evocars

Driven: Nissan 350Z Coupé

Ich gebe es zu, ich bin ihnen verfallen – diesen knackigen Coupés und Roadstern mit ihren kurzen Überhängen, ihrem Heckantrieb und 100%-tigem Spaßfaktor. Erst habe ich mit dem kultigen RX-8 geflirtet, dann habe ich mit dem schreienden S2000 schwarze Kreise auf den Asphalt gebrannt. Und jetzt? Jetzt steht der überarbeitete 350Z in der EVOCARS-Garage und bittet mich zum Tanze. Als dann, auf ein Neues.

Viel hat sich beim gelifteten Nissan nicht getan. Leichte optische Retuschen, ein Powerdome, drei neue Farben – fertig. Spannender wird es da schon im Motorraum des 38.190 Euro teuren Japaners. Dank einiger technischer Modifikationen (80 Prozent der Teile sind neu) darf man vom 3,5-Liter-V6 jetzt 313 PS erwarten und mit 358 Nm Drehmoment spielen.Nachdem die Pressemappe verschlungen ist und ein erster Rundgang meine Leidenschaft für knackige Coupés aufs Neue entfacht hat, lasse ich mich in den gut passenden Sitz fallen. Ich verstelle das Lenkrad und wie von Geisterhand folgt das Kombiinstrument meinem Befehl. Nettes Gimmick. Nutzwert? Fraglich. Rin den Schlüssel und ab dafür.

Mit einem wohligen Röhren verlässt der Z die Garage und macht sich im Hamburger Großstadt-Dschungel auf die Jagd. Auf der Speisekarte des 53:47 ausbalancierten Japaners stehen Cayman, Z4, TT und Co. Alles Namen, die Ehrfurcht einflößen könnten … wenn man nicht im neue 350Z säße. So aber komme ich gleich an der zweiten Ampel in den Genuss, einen willigen Z4-Fahrer (3.0) zu treffen. Die Ampel springt auf gelb, meine Reflexe sind einen Hauch besser, die 48 Mehr-PS zahlen sich aus und so bleibt dem BMW-Freund nur der Blick auf meine beiden Endrohre. Punkt für Nissan. Und das bei einem Preisvorteil von 2500 Euro. Auf dem Papier allerdings sind beide Konkurrenten exakt gleich schnell auf Tempo 100 (also ein Lob an meine Reaktionszeit 😉 )

Beflügelt cruise ich in Richtung Freihafen. Es ist Samstag, also hält sich das LKW-Aufkommen in Grenzen. Ist die Strecke frei, wird flux zwei Gänge runtergeschaltet, das Pedal aufs Blech gehämmert und dem V6 freie Bahn gelassen. Untermalt von wundervoll sonorem Sound geht’s auf Landstraßentempo und darüber hinaus. Ok, Zeit für den Bremsentest. 100 liegt an, beide Hände fest ans Lenkrad und beide Füße volles Mett drauf. Stoisch schiebt der Hecktriebler nach vorn. Kein zappelndes Lenkrad, kein Ausbrechen zu einer Seite. Noch drei mal wiederhole ich den Ankerwurf, dann vertraue ich den 324 mm-Scheiben vorn und 322 mm hinten.

Etwas verschwitzt biege ich auf die Köhlbrandbrücke und mache mich auf den Weg zurück in die Stadt. Es nieselt und die Straße glänzt. Auf der langgezogenen Linkskurve hoch zur Brücke passiert es: Trotz eingeschaltetem ESP macht sich das leichte Heck selbstständig, zeigt Ambitionen, mich zu überholen. Dümmer hät’s nicht laufen können. Rechts geht’s nach der Planke fast 20 Meter runter, links lechzt eine massige Mittelabsperrung und hinter mir nähert sich ein klappriger 40-Tonner. Als ich fast quer stehe reagiere ich, geh vom Gas, lenke hart gegen und gebe wieder etwas Gas. Zwar haut mir der Arsch jetzt nach links, doch nicht ganz so hart. Ich fange mich und den Wagen und sehe zu, möglichst viel Platz zwischen mich und den LKW zu bringen. Na Mahlzeit, jetzt bin ich aber bedient. Erkenntnis des Tages: auch ESP hat seine Grenzen und Hochmut kommt vor dem Fall.

Um mich abzulenken steuer ich die A7 an, trete NACH der Auffahrt das Pedal aufs Blech und acker mich durch die excellent-knackige Sechsgang-Box. Erst bei 250 wird der Tacho müde und angesichts der vehement wandernden Tanknadel soll es das für heute gewesen sein. Schließlich bleibt der kleine Rote für volle zwei Wochen in der EVOCARS-Redaktion. Doch wenn’s schön ist, vergeht die Zeit bekanntlich wie im Fluge und so müssen wir uns schon bald wieder vom 350Z trennen.

Wir halten fest: Wer sich beim knackigen Coupé für eine knallige Farbe entscheidet – so wie unserer Rot – der kann sich auch im fünften Jahr nach Markteinführung noch drehender Köpfe gewiss sein. Sound, Outfit und das Auftreten (Xenonscheinwerfer beim Premium-Pack serie) gefallen. Im Cockpit kommt zwar kein echtes Sportwagenfeeling auf (zu hohe Sitzposition, Sportsitze könnten noch fester zupacken), aber man fühlt sich sofort wohl. Der lecker-kurz-knackige Schaltknauf liegt traumhaft in der Hand und die drei Zusatzinstrumente für Bordcomputer, Öltemperatur und Batteriestatus vermitteln viel Flair.

Alles in Allem bleibt einmal mehr das Resümee, eine Alternative zu bereits genannten Größen gefunden zu haben. Wer also auf einen Zuffenhausener Schriftzug verzichten kann und auch keine neue Niere braucht, der macht mit dem neuen 350Z bestimmt nichts verkehrt. Ob der recht schwere und im Verhältnis hoch gebaute Nissan auf der Rennstrecke allerdings mithalten kann, mögen wir nicht zu prognostizieren. Doch auf Hockenheimring, Nordschleife und Co. verirren sich ja auch nicht alle Fahrer eines 300-PS-Coupé.