RM Sotheby's / Karissa Hosek

70 Jahre Ferrari, Teil 1: der F40

Ferrari wird siebzig! Ein Ereignis, das nicht nur die Italiener gebührend würdigen wollen – die Feierlichkeiten sollen nach einschlägigen Informationen vom 7. bis 10. September dieses Jahres in der Geburtsstätte der italienischen Sportwagen schlechthin stattfinden: in Maranello. Nein, auch wir wollen die Marke mit dem Cavallino rampante im Logo entsprechend feiern und haben dazu die für uns größten automobilen Hits der Sechziger bis heute herausgesucht. Starten wollen wir nicht chronologisch, sondern mit einem Auto, das wohl wie kein Zweites über Schreibtischen oder Betten hing und mit der Marke so untrennbar verbunden ist wie das Wasserglas zum Espresso: dem F40.

Bild: RM Sotheby’s / Karissa Hosek

Der Name kommt nicht von ungefähr: Am 21. Juli 1987 wurde das Auto, das so mancher auch gern mit dem Ausdruck „ein V8-Biturbo mit Scheibenwischer“ umschrieb, der Öffentlichkeit zum vierzigjährigen Bestehen von Ferrari vorgestellt. Il Commendatore höchstpersönlich war mit seinen mittlerweile 89 Jahren anwesend, der F40 war ihm ein besonderes Anliegen: schließlich hatte er das Projekt selbst erst vorangetrieben. Dass der F40 mit seiner radikalen Karosserie, die mehr an einen Rennwagen erinnert, nur ein gutes Jahr Entwicklungszeit benötigte (erst am 16. Juli 1986 wurde er durch den FIAT-Vorstand freigegeben), lag unter anderem an seiner Basis: das Chassis fand seine Grundlage im 1984 präsentierten 288 GTO, der seinerzeit der schnellste und stärkste Straßenwagen war, den Ferrari jemals gebaut hatte. Der F40 löste ihn in dieser Position ab – mit ihm wurde die Ära der sogenannten Supersportwagen geschaffen.

Bild: RM Sotheby’s / Karissa Hosek

Das lag unbestritten an seinen Fahrleistungen, die, sofern kundig bewegt, auch heute noch so manch gestandenes Modell aus dem Rückspiegel verschwinden lassen. Der 2,9-Liter große V8 leistete dank mehr Ladedruck an den beiden IHI-Turboladern (1,1 bar statt 0,8 bar im 288 GTO) mittlerweile 478 PS und 576 Newtonmeter Drehmoment (288 GTO: 400 PS, 496 Newtonmeter). Mit 1.254 Kilogramm Leergewicht wog der F40 zwar mehr als der 288 GTO, konnte aber dennoch ein beachtliches Leistungsgewicht von 2,62 Kilogramm pro PS vorweisen, was wahrhaft fantastische Beschleunigungswerte ergab: Auf 100 Km/h ging es in 4,1 Sekunden, 200 Km/h waren aus dem Stand in 12 Sekunden erreicht. Topspeed? 321.

Bild: RM Sotheby’s / Karissa Hosek

Fahrhilfen? Fehlanzeige! Komfort, Kofferraum, Klimaanlage, möglicherweise gar Sitzheizung? Wer diese Frage einem Enzo Ferrari stellte, hätte zu Lebzeiten keinen Ferrari-Verkaufsraum mehr betreten dürfen. Ohnehin war es um die Kundschaft für den F40 rar bestellt, was nicht an mangelndem Interesse lag. Sondern schlicht daran, dass Ferrari sich seine Käufer selbst aussuchte. Wer also einen F40 haben wollte, musste die Segnung durch Enzo erhoffen oder aber ein alter Stammkunde sein. Dennoch wurden insgesamt 1.315 Fahrzeuge produziert, obwohl ursprünglich lediglich 450 Stück geplant waren. Der Preis betrug 444.000 DM oder, weil es sich besser anhört: 650 Millionen Lire.

Bild: RM Sotheby’s / Karissa Hosek

Dass der F40 auch heute, dreißig Jahre nach seiner Vorstellung, die Herzen höher schlagen lässt, liegt sicher an seiner Kompromisslosigkeit: die radikale Form, entworfen von Sergio Pininfarina. Die extreme Motorleistung, die gepaart mit der spartanischen Hilfsausstattung tatsächlich nur etwas für Könner ist und den F40 damit so sehr von seinem schwäbisch-gründlichen Widersacher Porsche 959 unterscheidet. Und nicht zuletzt seine Geschichte: der F40 war der letzte Ferrari, der unter der Führung von Enzo vor dessen Tod entwickelt wurde. Das hat ihm schon einmal preisliche Höhenflüge spendiert, doch darüber wollen wir heute nicht schreiben. Wie sagte es Enzo so treffend: die Fahrer müssen sich meinen Autos anpassen, nicht umgekehrt. Es hat selten ein Straßenwagen so zu diesem Ausspruch gepasst.

Bild: RM Sotheby’s / Karissa Hosek

Der abgebildete F40 verbrachte den Großteil seines Autolebens in Kalifornien und stand am 20. Januar dieses Jahres in Arizona unter RM Sotheby’s zur Versteigerung.

Bildquelle: RM Sotheby’s / Karissa Hosek

Der offizielle Nachfolger F50 kam nur acht Jahre später, überzeugte über lange Zeit jedoch umso weniger:
70 Jahre Ferrari, Teil 7: der F50

Fast so extrem wie ein F40 kam er hier daher:
70 Jahre Ferrari, Teil 3: Testarossa „Monospecchio“

Zur gleichen Zeit entstand in den Hallen von Maranello:
70 Jahre Ferrari, Teil 9: 512 BBi

Wenig später ging es schon etwas gemäßigter zu:
70 Jahre Ferrari, Teil 8: 328 GTS

Umso radikaler und sportlicher wurde es in den 2000ern:
70 Jahre Ferrari, Teil 10: 360 Challenge Stradale
70 Jahre Ferrari, Teil 11: Scuderia Spider 16M

Wer eher auf schlichte Eleganz steht, kommt hier auf seine Kosten:
70 Jahre Ferrari, Teil 2: der 250 GT Berlinetta Lusso
70 Jahre Ferrari, Teil 4: der 330 GT 2+2
70 Jahre Ferrari, Teil 5: 575 Superamerica
70 Jahre Ferrari, Teil 6: 275 GTB
70 Jahre Ferrari, Teil 12: 365 GTB/4 Daytona
70 Jahre Ferrari, Teil 13: 456M GTA

Galerie