt noch zur M-GmbH gehen?
Die eingangs erwähnten 608 PS sind, bereits auf Papier gedruckt, respekteinflößend. Schon beim ersten Probesitzen in Genf war klar: das wird eine heftige Nummer! In nur 3,5 Sekunden soll der Buchloer Leistungssportler die 100 Stundenkilometer Marke knacken. Mit Verlaub: ein neuer Porsche 911 GT3 fährt dem B5 nicht davon! Mit einer eingetragenen Höchstgeschwindigkeit von 330 Km/h ist der BMW Alpina B5 Bi-Turbo überdies das bisher schnellste Fahrzeug, das die bayerische Automanufaktur vom Stapel gelassen hat. Nein – und das wollen wir noch einmal in aller Deutlichkeit kundtun – Alpina ist kein Tuner. Kein Veredler. Die Alpina Burkard Bovensiepen GmbH + Co. KG ist eine eingetragene Herstellermarke.
Und darum bleibt das, was da so vehement unter der Motorhaube werkelt, nach außen hin auch meist dezent verborgen. So ist bereits die B5 Limousine, in ihrem zurückhaltenden Auftreten, nur etwas für Kenner! Vier sichtbare Endrohre haben heute schließlich viele Automobile. So richtig einen auf „Wolf im Vertreterpelz“ macht der schnelle Bayer aber erst als Touring. Glatt geht er in der Masse unter, um dann – brachial und ohne Vorwarnung – den kompromisslosen Supersportler raushängen zu lassen. Im Jahr 2017 ist es möglich, mit einem BMW Alpina Touring (!) eine vergleichbare Performance abzurufen, wie sie in den 90er Jahren sonst nur Formel 1 Boliden boten. Wir sind begeistert!
Zwar sind auch ein Audi RS 6 Performance und der neue Mercedes-AMG E 63 S sauschnell unterwegs – die Exklusivität, die Bovensiepen rund um den B5 erschafft, bleibt aber unerreicht. Leder – ja, das können sie in Buchloe! Seit jeher gilt das Interieur eines Alpina, neben seiner schieren Power, als einer der Kaufgründe eines solchen Automobils. Und wer einmal einen Alpina, egal aus welcher Epoche, sein Eigen nannte (oder nennt), der wird sich schwer tun, die derzeitigen Qualitätsansprüche von BMW als befriedigend abzutun.
Technisch gehen BMW und Alpina in großen Teilen gleiche Wege. So ist der neue B5 Bi-Turbo der erste B5, der serienmäßig (wie auch der neue M5) mit einem xDrive Allrad ausgeliefert wird. Wahlweise steht sogar ein, vom Allradspezialisten Drexler mitentwickeltes, drehmomentfühlendes Sperrdifferential für die Hinterachse zur Verfügung. Das von BMW gänzlich neu entwickelte Fahrwerk des 5er der Generation G30, wurde von Alpina Ingenieuren – zusammen mit Spezialisten von Thyssen-Bilstein – auf die enormen Leistungszuwächse, gegenüber dem Serien-Wagen, angepasst. Ein weiteres Highlight des BMW Alpina B5: die Ingetral-Aktivlenkung. BMW verbaut diese Technik, in abgewandelter Form, bereits seit der 8er Reihe in den 1990er Jahren – Alpina blieb ihr bisher fern.
Die Vorderachslenkung ist elektronisch unterstützt und bietet eine variable Lenkübersetzung. Zusammen mit der elektromechanischen Hinterradlenkung, die einen Lenkwinkel von maximal +/- 2,5 Grad erlaubt, ergibt sich ein komplett neues Lenkgefühl. So wird die Aktivlenkung genutzt, um im normalen Straßenverkehr ein agiles und neutrales Fahrverhalten zu generieren. Durch einen reduzierten Wendekreis wird auch das Einparken ein Stück weit komfortabler. Die richtigen Stärken spielt die Lenkung indes bei höheren, bis maximalen Geschwindigkeiten aus. Dann nämlich stabilisiert sie den Wagen und sorgt für einen außergewöhnlichen Geradeauslauf – bei maximal 330 Km/h nicht gerade unwichtig.
Last, but not least: der Motor des BMW Alpina B5 Bi-Turbo. Der 4,4-Liter V8 ist mittlerweile ein alter Bekannter im BMW / Alpina Regal. Vor allem die vom Turbo-Magnaten Garret für Alpina entwickelten Abgasturbolader sorgen für mächtig Druck im Brennraum. Sie sitzen jeweils im V der beiden Zylinderbänke und sorgen dafür, dass bereits bei niedrigen Drehzahlen ein enormer Ladedruck zur Verfügung steht. Bemerkenswert: bereits bei 2.000 U/m liegen 670 der maximal 800 Nm Drehmoment an.
Um auch für längere Vollgasetappen jenseits der 300 Km/h-Marke standfest zu sein, verbaut Alpina ein Hochleistungskühlsystem. Drei ausgelagerte Wärmetauscher und ein Getriebeölkühler sorgen dafür, dass der BMW Alpina B5 Bi-Turbo so schnell nicht ins Schwitzen kommt. Unter anderem die 1,4 bar Ladedruck und ein Verdichtungsverhältnis von 10:1 führen dazu, dass auf viele Bauteile im und um den Motor herum eine hohe mechanische und thermische Belastung liegen. So verwundert es nicht, dass Alpina auf speziell angefertige Mahle Kolben und Hochleistungszündkerzen von NKG setzt.
Die klappengesteuerte Edelstahl Abgasanlage sorgt indes für einen klangvollen Abschluss. Der neue BMW Alpina B5 Bi-Turbo ist ab sofort konfigurierbar und soll ab etwa September 2017 ausgeliefert werden. Die B5 Limousine startet in Deutschland bei 112.000 Euro, für den Touring muss man mindestens 115.300 Euro einplanen.