In Zeiten immer größer werdender Autos, ist es nicht einfach, mit einem Vertreter der Kompaktklasse aus dem Einheitsbrei der Automobilindustrie stilvoll herauszustechen. Einer der es schafft, die Blicke auf sich zu ziehen, ist der BMW M235i. Wie seine großen Brüder aus der M-Familie schafft er den Spagat aus Sportlichkeit und Eleganz und markiert mit seinem 326 PS starken Dreiliter-Reihensechszylinder unter der Haube die derzeitige Speerspitze im Segment. Noch. Denn der BMW M2 steht bereits in den Startlöchern, wird vermutlich im September auf der IAA vorgestellt und dann mit 370 PS den M235i deutlich toppen.
Doch zurück zur Optik des potenten Münchners, der uns für zwei Wochen begleitet hat: Auf den ersten Blick wirkt er dezent sportlich, aber der „M Performance“-Schriftzug des gleichnamigen Pakets lässt erahnen, dass die wahre Berufung des M235i nicht der allwöchentliche Sonntagausflug mit den Schwiegereltern ist. Im edlen, mit Alcantara ausgeschlagenen Innenraum wäre zwar genügend Platz für vier Personen, aufgrund der coupétypischen flachen Schulterpartie sollten die Insassen im Fond jedoch nicht allzu groß sein. Das griffige Sportlenkrad mit Mittenmarkierung und die viel Halt bietenden Sitze reihen sich nahtlos in das sportlich elegante Erscheinungsbild des Interieurs ein. Der Kofferraum ist mit 390 Litern auf Golf-Niveau, mit etwas Tetris-Geschick passen bei umgeklappter Rückenlehne getreu nach dem Motto „Sportlich zum Sport“ allerdings auch zwei Rennräder in den Kofferraum.
Per Knopfdruck erwachen die 326 Pferde unter der Haube zum Leben. In Kombination mit den 1.530 Kilogramm Leergewicht ergibt sich daraus eine recht beachtliche Beschleunigungshausnummer. Laut BMW steht in Verbindung mit der optionalen Sportautomatik Steptronic nach 4,8 Sekunden die 100 auf dem Tacho. Ob beim Anfahren an der Ampel, beim Zwischensprint auf der Autobahn oder bei der flotten Kurvenhatz in den Bergen – der Reihensechszylinder lechzt geradezu nach einem beherzten Kickdown des Gaspedals. Untermalt wird die Drehzahlorgie vom herrlich kehligen Klang der doppelflutigen Abgasanlage, bei Auswahl von einem der Sportprogramme über den Fahrerlebnisschalters in der Mittelkonsole hört sich das Ganze noch einen Tick dreckiger und vor allem lauter an.
Die oben bereits erwähnte Sportautomatik verrichtet ihre Arbeit tadellos und schafft mühelos den Spagat zwischen der Fahrt mit Oma zum Arzt (Eco Pro Modus) und dem Rennstreckeneinsatz (Sport+ Modus). Bei flotter Gangart wechselt das Getriebe die Gänge so schnell, dass wirklich nur bei Puristen der Ruf nach einem Handschalter laut wird. Neben den sportlicheren Schaltzeiten aktiviert der Sport+ Modus außerdem die Traktionskontrolle und gewährt den Hinterrädern im Grenzbereich mehr Schlupf. Zudem bleibt das elektronische Stabilitätsprogramm zwar eingeschaltet, greift allerdings deutlich später ein. Je nach gewähltem Modus verändert sich auch die Charakteristik des um zehn Millimeter tiefergelegten adaptiven M Fahrwerk von komfortabel bis besonders sportlich.
Ein besonderes Lob hat sich die serienmäßige variable Sportlenkung verdient. Trotz der stattlichen Gesamtlänge von 4,45 Meter (zum Vergleich: der bis 2007 gebaute 3er E46 ist 4,49 Meter lang) lässt sich der M235i mit einer Präzision, auf die selbst Ken Block stolz wäre, millimetergenau an der Leitplanke entlang um die Kurve zirkeln – zu jeder Zeit absolut vorhersehbar und ohne Kraftaufwand. Phänomenal! Wären nicht die knapp viereinhalb Meter Auto um einen herum, könnte man glatt meinen, in einem Go Kart zu sitzen.
Stolze 47.000 Euro BMW verlangt für den M235i in der Basisausstattung. Relativ gesehen ist das eine ordentliche Stange Geld, dafür bekäme man schon fast einen 435i mit Schaltgetriebe und der ist ja auch nicht unbedingt als Langweiler bekannt. Bei der Sportwagenkonkurrenz aus Zuffenhausen sieht es in dieser Preiskategorie allerdings noch ziemlich düster aus. Für den 325 PS starken Cayman S mit Doppelkupplungsgetriebe etwa sind beinahe 20.000 Euro mehr fällig. So gesehen ist der Münchner schon fast wieder ein Schnäppchen…