Solange der Gerüchten zufolge 370 PS starke BMW M2 noch nicht auf dem Markt ist, markiert der BMW M235i mit seinen 326 Pferdchen die Speerspitze der Zweier-Baureihe. Speziell auf kurvigem Geläuf lässt sich mit diesem feinen Hecktriebler viel Spaß haben. Doch auch andere Mütter haben schöne Töchter – eine solche ist der Nissan 370Z NISMO, der mit 340 PS und ebenfalls Heckantrieb unterwegs ist. Im Gegensatz zum Twin-Scroll-Turbo-Reihensechzylinder des BMW greift der Japaner auf einen frei saugenden V6 zurück. Um diese beiden Spielzeuge in einem geeigneten Umfeld gegeneinander antreten zu lassen, haben sich ein evocars-Redakteur (im BMW) und ein Schweizer Kollege vom Magazin Onemorelap auf einen 2.500 Kilometer langen Roadtrip von Feuerthalen, über St. Moritz und Piombino bis auf die Insel Elba gemacht (und natürlich zurück). Nun denn. Viel Spaß bei dem etwas anderen „Testbericht“ …
„Der Himmel ist bedeckt, es sieht nach Regen aus.“
Tag Eins, ein normaler Samstagmorgen im beschaulichen schweizer Ort Feuerthalen. Eine viel zu gastfreundliche Großmutter sorgt bei der ganzen Roadtrip-Truppe mit Kaffee und Frühstück für gute Laune. Kurze Zeit später erwachen vor ihrem Haus zwei Sportwagen mit heiserem Auspuff-Sound aus dem Tiefschlaf. Der Himmel ist bedeckt, es sieht nach Regen aus. Nicht ganz das Wetter, das wir uns erhofft hatten. Immerhin sitzen wir trocken. Zuerst geht es über die berüchtigte Schweizer Autobahn über Schaffhausen und Chur an den Fuß des Julierpasses.
Eigentlich wollten wir eine ganze Hand voller Pässe abfahren, dass im April dort aber überall noch Schnee liegt, haben wir erst am Abend vorher realisiert. Egal. Runter von der Autobahn und rauf in die Berge. Das Heck des Nissans sollte für den heutigen Tag unser Führer sein, die Kollegen kannten sich ja aus. Vorbei an Bergbauerhöfen, durch patriotisch geschmückte Ortschaften zwängen wir unsere Autos hinauf in die Alpen. Der BMW und der Nissan machen dort oben beide eine gute Figur. Genug Vortrieb, gelegentlicher (beabsichtigter) Haftungsabriss in den Spitzkehren und ein tolles, direktes Fahrverhalten machen einen Heidenspaß. Auf knapp 2.300 Höhenmetern ein kurzer Stopp. Es ist windig und riecht nach Bremse.
„Der obligatorische Stopp für ein paar Drifts“
Aber das Panorama ist atemberaubend. Die Kälte treibt uns wieder in die Autos und die frische Luft sorgt für zusätzliche Motorleistung auf dem Weg nach St. Moritz. Von Glanz und Glamour ist nicht viel zu sehen, daher begeben wir uns sofort auf den nächsten Pass. Der Berninapass lockt mit wenig Verkehr und tollen Spitzkehren. Der größtenteils raue Asphalt bietet viel Grip, was für hohe Kurvengeschwindigkeiten und frühes Beschleunigen sorgt. Der obligatorische Stopp um ein paar Drifts auf die Speicherkarte zu bannen bleibt trotzdem nicht aus. Mit deaktivierten Fahrhilfen und im Sport-Plus Programm lässt sich der M235i verblüffend einfach Querfahren. Der Nissan reagiert auf zögerliche Drift-Gasfüße mit einem fiesen Gegenpendler, ist aber trotzdem ein echter Quertreiber.
„Der 370Z NISMO gönnt sich gerne ein paar großzügige Schlucke“
Kurz bevor wir die Grenze nach Italien erreichen, steht der erste Tankstopp an. Der 370Z NISMO gönnt seinem Sauger gerne mal ein paar großzügigere Schlucke aus dem 72 Liter fassenden Tank. Trotz fast doppelt so hohem Tankvolumen muss der Japaner öfter die Zapfsäule ansteuern als sein bayrischer Widersacher. Der begnügt sich mit knapp unter elf Litern auf hundert Kilometer. Beim sportlichen Pässefahren wohlgemerkt! Ein paar Kilometer später steht auch der erste Boxenstopp für die Fahrer an. In einem italienischen Bergdorf speisen wir zusammen mit der örtlichen Polizei und Feuerwehr und freuen uns über eine große, leckere Pizza für nur fünf Euro.
