Nach dem famosen 512 BBi, halten wir den demütigen Kopf mal wieder ein wenig höher und schauen in die frühen 2000er: der stetig steigenden Nachfrage für Straßenautos, die ohne Änderungen gleichermaßen auf der Rennstrecke eingesetzt werden konnten, wollte nun auch Ferrari Rechnung tragen – wäre Enzo zu Beginn der Entwicklung des 360 Challenge Stradale noch am Leben gewesen, er hätte dem Projekt zunächst wohl eine Absage erteilt. Schließlich waren seine Straßenautos stets auch tauglich für die Rennstrecke. Doch auch er wäre der Versuchung früher oder später erlegen, seinen Kunden „für weniger“ mehr Geld aus der Tasche zu ziehen.
Neu war die Idee jedoch nicht. Bereits vom 348 gab es das Homologationsmodell GT Competizione – wenn auch nur in auf 50 Exemplare limitierter Auflage – und auch vom direkten Vorgänger F355 sind einige Sportvarianten unter dem Namen Competizione bekannt. Sie sind nicht zu verwechseln mit den Challenge-Autos, die ausschließlich zu Rennzwecken und nicht auf der Straße eingesetzt wurden. Doch der 360 Challenge Stradale war das erste Fahrzeug von Ferrari, das genau auf diese Marktlücke zielte und ebenso beworben wurde. Er wurde nach dem einschlagenden Erfolg des 360 Modena im Jahre 2003 präsentiert.
Der Challenge Stradale basierte – wie der Name schon sagt – auf den zwei Jahre zuvor vorgestellten Challenge-Rennfahrzeugen des Ferrari 360, verfügte jedoch über die nötigen (Komfort-)Extras, um eine Straßenzulassung und zumindest ein Quäntchen Alltagstauglichkeit bieten zu können. Kompromissbereit mussten Käufer damals jedoch schon sein: einen Teppich gibt es nicht, enge Schalensitze samt Vierpunktgurten waren serienmäßig, die Federung war identisch mit der der Challenge-Fahrzeuge und wer es noch radikaler wollte, bestellte Seitenscheiben aus Plexiglas und mit Schiebefenstern.
Äußerlich hingegen pflegte der Challenge Stradale beinahe vornehme Zurückhaltung, sofern man dies von einem Achtzylinder-Mittelmotor-Ferrari überhaupt sagen kann. Die Frontschürze unterschied sich en detail vom zivileren 360 Modena, am Heck sorgt ein mattschwarzes Gitter rund um die Heckleuchten dafür, dass Motor und die Titan-Abgasanlage ihre Hitze leichter abgeben können. Die Heckklappe erhielt einen kleinen, eingearbeiteten Spoiler. Stolz ziert die italienische Tricolore das gesamte Fahrzeug.
Mit Recht. Zwar verfügte die Sportvariante, die für mindestens 165.000 Euro über den Ladentisch ging, mit 425 lediglich 25 PS mehr als der Standard-360, wog dafür jedoch über 100 Kilogramm weniger. Zudem war standardmäßig das erst mit dem F355 eingeführte sequentielle F1-Getriebe verbaut, das dank einer Software-Änderung deutlich schnellere Schaltzeiten ermöglichte. Gemeinsam mit dem Challenge-Fahrwerk und den stets montierten Sportreifen fuhr der 360 Challenge Stradale Kreise um die Standardvariante – und beinahe auch um die gesamte Konkurrenz. Bis Porsche kurz danach den 911 GT3 RS vorstellte. Doch das ist eine andere Geschichte.
Die Geschichte dieses hier gezeigten und in seltenem Giallo Modena lackierten 360 CS währt mit seinen 28.000 Kilometern erst recht kurz. Er wurde am 8. Februar dieses Jahres in Paris für 168.000 Euro von RM Sotheby’s versteigert.
Bildquelle: RM Sotheby’s / Remi Dargegen
So richtig Arbeit ohne Zusätze forderten noch diese beiden italienischen Kandidaten:
70 Jahre Ferrari, Teil 1: der F40
70 Jahre Ferrari, Teil 7: der F50
Vom Nachfolger F430 baute Ferrari den Scuderia – und eine offene Variante:
70 Jahre Ferrari, Teil 11: Scuderia Spider 16M
Einen V8 Mittelmotor, jedoch quer eingebaut, hatte noch der 328 GTS:
70 Jahre Ferrari, Teil 8: 328 GTS
Wer eher auf V12, ob vorn oder hinten eingebaut, steht, für den haben wir:
70 Jahre Ferrari, Teil 2: 250 GT Berlinetta Lusso
70 Jahre Ferrari, Teil 3: Testarossa „Monospecchio“
70 Jahre Ferrari, Teil 4: 330 GT 2+2
70 Jahre Ferrari, Teil 5: 575 Superamerica
70 Jahre Ferrari, Teil 6: 275 GTB
70 Jahre Ferrari, Teil 9: 512 BBi
70 Jahre Ferrari, Teil 12: 365 GTB/4 Daytona
70 Jahre Ferrari, Teil 13: 456M GTA