Fernost-Fahrmaschine: Subaru WRX STI im Test

Jungfräuliche 497 Kilometer stehen auf dem Tacho, als wir den Subaru WRX STI am völlig verregneten Tag der Deutschen Einheit in Empfang nehmen. Man merkt das in jeder Ritze – „der Flügel“ muss sich erst einmal zurechtfinden auf dieser Welt. Die Schaltung knochig, die Kupplung kommt ruppig, der Zweieinhalbliter-Boxer ist noch etwas unwillig in der Gasannahme – wir geben ihm die Zeit. Die ersten Einfahrkilometer zählen nicht zu unserer Testphase, erst nach 1.600 Kilometern dürfen wir ballern. Sagt das Handbuch. Man was waren wir froh, als die Einssechsnulleins auf dem Tacho fiel.

Denn: richtig wohl fühlt sich der WRX STI – auch das Modelljahr 2017 – erst oberhalb von 4.000 Umdrehungen. Der Fahrdynamikschalter in Sport Sharp, da beißt er, krallt sich in den Asphalt, schnappt bis knapp Siebentausend, bis Dich die rot aufleuchtende Schaltanzeige zum Hochschalten mahnt. Und bis Du es spürst: das Rallye-Gen, das von aktuellen Autos in dieser Form keines mehr bieten kann, seitdem Mitsubishi den grandiosen Evo eingestellt hat. Es mag sein, dass die Vorgängermodelle des Impreza dies noch ungefilterter und noch brutaler rüberbringen konnten. Doch der WRX STI ist immer noch so ungefiltert, so pur, dass er in dieser Disziplin kaum einen Konkurrenten fürchten braucht.

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Das ist: gewöhnungsbedürftig, durchaus. So wie die brutale Optik, die immer noch polarisiert – der Flügel ist halt immer noch groß, selbst wenn er im Vergleich zu den Vorgängern schon deutlich eleganter daherkommt. Doch ein WRX STI braucht diesen Flügel, ohne ihn ist er nichts. Gerade das weibliche Geschlecht hat da desöfteren Verständnisschwierigkeiten. Wer 300 PS mit Allradantrieb haben will und auf eine unauffällige Hülle Wert legt, sollte lieber einen Golf R kaufen. Aber wir schicken gleich hinterher: er wird damit nicht so viel Spaß haben.

Denn der WRX STI zeigt, wie fein es ist, einen echten Allradantrieb zu fahren. Nicht so ein Fourmotion-Gedöns wie in Wolfsburg und Co. Sondern stetige Verteilung der Power an alle vier Räder. Der Clou ist das vorwählbare Mittendifferential: in sechs Stufen lässt es sich steuern, von bevorzugt an der Hinterachse bis hin zur starren 50:50 Verteilung, wobei sich letztere tatsächlich nur für schlüpfrigen Untergrund empfiehlt. Wer den Arsch mit Flügel raushängen lassen möchte, wählt Stufe 1, schaltet die Fahrhilfen aus und übertreibt es ziemlich mit dem rechten Fuß. Ansonsten erntet man in jeder Lebenslage eine derartige Fahrstabilität, dass es eine Freude ist. Die Dunlop-Pneus kleben auf dem Asphalt, egal ob dieser trocken oder durchnässt ist. Schnelle Kurven meistert man souverän mit Geschwindigkeiten, die man sonst tatsächlich nur gestandeneren Sportwagen zutraut. Da ist der WRX STI ganz der alte Haudegen. Schön.

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Schön ist auch, dass trotz allem der Fahrkomfort nicht auf der Strecke bleibt. Der blaue Renner federt erstaunlich komfortabel, fliegt über Bodenwellen, versetzt nicht in scharfen Kurven, sondern zieht so stoisch seine Bahn, dass tatsächlich Rallye-Feeling aufkommt. So gut lag bisher kaum einer unserer Testwagen, egal, auf welcher Strecke man unterwegs ist. Der WRX ist nicht nur auf den Hockenheimring getrimmt, sondern für alle Eventualitäten gerüstet. Selbst für einen Ausflug auf unbefestigte Wege.