Hatten wir uns morgens noch über die 40 Euro teure Vignette für die Schweizer Autobahn aufgeregt, sollten wir uns in Italien noch wundern. Die mautpflichtigen, privaten Autobahnen kosteten uns auf unserem Weg nach Piombino ebenfalls fast 40 Euro. Für eine einmalige Benutzung wohlgemerkt. Dafür begegnete uns teilweise kilometerlang kein einziges anderes Auto. Und von der Fahrbahnbeschaffenheit hätte man eher auf eine Rennstrecke als auf eine Autobahn schließen können. Das dachte sich wohl auch der Fahrer des Ferrari 458 Speciale, der plötzlich formatfüllend in unserem Rückspiegel zu sehen war. Schalthebel in die manuelle Position, runterschalten, und hinterher. Der Ferrari-Fahrer hatte wohl Mitleid und ließ uns bis Tempo 200 mitziehen, war dann aber auf und davon. Naja, kann man unseren Autos keinen Vorwurf machen.
„Zwei junge Italiener fragen uns sofort Löcher in den Bauch“
Ein paar monotone Stunden auf leeren, geraden Autobahnen später, erreichten wir letztendlich unser Ziel auf dem Festland. Den Fährhafen in Piombino. Mittlerweile war es kurz vor 19 Uhr und wir saßen bereits seit zwölf Stunden im Auto. Jeder freute sich auf sein Bett und eine Mütze Schlaf. Doch zuerst mussten wir ein Fährticket lösen. In der Nebensaison gar nicht so einfach, waren doch alle Schalter geschlossen. Nur ein einziges Unternehmen war noch geöffnet und so konnten wir kurz vor knapp noch zwei Überfahrten ergattern. Hin-, und zurück pro Fahrzeug rund 120 Euro. Ganz schön happig. Aber rüber mussten wir so oder so. Am Pier blieb noch ein bisschen Zeit für Fotos, dann lief die Fähre ein. Zwei junge Italiener scannten unsere Tickets und fragten uns sofort Löcher in den Bauch: „Wieviel Leistung, was läuft der, könnt ihr mal Gas geben?“ Autobegeisterung wohin man kommt. Immer sehr schön zu erleben. Die Überfahrt war dann recht langweilig, da über dem Mittelmeer bereits Dunkelheit eingekehrt war. Eine knappe Stunde später erreichten wir schließlich den Hafen von Portoferraio, der größten Stadt auf Elba. Jetzt hieß es, zwei Autos, zwei Missionen. Während sich der Nissan aufmachte, unser gemietetes Haus zu finden und den Schlüssel zu übernehmen, machten wir uns auf den Weg, einen geöffneten Supermarkt zu finden. Aber keine Chance. Alles zu, Mist. Müde fuhren wir in Richtung Scaglieri, wo die Nissan Crew schon am Haus wartete.
Am nächsten Morgen empfing uns die Insel von ihrer schönsten Seite. Blauer Himmel und Sonnenschein. T-Shirt-Wetter. Alle waren super gelaunt. Wir setzten unseren kleinen Konvoi in Bewegung und fuhren nach Capoliveri. Ein kleines Bergdorf, wo wir in einem Café mit Meerblick, Cappucino und süßen Teilchen den Tag einläuteten. Auch hier, viel zu Essen, viel zu Trinken, wenig zu Zahlen, mehr Geld für Benzin. Super Sache. Die Tagesplanung via Google-Maps ergab eine schöne Route über zwei der höchsten Berge der Insel bis zum Mittagessen. Zur Info, Elba ist sehr klein, man schafft es locker, an einem Tag die Insel zu umrunden. Trotzdem ist sie sehr vielfältig. Küstenstraßen mit Felswänden, blumige Wiesen im Inland und Bergstraßen durch Pinienwälder. Elba ist ein Juwel im Mittelmeer, und ein Paradies für Kurvenliebhaber.
„Bella Macchina“
Den Vormittag verbrachten wir also größtenteils hinter dem Steuer oder dem Sucher unserer Kameras. Der kaum vorhandene Verkehr ließ uns viel Spielraum für Fotos und Videos, und wir konnten uns schön austoben. Von Marciana Alta, über Poggio nach San Piero hielten wir uns erst mal im Gebirge auf, wo uns die Mittagshitze nicht zu sehr zu schaffen machen konnte. Der gelb blühende Ginster und die duftenden Pinien gaben außerdem einen tollen Hintergrund ab. Auch beim Mittagessen in Marciana Alta wieder der tolle Meerblick. Wunderschön. Auf dem Dorfplatz von San Piero sorgten wir mit unseren Autos anschließend für große Augen. Gezückte Smartphones und das ein oder andere „Bella Macchina“ ließen uns erkennen, dass BMW und Nissan beim Design auf jeden Fall gleich auf liegen.
Am Nachmittag begaben wir uns in den Westen der Insel, um die sinkende Sonne für ein paar Fotos zu nutzen. Die Küstenstraße mit topfebenem Asphalt, direkt über dem blau glitzernden Meer, war einfach zu schön um wahr zu sein. Ein kurzer Halt in Pomonte, einem kleinen Dorf direkt am Wasser, um die beiden Autos ein bisschen verschnaufen zu lassen. Mittlerweile hatte sich jeder ein Bild vom M235i und vom 370Z NISMO machen können. Beides spaßige Autos, der BMW als topmoderner Allrounder mit Turbo-Bums, der perfekt auf die Sträßchen der Insel passt. Unaufgeregt, präzise, sicher. Der 370Z dagegen schon fast antiquiert. Im Innenraum ist der Unterschied am größten. Aber auch Motor und Getriebe wirken einfach nicht ganz so fortschrittlich wie im M235i. Auf der Rennstrecke würde der Nissan bestimmt eine bessere Figur abgeben, hier auf der Insel waren wir froh, im BMW sitzen zu können.
Zum Abendessen fuhren wir nochmal in die Berge, erneut ins kleine Dörfchen San Piero. Im dortigen Lokal gab es für uns als einzige Gäste trotzdem einen tollen Service, einen sehr gut gelaunten Pizzabäcker und ein Wildschweingulasch zum Dahinschmelzen. Tag eins auf Elba war ein voller Erfolg.
„Rauer Asphalt, viel Grip und menschenleere Straßen“
Auch am Montag-Morgen führte uns die erste Fahrt zum Frühstück nach Capoliveri. Die Tagesplanung bei Croissaints und Puddingteilchen ergab, dass wir uns heute dem östlichen Teil der Insel zuwenden wollten. Von Marina di Campo über Lacona ging es nach Rio nell Elba. Doch zuerst standen noch ein paar Foto-, und Filmaufnahmen auf der Strecke hoch nach San Piero an. Die Haarnadelkurven in mitten von Felsen und Ginster, die man vom höchsten Punkt komplett überblicken konnte, hatten es uns angetan. Danach führte uns der einzigartige Mix aus Küsten-, und Passstraßen wieder in ein malerisches Bergdorf. Von dort aus nahmen wir die Route, die mit dem Uhrzeigersinn über die Bergbau-Stadt Cavo rund um die Insel und zurück nach Rio nell Elba führt. Rauer Asphalt, viel Grip und menschenleere Straßen versprachen viel Spaß. Dazu noch die weiten Pinienwälder, in denen sich nur vereinzelt ein Haus versteckte, wir hatten das Paradies entdeckt.
Am Abend schwärmten wir bei Pizza und Pasta direkt auf dem Sandstrand von Procchio nochmal über die letzten Tage. Toll ist es gewesen, alles hat viel besser geklappt als erwartet. Selbst die am nächsten Morgen folgende Heimfahrt von knapp 1.200 Kilometern konnte uns die Laune nicht verderben. In Zukunft wollen wir auf jeden Fall öfter solche Trips machen, Aktivurlaub für Petrolheads sozusagen. Auch die Wahl unserer Autos erwies sich als absolut richtig. Nicht auszudenken, die fürchterlich-schlechten, mautfreien Autobahnen in Italien in einem Caterham überqueren zu müssen. Obwohl, Lust drauf hätten wir schon…