Einen geschotterten Weg nimmt man nämlich auch nicht mal eben so mit der Konkurrenz, dem Subaru macht das nix, scheint er dem Fahrer zuzurufen. Er ist das hemdsärmelige Arbeitstier, will vorne links gezähmt werden, die Lenkung mit hoher Rückstellkraft, das Fahrwerk knackig und ehrlich. Man wünschte sich eine etwas unmittelbarere Rückmeldung am Volant, doch das ist Jammern auf hohem Niveau. Der bullige Zwoeinhalbliter kommt nach leichter Anfahrschwäche schön aus dem Drehzahlkeller, entfaltet seine volle Leistung aber erst oberhalb von 4.000 Umdrehungen. Und wer dort vielleicht den ultimativen Turbodruck vermisst – man ist objektiv verdammt schnell. Der Subaru überzeugt auf ganzer Linie.

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Dazu passt der – abgesehen von der Optik – dezente Auftritt des Sportlers, der sich auch durchaus von seinen Vorgängern unterscheidet. Die Recarositze mit roten Inlays und Alcantarabesatz passen wie angegossen, das Lederlenkrad liegt gut in der Hand, ist aber leider etwas mit Tasten überfrachtet worden. Man hat überdurchschnittlich viel Platz im Subaru, die Rücksitze sind umklappbar und der Kofferraum reicht sogar für einen Ausflug zu viert samt Schwiegereltern – falls nötig. Dank der unaufdringlichen Soundkulisse des Boxers, der weder dröhnig noch zu laut in den Innenraum schallt, würde es eben jenen nichtmal auffallen, in was für einem Rallyegeschoss sie gerade sitzen.

Diese Eigenschaften prädestinieren den WRX STI beinahe schon zu dem Alltags-Sportler seiner (Preis-) Klasse. Ultimativer Fahrspaß auf Abruf, dennoch ausreichend Platz und Komfort und dank Allradantrieb für alle Wetterlagen gerüstet: wäre da nicht der Verbrauch, der schon ab und zu ganz schön hoch ausfiel. Wir bewegten den Turboboxer zwischen 12 und 13 Litern Super Plus – man konnte auch eine 18 auf dem Bordcomputer stehen haben, unter 10 wird hingegen schwer. Doch was er braucht, muss er haben. Diesen Zuschlag muss man bereit sein zu zahlen – für mehr Individualität und mehr Spaß jeden Tag.

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Wer Wert auf ein hochmodernes Multimedia-Infotainment-System legt (und wer tut das bei einem WRX?), wird auch Abstriche machen müssen: die große Navigationseinheit funktionierte zwar tadellos und bietet sogar eine ruckelfreie Map, doch neben Bluetooth und DAB war es das dann auch. Und ganz ehrlich: mehr braucht auch kein Mensch. Wir würden gleich nach dem Kauf eine schwarze Blende montieren. Und gucken lieber in den Rückspiegel durch diesen Monsterflügel.

Der ist in der Sport-Variante ab 46.350 Euro serienmäßig und wäre damit für uns der einzige echte Grund, diese anstelle der 4.800 Euro günstigeren Active-Version zu bestellen. Ansonsten unterscheidet sie sich lediglich durch Spurhalte- und Totwinkelassistent sowie Licht- und Fernlichtautomatik. Auch das Navigationssystem inklusive Rückfahrkamera ist in Sport enthalten. Alles entbehrlich – bis auf den Flügel eben. Der muss nunmal sein.

Technische Daten*

Modell: Subaru WRX STI 2.5 Sport 6-Gang
Motor: Vierzylinder-Boxer, 2.457 ccm
Leistung: 300 PS (221 kW) bei 6.000 U/min
Drehmoment: 407 Nm bei 4.000 U/min
Antrieb: Allradantrieb, Sechsgang-Schaltgetriebe
Verbrauch (ECE): 10,4 l Super Plus/100 Km
Beschleunigung (0 – 100 Km/h): 5,2 s
Höchstgeschwindigkeit: 255 Km/h
Abmessungen (L/B/H): 4,60 m/1,80 m/1,48 m
Gewicht: 1.527 Kg
Grundpreis: 46.350 Euro
Typklassen (HP/VK/TK): 19/29/26

*Herstellerangaben

Fotos: Felix Maurer für evocars